Auch der entstehende Gesundheitscampus in Calw gehört zum Klinikverbund Südwest. Foto: Thomas Fritsch

Hat Martin Loydl sich als Geschäftsführer des Klinikverbunds Südwest strafbar gemacht? Zumindest wurde er angezeigt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart prüfte – und kommt zu dem Ergebnis, dass nicht mal Ermittlungen nötig sind. Das entlastet übrigens nicht nur Loydl. Sondern auch den Aufsichtsrat.

Die Nachricht ist seit Jahren immer wieder dieselbe: Das Defizit im Klinikverbund Südwest wächst.

 

2022 musste allein der Kreis Calw 14,7 Millionen Euro für seine Krankenhäuser als Verlustausgleich bezahlen. Für 2023 werden sogar mehr als 19 Millionen Euro erwartet.

„Überrascht“ vom hohen Verlust

Der Klinikverbund machte dafür unter anderem Inflation und Tariferhöhungen verantwortlich, aber auch „zu große Doppelvorhaltungen, Ineffizienzen in den Strukturen und Prozessen“. Um dem zu begegnen, wurden nicht zuletzt das Medizinkonzept 2030 sowie die Fusion der Klinikgesellschaften beschlossen.

Im Oktober vergangenen Jahres hieß es dann allerdings in einem Ausschuss des Kreistags auch, der Aufsichtsrat sei „sehr überrascht“ vom hohen Verlust gewesen.

Rechtliche Schritte schwebten im Raum

Die Kreisräte versagten dem Aufsichtsrat die Entlastung – und stellten die Haftungsfrage. Die Möglichkeit, rechtliche Schritte gegen Martin Loydl, den ehemaligen Geschäftsführer des Klinikverbunds Südwest, zu prüfen, schwebte im Raum.

Bernd Neufang, Vorsitzender der Bürgerinitiative (BI) Gesundheitsversorgung Kreis Calw, erstattete schließlich im Dezember Strafanzeige gegen Loydl bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Neufang warf ihm unter anderem Kreditbetrug, Verletzung der Buchführungspflicht sowie Untreue gegenüber der Gesellschaft und den Landkreisen vor.

Aniello Ambrosio, Erster Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Stuttgart, bestätigte damals, dass der Sachverhalt geprüft werde. Das sei bei jeder Anzeige Standard.

Standard ist laut Paragraf 152 der Strafprozessordnung auch, dass die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, „wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten“.

Allerdings unter der Bedingung, dass „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen“. Mit anderen Worten: Es muss zumindest als möglich erscheinen, dass wirklich etwas Strafbares geschehen ist.

Keine Ermittlungen

Und an dieser Stelle wird es besonders interessant. Denn im vorliegenden Fall heißt es seitens der Staatsanwaltschaft, diese habe „mangels zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat“ davon abgesehen, Ermittlungen einzuleiten.

Das erklärte Staatsanwalt Ambrosio auf Anfrage unserer Redaktion. Weitere Angaben macht die Staatsanwaltschaft nicht, da sie „personenbezogene Daten weder nennen noch auf Anfrage bestätigen“ könne.

Unserer Redaktion liegt jedoch auch die Verfügung vor, in der die Staatsanwaltschaft detailliert begründet, warum der Fall für sie bereits nach Prüfung des Sachverhalts erledigt ist und es erst gar nicht zu Ermittlungen kommen wird.

Diese Begründung fällt ziemlich deutlich aus. An mehreren Stellen weist die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass die vorgeworfenen Straftatbestände überhaupt nicht erfüllt seien. Es gebe keine Anhaltspunkte; diese würden auch aus der Anzeige nicht hervorgehen.

„Vermutungen begründen keinen Anfangsverdacht“

Zum Vorwurf des Kreditbetrugs heißt es etwa: „Bloße Vermutungen begründen keinen Anfangsverdacht“.

Eine unrichtige Darstellung von Bilanz oder Konzernabschluss scheitere schon daran, dass diese nicht von Loydl, sondern von dessen Nachfolger erstellt worden seien.

Und zur Untreue aufgrund von „Managementfehlern“ schreibt die Staatsanwaltschaft: „Allein das (behauptete) Vorliegen von ‚Managementfehlern‘ begründet allein noch keine untreuerelevante Pflichtwidrigkeit.“

Nicht zuletzt sei auch nicht erkennbar, dass Loydl die Aufsichtsräte ungenügend informiert habe. Apropos Aufsichtsräte: Da es schon an tatsächlichen Anhaltspunkten für ein pflichtwidriges Verhalten von Loydl gebe, könne auch dessen Entlastung durch den Aufsichtsrat nicht pflichtwidrig gewesen sein.

Basierend auf der Anzeige sei zudem auch nicht erkennbar, dass der Aufsichtsrat seiner Kontrollpflicht in gravierender Weise nicht nachgekommen sei.

Loydl erwägt selbst rechtliche Schritte

Loydl selbst hatte bereits im vergangenen Jahr auf Anfrage erklärt, dass er ein mögliches Verfahren nicht fürchte. Er habe den Aufsichtsrat stets informiert und alles sei dokumentiert.

Wie der ehemalige Geschäftsführer im Gespräch mit unserer Redaktion erklärte, erwäge er nun indes selbst rechtliche Schritte – etwa wegen Verleumdung und übler Nachrede.