Hart am Limit: Michael Hoffmann bei seinem Weltrekord. Foto: Campos

Treppenlauf: 50-Jähriger aus Kentheim trotzt Schicksalsschlägen. Weltrekord trotz Zwischenfall. Mit Video

Calw/Bad Teinach-Zavelstein - Michael Hoffmann hat schwere Schicksalsschläge erlitten. Seither treibt ihn sein unbändiger Lebensmut zu sportlichen Höchstleistungen. Schwarzwaelder-bote.de war dabei, als der Kentheimer seine bislang größte Rekordleistung vollbrachte.

Neben den üblichen Verdächtigen, die auf Laufbändern, Trimmdichrädern und Hantelbanken ihre Körper stählen, hat am Tag des Rekordversuchs auch ein ungewöhnliches Klientel den Weg in den Fitness-Tempel im Calwer Gewerbegebiet gefunden. Neben Reportern und Schaulustigen ist auch Calws Bürgermeister Florian Kling als Zuschauer gekommen. Denn während die meisten anwesenden Sportler an diesem Tag ihr übliches Pensum erfüllen, will Michael Hoffmann eine außergewöhnliche Leistung erbringen, nämlich einen Weltrekord

Trotz Rückschlägen hoch motiviert

Der heute 50-jährige Michael Hoffmann war seit seiner Jugend stets sportlich aktiv. Im Jahr 2017 sah er sich jedoch mit gleich zwei Schicksalsschlägen konfrontiert. Erst erlitt er einen Schlaganfall und wenige Zeit später die Diagnose: Blutkrebs. Ein Schicksal, das so manchen aus der Bahn geworfen hätte. Nicht so Michael Hoffmann. 

Entschlossen, nochmal alles aus sich herauszuholen und das Beste aus seinem Leben zu machen, sah sich Hoffmann zu sportlichen Höchstleistungen beflügelt. Er verschrieb sich dem Stairclimbing, einer ganz besonderen Sportart. Hierbei geht es darum, unzählige Stufen auf der elektrischen Treppe zu erklimmen. Die Disziplin ist vom gewöhnlichen Treppensteigen in einem Treppenhaus zu unterscheiden und dementsprechend hoch sind die Vorgaben des Rekordinstituts für Deutschland (RID): Mindestens 6000 Stufen in einer Stunde. Den Eintrag ins Guinness-Buch hat Hoffmann bereits sicher. Der frühere Rekord, den Hoffmann 2019 selbst aufgestellt hatte, liegt bei 4175 Stufen. Diese Leistung hatte ihm vor wenigen Monaten alles abverlangt.

Lauf beginnt vielversprechend

Die Uhr schlägt zehn, der Startschuss fällt und Hoffmann setzt seine Füße in Bewegung. Um sich langsam an die Belastung zu gewöhnen, startet Hoffmann zunächst in einem gemächlichen Tempo. Als die ersten fünf Minuten vergehen, sind kaum 50 Stufen geschafft. Zeit, einen Gang hoch zu schalten.

Deutlich schneller ist Hoffmann wenige Minuten später auf knapp 200 Stufen. Trotz der erhöhten Geschwindigkeit bewahrt er dabei mit eiserner Disziplin ein absolut gleichförmiges Schritttempo. Schweiß fängt an ihm von der Stirn zu tropfen. Doch zum Abtupfen hat Hoffmann kaum Zeit. Er reibt sich daher nur gelegentlich den Kopf am Handtuch auf dem Handgriff des Sportgeräts.

Zwischenfall nach gut der Hälfte der Distanz

In der 32. Minute kommt es dann zum unvorhergesehenen Patzer. Durch eine ungeschickte Bewegung verliert Hoffmann sein Schweißtuch. Plötzlich sind die Sensoren des Climb-Trainers und die Anzeige schwarz. Dem Treppensteiger ist die wachsende innere Panik anzusehen. Er verlangsamt sein Tempo stark, versucht verzweifelt die Anzeige wieder zum funktionieren zu bringen. Die Uhr tickt unerbittlich weiter. Ein lautes "Scheiße!" kann Hoffmann sich nicht verkneifen. Doch Trainer Robert Rehm hat die Situation im Griff. Im Nu ist die Anzeige wieder an, die Daten immer noch unverändert vorhanden. Knapp 2000 Stufen noch bis zum Rekord. Es kann weitergehen!

Die letzten zehn Minuten brechen an. Von seinem Ziel ist Hoffmann noch rund 1000 Stufen entfernt. Selbst wenn er sein bisheriges Tempo halten sollte, könnte es eng werden. Durch den kurzen Zwischenfall verlor er nach eigenen Schätzungen gut 30 bis 40 Stufen. Alles, was jetzt noch helfen kann ist ein beherzter Sprint. Also erhöht Hoffmann abermals die Geschwindigkeit des Stair-Climbers und gibt noch einmal alles. Auch in den letzten zehn Sekunden ist noch alles offen.

Als die Zeit schließlich abläuft, ertönt Applaus und Trainer Robert Rehm verkündet das Ergebnis: 6010 Stufen! Der Weltrekord ist aufgestellt.

Bescheiden mit dem Blick auf neue Ziele

Völlig außer Atem ist Hoffmann kaum zum Sprechen imstande. "Tut mir Leid. Mehr ging nicht," ist alles was er schwer schnaufend rausbekommt. "Ich hätte gerne noch 100 oder 200 mehr geschafft."

Nachdem ihm anwesende Freunde und Familie herzlich gratulieren, findet auch Bürgermeister Kling feierliche Worte für den Calwer Weltrekordhalter: "Ich bin stolz und dankbar, dass du dein Ziel erreicht und den Weltrekord nach Calw geholt hast. Danke auch dafür, dass du es so spannend gemacht hast!"

Auf die Frage, wie es nun weitergehe, entgegnet Hoffmann: "Erstmal etwas Erholung gönnen. Doch das Training wird zeitig wieder aufgenommen." So habe er bereits intensiv für Veranstaltungen wie den Rottweiler Towerrun trainiert, die allerdings coronabedingt ausfallen mussten beziehungsweise virtuell stattfinden würden. Für den Moment sei er einfach nur glücklich.