Die Höhenretter der Berufsfeuerwehr Stuttgart übten in schwindelerregender Höhe auf dem Baumwipfelpfad. Foto: Sabine Zoller

Ein atemberaubendes Spektakel bot sich jetzt auf dem Bad Wildbader Sommerberg. Die Berufsfeuerwehr Stuttgart war in Bad Wildbad – aber nur zu Übungszwecken. Dafür aber mit Anschlagschlingen, Karabinern, Seilrollen, Kantenschutz und 200 Meter langen Spezialseile.

Wer am Mittwoch den Baumwipfelpfad besuchte, wurde Zeuge eines außergewöhnlichen Einsatzes – zum Glück nur zu Übungszwecken. In 40 Metern Höhe arbeiteten elf Feuerwehrmänner in leuchtend roten Schutzanzügen an Seilen rund um den imposanten Aussichtsturm. Die Höhenrettungseinheit der Berufsfeuerwehr Stuttgart trainierte dort einen ganzen Tag lang spektakuläre Rettungsszenarien – zur Ausbildung und für den Ernstfall.

 

„Es ist wichtig, dass wir nicht nur an unseren eigenen Gebäuden wie dem Fernsehturm trainieren. Nur wenn wir uns regelmäßig neuen Herausforderungen stellen, stellt sich keine Routine ein, denn die ist tödlich“, erklärt Daniel Wegmann, Ausbilder der Höhenretter. Die Feuerwehr Stuttgart war erstmals auf dem Turm des Baumwipfelpfads zu Gast – und nutzte die Gelegenheit für ein realitätsnahes Training.

Zwei Übungsszenarien

Zwei Übungsszenarien wurden geprobt: die Rettung eines Verletzten im sogenannten Hängesitz sowie die Bergung mit einer Krankentrage – für Situationen wie einen Herzinfarkt oder Beinbruch in unzugänglichem Gelände. In schwindelerregenden 35 Metern Höhe montierten die Retter ihre redundanten Seilsysteme, sicherten alles doppelt ab, seilten sich ab und sorgten für maximale Sicherheit.

„Wir arbeiten mit zwei Seilsystemen parallel. Falls eines versagt, übernimmt das zweite – das ist Standard bei der Höhenrettung“, so Wegmann. Auch wenn der Baumwipfelpfad gut besucht war, wurde das Training mit dem Betreiber abgestimmt. Rücksicht auf Gäste ist selbstverständlich. Und doch: Viele Besucher zeigten sich beeindruckt – oder sogar tief bewegt.

Marie-Luise Genette, die aus Sinzig bei Remagen kommt und gerade ein paar Tage Auszeit vom Alltag in Bad Wildbad genießt, beobachtete das Geschehen mit großen Augen: „Für mich ist das unvorstellbar. Ich bin nicht schwindelfrei – umso mehr bewundere ich diese mutigen Männer. Es ist mein sechster Besuch in Wildbad, und heute war es besonders schön, die Aussicht zu genießen und dabei auch so etwas Außergewöhnliches zu erleben.“

Besorgte Blicke

Mit besorgtem Blick verfolgte sie das wagemutige Manöver zweier Feuerwehrmänner, die über die Brüstung des Turms stiegen, gesichert von stabilen Seilen. „Die Seile werden mit Spezialhaken befestigt, und alles wird mehrfach überprüft. Man muss dem Material vollkommen vertrauen – und keine Angst haben“, so Wegmann, der zudem betont, dass alle Höhenretter schwindelfrei sind.

Auch Erika Stith aus Colorado (USA), die mit ihrem Mann Trevor und ihrer Tante Barbara Maurer durch den Nordschwarzwald reist, zeigte sich beeindruckt: „Ich bin froh, dass das nur eine Übung ist. Mein Schwiegervater war in den USA Feuerwehrmann, ich weiß, wie gefährlich solche Einsätze sein können. Es ist beruhigend zu sehen, mit welcher Professionalität hier gearbeitet wird.“

Die Höhenretter sind auf der Feuerwache 5 in Stuttgart-Möhringen stationiert, einer der fünf Berufsfeuerwachen in der Landeshauptstadt. Alle Mitglieder haben eine feuerwehrtechnische Ausbildung und zusätzlich umfassende Qualifikationen im Rettungsdienst – vom Rettungssanitäter bis zum Notfallsanitäter. „Wir können nicht nur aus der Höhe retten, sondern unsere Patienten auch direkt medizinisch versorgen“, erklärt Wegmann.

Mit im Gepäck hatten sie an diesem Tag alles, was es für einen sicheren Einsatz braucht: Anschlagschlingen, Karabiner, Seilrollen, Kantenschutz und 200 Meter lange Spezialseile.

Keine Grenzen

„Für uns gibt es keine wirkliche Höhenbegrenzung – und wenn doch, dann verlängern wir einfach“, sagt Wegmann mit einem Lächeln. Angst kennt hier keiner – nur Respekt, und das zu Recht. Ein Tag, der den Besuchern des Baumwipfelpfades sicher in Erinnerung bleibt – nicht nur wegen der Aussicht, sondern wegen der mutigen Männer, die eindrucksvoll zeigten, wie professionell und entschlossen sie für den Ernstfall vorbereitet sind.