Nichts wie weg: Verena genießt die neue Freiheit und schlägt sich in die Büsche. Foto: Ministerium für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz

Neue Chance für Luchs Toni und auf Wildkatzennachwuchs? Nach dem frühen Tod von Luchsin Finja wurde jetzt eine weitere Katze im Nordschwarzwald ausgewildert: Die eineinhalbjährige Verena wurde lange auf die Auswilderung vorbereitet. Zudem startet ein neues Projekt.

Der Aufbau und die Entwicklung einer Luchspopulation für Baden-Württemberg geht in die nächste Runde. „Mit der Auswilderung eines weiteren Tieres setzen wir das Projekt der Bestandesstützung fort“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, anlässlich der Auswilderung im Nordschwarzwald laut einer Mitteilung des Ministeriums. Das etwa eineinhalbjährige Luchsweibchen namens Verena folgt auf Luchskatze Finja, die im Dezember 2023 ausgewildert wurde, aber im Juli dieses Jahres an Staupe, einer Viruserkrankung, verstarb. „Der Luchs ist ein wichtiger Teil der europäischen Artenvielfalt. Mit der Bestandesstützung leistet das Land einen wichtigen Beitrag die Artenvielfalt und insbesondere diese faszinierende und ökologisch wichtige Tierart zu erhalten. Für mich ist das eine Herzensangelegenheit. Daher freut es mich umso mehr, dass heute die nächste Auswilderung reibungslos funktioniert hat“, so Hauk weiter

 

Gute Bedingungen Der Schwarzwald mit seinem Wildreichtum und seinen großen zusammenhängenden Waldflächen biete sehr gute Bedingungen für den Luchs. In ihrer neuen Heimat soll Verena gemeinsam mit dem ansässigen Luchskuder Toni und weiteren nachfolgenden Tieren einen Grundstein für ein gesundes Luchsvorkommen in Baden-Württemberg bilden.

Zehn Luchse bis 2027

Bis zum Jahr 2027 ist die Auswilderung von bis zu zehn Luchsen in Baden-Württemberg vorgesehen. Luchskatze Verena wurde im Frühjahr 2023 im Schweizer Tierpark Langenberg geboren und im Wildkatzendorf Hütscheroda auf die Auswilderung vorbereitet. Sie stammt aus dem Erhaltungszuchtprogramm des Karpatenluchses der European Association for Zoos and Aquaria (EAZA). „Die Auswilderung von Luchsen aus dem Zuchtprogramm ermöglicht uns eine gezielte Auswahl von Tieren, die sich genetisch deutlich von den Vorkommen der umliegenden Regionen unterscheiden. Dadurch vermeiden wir genetische Verarmung und schaffen im Verbund mit den benachbarten Vorkommen eine gute Grundlage für eine gesunde Population“, erläuterte Minister Hauk.

Genau beobachtet Seit September lebte Verena in einem eigens für die Auswilderung von Luchsen errichteten Gehege in Thüringen. „Hier wurde sie auf ein Leben in der Natur vorbereitet und ihr Verhalten beobachtet. Denn nur Luchse, die Scheu vor Menschen und Hunden zeigen, sind für die Auswilderung geeignet. Luchse müssen das Jagen nicht erlernen und können in der Natur auf ihre angeborenen Instinkte zurückgreifen“, sagte Eva Klebelsberg, die das Projekt an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) leitet.

Aktuell baut der Zoo Karlsruhe mit Unterstützung des World Wide Fund for Nature (WWF), der Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe und des Landes ein eigenes Auswilderungsgehege außerhalb des Zoogeländes, das künftig Auswilderungsprojekte in Baden-Württemberg und ganz Europa unterstützen soll.

Kein Kontakt

Matthias Reinschmidt, Direktor des Karlsruher Zoos, sagt dazu: „Als Zoo möchten wir nicht nur die Begegnung mit bedrohten Arten ermöglichen, sondern auch den Erhalt im ursprünglichen Lebensraum unterstützen. In unserem neuen Gehege werden die Luchse in Zukunft beinahe ohne Kontakt zu Menschen in einem riesigen, naturnahen und nicht einsichtigen Gelände außerhalb des Zoos vor ihrer Auswilderung leben.“

18 männliche Luchse Seit 2004 sind insgesamt 18 männliche Luchse, vor allem aus der Schweiz, nach Baden-Württemberg eingewandert. Nur ein Weibchen war sehr kurzfristig zu Gast im Land. Viele Luchse besuchten Baden-Württemberg allerdings nur vorübergehend, da keine Geschlechtspartner vorhanden waren. Luchse sind Einzelgänger und besetzen sehr große Gebiete (Territorien). Weibliche Tiere sind auf der Suche nach neuem Lebensraum aber deutlich zurückhaltender, weswegen die nahe Luchspopulation im Schweizer Jura den Sprung in den eigentlich bestens geeigneten Schwarzwald nicht schafft. Momentan leben, bis auf Verena, nachweislich noch zwei territoriale Männchen in Baden-Württemberg. Eine Begegnung des Menschen mit den Luchsen im Schwarzwald ist äußerst unwahrscheinlich. Die Tiere leben heimlich. Sie sind nacht- und dämmerungsaktiv. Ihre Hauptbeute sind Rehe. Die Entwicklung der zukünftigen Luchspopulation wird daher weitestgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit stattfinden.

Neue Strategie „Der Luchs gehört, wie Rothirsch und Auerhuhn, zu den Wildarten mit verstreuten Vorkommen, die große Flächen und Verbindungsmöglichkeiten zwischen den Populationen benötigen. Solche Wildarten brauchen dringend eine neue Strategie, um sie durch Vernetzung und Lebensraumverbesserung erhalten zu können“, sagte Landesjägermeister Jörg Friedmann und ergänzte: „Die Jägerschaft übernimmt Verantwortung für alle Arten des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes, um dem Anspruch eines ganzheitlichen Wildtiermanagements gerecht zu werden. Jägerinnen und Jäger sind Auge und Ohr im Wald und unterstützen das Projekt mit ihrer Expertise und Ortskenntnis. Die Zusammenarbeit zwischen Jägerschaft und Projekt funktioniert bislang exzellent.“

Für die Unterstützung des Luchsbestands und die notwendige Akzeptanz in Baden-Württemberg arbeiten unter anderem die Landesregierung, wissenschaftliche Einrichtungen wie die FVA, der WWF Deutschland, der Zoo Karlsruhe, der Landesjagdverband und die Luchsinitiative Baden-Württemberg eng zusammen. Das Projekt wird von der Arbeitsgruppe Luchs und Wolf Baden-Württemberg begleitet.

Mehr Informationen zum Luchs und dem Projekt gibt es online im Wildtierportal Baden-Württemberg.