Zur vollständigen Elektrifizierung der kommunalen Fahrzeugflotte gibt es unterschiedliche Meinungen (Symbol-Foto). Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Wie geht es mit der städtischen E-Mobilität voran? Stellungnahmen des Bauhofes, der Feuerwehr, der Sozialstation und des Stromversorgung sehen unterschiedliche Potenziale. Die Verwaltung will in der Sache differenziert vorgehen.

„Der Ansatz ist richtig und wichtig – nur das Wort ‚ausschließlich‘ ist das Problem“, erklärt Bürgermeister Jens Keucher in der vergangenen Sitzung des Verwaltungsausschusses.

 

Und bezieht sich auf den Antrag von SPD/GAL, dass die Beschaffung von Fahrzeugen bis 3,5 Tonnen zukünftig ausschließlich mit vollelektrischen Antrieben geschehen solle.

Bereitschaft und Winterdienst

„Wir haben auf vielen Dächern Photovoltaikanlagen installiert“, ruft André Amon (SPD/GAL) in Erinnerung. So stünde sozusagen Strom zum Nulltarif zur Verfügung und man könne sich das Geld für die Spritkosten sparen.

Doch wie sehen es die direkt Betroffenen? Probleme zeichnen sich etwa beim Bauhof und der Kläranlage ab. So nutzen die Mitarbeiter des Bauhofes Bereitschaftsfahrzeuge für den Winterdienst. Diese werden abends mit nach Hause genommen, um in der Nacht die vorgegebenen Einsatzstrecken abzufahren.

Lange Strecken nötig

„Am nächsten Tag werden die Fahrzeuge dann wieder im normalen Arbeitstag eingesetzt“, gibt der Werkhofbetriebsleiter Alexander Beller einen Einblick in den Alltag der Beschäftigten.

Eine ähnliche Situation ist auch beim Bereitschaftsfahrzeug der Kläranlage. „Die Mitarbeiter müssen die beiden Kläranlagen am Wochenende und an Feiertagen täglich anfahren“, verdeutlicht er die langen Fahrtwege.

Schnelle Beschleunigung möglich

Dafür stünden den Mitarbeitern allerdings keine Lademöglichkeiten zur Verfügung. „Für Fahrzeuge, die in der Bereitschaft eingeteilt sind, sehe ich große Probleme“, lautet Bellers Fazit.

Auch Stadtbrandmeister Florian Karl sieht nicht nur Vorteile. Einerseits hebt er in seiner Stellungnahme die enorme Beschleunigung des Elektromotors hervor, andererseits würden viele Geräte, Aggregate und Pumpen weiterhin mit einem Dieselmotor betrieben.

E-Fahrzeuge der Sozialstation

Großfahrzeuge hätten etwa einen eingebauten Dieselmotor – das sogenannte Energy Backup. Damit werde beispielsweise bei Unfällen das Blaulicht gespeist, um auf die Gefahrenlage aufmerksam zu machen. Ebenso gibt es den Kostenfaktor. „Aktuell sind die Elektrofahrzeuge noch deutlich teurer in der Anschaffung als Modelle mit Verbrennungsmotor.“

Bei der Sozialstation sind aktuell fünf Elektrofahrzeuge im Einsatz und bilden somit rund 30 Prozent des gesamten Fuhrparks. Ebenso sind vier weitere Fahrzeuge bestellt, um abgeschriebene Verbrenner zu ersetzen.

Geringe Reichweite im Winter

Darüber hinaus stehen acht Ladesäulen bei der Sozialstation zur Verfügung. „Der Ladestrom stammt aus PV-Strom zu einem günstigen Preis von 0,15 Euro pro Kilowatt, was die Betriebskosten der E-Fahrzeuge erheblich reduziert“, hebt Geschäftsführerin Tina Nagel in ihrer Einschätzung hervor.

Allerdings hätten sich die Elektrofahrzeuge im Kleinwagensegment aufgrund der geringen Reichweite im Winter als herausfordern erwiesen. „Eine rein elektrische Flotte kann in Notfällen oder bei längeren Ausfällen problematisch sein“, gibt sie zu bedenken.

Den Kompromiss suchen

Wolfram Röhrig, Kaufmännischer Leiter der Stadtwerke, sieht die Wirtschaftlichkeit bei herkömmlichen Pkws als gegeben an, da diese mit dem eigenen Solarstrom betankt werden könnten.

Anders sei es mit Sonderfahrzeugen. So sei der „Hubsteiger“ 2021 als Diesel angeschafft, aber auch zwecks einer E-Version angefragt worden. „Die E-Variante hätte rund 300 000 Euro gekostet, die Diesel-Variante 130 000 Euro“, macht Röhrig den Unterschied deutlich.

„Wir wollen den Kompromiss suchen“, erklärt Amon mit Blick auf die Gemeinderatssitzung am Montag, 28. April.