Die „Initiative pro Windkraft“ um ihre Vorsitzenden Peter Nothacker (rechts) und Günther Diebold (links) hoffen, dass die Ostelsheimer beim Bürgerentscheid für die Windräder stimmen. Foto: Felix Biermayer

Die „Initiative pro Windkraft“ hofft, dass die Ostelsheimer beim Bürgerentscheid für die Windräder abstimmen. Der Verein sieht durch das Projekt Vorteile für den Ort – und bei den Gegnern zum Teil unsachliche Argumente.

Der Bürgerentscheid in Ostelsheim rückt immer näher. Am 13. April dürfen die Menschen dort darüber abstimmen, ob die Kommune den vom Gemeinderat geschlossenen Gestattungsvertrag mit den Stadtwerken Tübingen (SWT) zum Bau dreier 262 Meter hoher Windräder im Lochwald kündigt. Dort hat der Regionalverband eine Vorrangfläche ausgewiesen – und ist damit einer Vorgabe der Landesregierung gefolgt. Das Ziel: Windräder sollen schneller genehmigt und gebaut werden.

 

Kritik an den Gegnern

Der Bürgerentscheid wirft seine Schatten voraus. Gegner und Befürworter bringen sich in Ostelsheim in Stellung. Die Befürworter haben sich in der Initiative pro Windkraft (IPW) zusammengetan. Der Verein ist seit Anfang März offiziell eingetragen, hat knapp 30 Mitglieder und eine doppelt so große Unterstützergruppe, wie der IPW-Vorstand erklärt.

Zum Vorstand gehören Günther Diebold und Peter Nothacker. Die Idee die Initiative zu gründen, sei um den Jahreswechsel entstanden – als Reaktion auf die Tätigkeit von „Freie Landschaft Ostelsheim“ (FLO). In diesem Verein haben sich die Gegner organisiert und Unterschriften für einen Bürgerentscheid gesammelt, der das Gemeinderatsvotum zum Gestattungsvertrag rückgängig machen soll. „Wir können was FLO verbreitet, so nicht stehen lassen“, sagt Nothacker. Diebold spricht von einem „unsäglichen Flyer“ von FLO. Auf diesem sind die drei Windräder hinter dem Ostelsheimer Panorama zu sehen. Allerdings so, als sehe man die Anlagen komplett – wobei in Wahrheit wohl die Windräder erst ab den Rotorblättern zu sehen sind. An dieser Herangehensweise stört sich IPW. „Viele haben gedacht, der Flyer kommt von der Gemeinde“, sagt IPW-Mitglied Marie Kanzleiter.

„Wir wollen fair, sachlich und faktenorientiert sein“, sagt Nothacker. Es gehe darum, mit den Bürgern „auf Augenhöhe“ zu kommunizieren. Nicht der, der am lautesten ruft, solle die ganze Aufmerksamkeit bekommen. „Es wird viel mit Angst gearbeitet“, findet er. Die Mitglieder berichten davon, dass man gerade im persönlichen Gespräch Kritiker sachlich überzeugen könne. Allerdings seien manche vom „Dauerthema“ genervt, so Ute Kröner.

Argumente

IPW sieht in den Windrädern viele Vorteile. Zum einen könne man so die Klimaziele erreichen und energetisch unabhängig vom Import fossiler Brennstoffe werden. Zum anderen schütze man die Natur durch den Klimaschutz. Ja, es werde Wald für die Anlagen gerodet, so Götz Kanzleiter, aber anderswo werde aufgeforstet. Und durch den Klimawandel nehme der Wald noch mehr Schaden.

Außerdem verweist IPW auf finanzielle Vorteile. Ostelsheim bekomme 300 000 Euro Pacht pro Jahr, zusätzlich 2  000 Euro durch das Erneuerbare Energien Gesetz – und vielleicht noch mehr durch eine Beteiligung. Zudem erzeugten die Anlagen günstige Energie. Beim Ausstieg aus dem Vertrag müsse die Kommune die SWT hingegen mit einem sechsstelligen Betrag entschädigen.

Die Anlagen seien nicht lauter, als die bisherige Geräuschkulisse im Ort. Auch der Infraschall sei ob der großen Entfernung der Windräder gering. Beim Schattenwurf würden Grenzwerte eingehalten: Maximal acht Stunden pro Jahr dürfe Wohnbebauung betroffen sein. Sonst schalteten Sensoren die Windräder ab. Laut IPW kommt es an einem Windrad zu drei Vogelverlusten pro Jahr. Das sei deutschlandweit nur ein Bruchteil der Vögel, die pro Jahr durch andere menschengemachte Ursachen verendeten. Auch beim Abrieb der Rotorblätter gebe es im Vergleich weitaus größere Quellen – zum Beispiel Schuhsohlen. IPW stützt sich bei den Aussagen auf diverse Studien.

Eigene Info-Veranstaltung

Der FLO-Infoabend sei „sehr einseitig“ gewesen, so Nothacker. Marie Kanzleiter stört sich zudem daran, dass dort nur alte Männer auf dem Podium gesessen seien. „Dabei geht es um die Zukunft“, sagt sie. Diebold kritisiert die Aussagen Fritz Vahrenholts gegen die Windenergie. Der frühere Hamburger SPD-Umweltsenator sitze im Encavis-Aufsichtsrat. Die Firma betreibe Windräder in Süddeutschland. Vahrenholt aber sage, dass hier zu wenig Wind wehe. Diebold sieht darin einen Widerspruch.

IPW hat am 5. April eine eigene Info-Veranstaltung in der Gemeindehalle geplant. Beginn ist um 15 Uhr. Bei Kaffee und Kuchen soll mit den Bürgern an einzelnen Thementischen diskutiert werden. Dazu werden Experten eingeladen. „Das wird keine Frontalbeschallung“, so Nothacker. Finanziert wird das Event, wie auch die Flyer, durch Spenden von Ostelsheimern. Mitgliedsbeiträge gebe es bei der IPW nicht. Den Verein habe man gegründet, um beim offiziellen Info-Abend der Gemeinde wie FLO Redezeit zu erhalten.

IPW gibt an, den Ausgang des Bürgerentscheids zu akzeptieren – und kritisiert, dass von FLO keine solche einheitliche Aussage komme. Man habe den Bürgerentscheid zwar nicht gewollt, so Linus Gebhart. Denn der Gemeinderat habe eine demokratische Entscheidung getroffen. Aber gegen die Abstimmung habe man nichts. IPW kritisiert, dass die Gemeinde vielleicht zu spät und zu wenig über den Vertrag informiert habe. Das holen die Verwaltung und die zwei Vereine jetzt an gleich drei Info-Abenden nach. Wie der Entscheid ausgeht? „Die Abstimmung wird äußert knapp“, glaubt Nothacker.