Die Mitarbeiter von Bosch-Druck Solutions erhalten die Kündigung. Foto: Dold

Aus für Standort Sulgen. Nach Übernahme zum Jahresbeginn geht es steil bergab.

Schramberg-Sulgen - Es ist ein echter Wirtschaftskrimi – aber leider einer mit schlechtem Ende: Der Industriekundenbereich von Bosch-Druck Solutions GmbH in Sulgen ist insolvent. 20 Mitarbeiter sollen am 15. Juni die Kündigung erhalten. Der Grund: Auftragseinbrüche durch Corona.

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Der vorläufig letzte Akt des Dramas: Bei einer Betriebsversammlung kurz vor Pfingsten erhielten die Mitarbeiter die niederschmetternde Nachricht – der Standort Sulgen von Bosch-Druck wird geschlossen. Die Mitarbeiter, die zum Teil 30 Jahre im Betrieb sind, müssen sich einen neuen Job suchen – was in Krisenzeiten alles andere als einfach sein dürfte. Immerhin die Hälfte hat gute Chancen, bei anderen Druckereien unterzukommen.

Betriebsrat nicht informiert

Seit Jahresbeginn ist der Wurm drinnen: Im Januar wurde der frühere Betriebsteil von Straub-Druck an das Unternehmen Bosch-Druck mit Sitz im niederbayerischen Ergolfing bei Landshut verkauft – übrigens ohne dass der Betriebsrat informiert worden sei, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, heißt es aus Mitarbeiterkreisen.

Man habe lukrative Kunden gehabt, die für Bosch-Druck interessant gewesen seien und sei vor der Übernahme kerngesund gewesen. Indes, die Übernahme sei chaotisch gewesen. Einige Kunden seien abgesprungen, zudem sei der Druck immer mehr von Sulgen in Richtung Bayern verlegt worden.

Außerdem: Bosch-Druck sei vor 18 Monaten bereits insolvent gewesen – und habe nur wenige Monate später den Betriebsteil von Straub-Druck übernommen. Bei den Mitarbeitern herrscht großes Unverständnis, wie solch ein Unternehmen einen im Kern gesunden Betrieb übernehmen konnte.

Spätestens seit März ging es steil bergab. Der Lohn sei verspätet ausbezahlt worden, berichten Mitarbeiter. Zudem gingen die Aufträge durch die Corona-Krise in den Keller. Firmenkunden sparten am Marketing, was Bosch-Druck massiv zu spüren bekam.

Keine Abfindungen

Kurzarbeit wurde angemeldet und das Unternehmen schlüpfte unter den staatlichen Rettungsschirm – doch letztlich war alles umsonst. Die Mitarbeiter – Mediengestalter, Drucker oder Buchhalter – erhalten das Angebot, zu Better Print zu wechseln – ebenfalls einem Teil des früheren Straub Druck. Allerdings wären sie dort nur Hilfskräfte in der Produktion. Zudem würden sich die Gesellschafter weigern, Abfindungen zu zahlen, so die Mitarbeiter.

Ein Sanierungskonzept für das Unternehmen soll erstellt werden – allerdings würden davon nur die Mitarbeiter in Ergolfing profitieren. Ziel ist der Erhalt des dortigen Standorts.

Die Straub Druck+Medien AG in Sulgen hatte nicht nur ihr Industriegeschäft an die Bosch Druck Medien AG im bayerischen Ergolding veräußert, sondern auch den Bereich Digitaldruck und Online-Druckerei an die Better ventures group ("Kartenmacherei") verkauft. Die Straub Druck + Medien AG wird weitergeführt und konzentriert sich auf die Verwaltung der Werksimmobilien.

Neun Mitarbeiter stehen vor der Ungewissheit

Bosch-Druck arbeitete am Standort Sulgen mit 20 Mitarbeitern in den Bereichen Administration, Mediengestaltung und Vertrieb weiter. Auch  die technische Ausstattung für das Industriegeschäft habe Bosch-Druck dort belassen, infomierte Better-Print-Geschäftsführer Francisco Martinez. "Bei den Kündigungen handelt es sich um die noch verbliebenen Mitarbeiter der Bosch-Druck Solutions GmbH, nicht um Mitarbeiter der Better print production GmbH oder der Straub Druck + Medien AG", betonte Martinez.

Von den ursprünglich 20 Mitarbeiter hätten  seit der Übernahme durch Bosch-Druck schon einige das Unternehmen verlassen. Aktuell arbeite er daran, dass die ehemalige Auszubildenden ihr Arbeitsverhältnis bei der better print production GmbH fort führen können. Neun Mitarbeiter von Bosch-Druck wüssten im Augenblick noch nicht, wie es beruflich für sie weitergeht. Martinez deutete an, dass die die Vertragsabwicklung des Verkaufs mit der Bosch-Druck Solutions GmbH sich  nicht so entwickelt habe für Kunden und Belegschaft, wie es zu erwarten war, dass er aber aus juristischen Gründen dazu keine näheren Angaben machen könne.

Info: Übernahme zum Jahresbeginn 2020

Nach einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung war erst Ende Januar 2019 die Sanierung des Vorgänger-Unternehmens Bosch-Druck GmbH abgeschlossen worden. Dessen Geschäftsbetrieb wurde zum 1. Februar 2019 auf eine neue Gesellschaft übertragen. Erwerberin war die "web to bind GmbH", aus der dann die "Bosch Druck Solutions GmbH" wurde.

Hinter dem Kauf standen das Druckereiunternehmen Dibuma mit Sitz im oberpfälzischen Nittenau, das Druck-, Binde- und Veredelungsleistungen für Geschäfts- und Großkunden anbietet, sowie deren Hauptgesellschafter. Die Bosch Druck Solutions GmbH produziert nach eigener Darstellung mit rund 130 Mitarbeitern Druckerzeugnisse für die Automobilindustrie, für Verlage sowie Web-Portale. Dazu gehörten Bedienungsanleitungen, Broschüren oder Dialogmarketing-Produkte. Produziert wird sowohl im Offset- als auch im Digitaldruck. Zu Beginn des Jahres 2020 hatte Bosch Druck Solutions den Offsetdruckbereich der Straub Druck+Medien AG (Sulgen) übernommen.