Gegen Rechtsruck und für die Verteidigung der Brandmauer wird am Samstag in Lahr demonstriert. Die Organisatoren sprechen über die Hintergründe – und erklären, warum sie von der CDU enttäuscht sind.
Die dreiköpfige Gruppe hinter der Aktion „Nie wieder ist jetzt! Verteidigung der Brandmauer gegen den Rechtsruck in Deutschland“ kommt aus Lahr und Umgebung, sie hat sich spontan zusammengetan. Ihre vollen Namen wollen die Macher nicht in der Zeitung lesen. „Die Lage ist bedrohlich“, erklärt eine der Organisatorinnen, die sich gegenüber unserer Redaktion als Tanja vorstellt, die Entscheidung des Teams, anonym bleiben zu wollen. „Wir haben Angst, was nach der Wahl passieren könnte.“ Zudem habe die Gruppe mit anderen Engagierten gesprochen, die in der Vergangenheit Drohungen erhalten hatten.
Ziel der Kundgebung sei es, ein Zeichen für eine offene, tolerante und solidarische Gesellschaft zu setzen, wie das Orgateam in einer Mail an die Redaktion ausführt. Man stehe für eine vielfältige Gesellschaft, offene Grenzen, europäische Zusammenarbeit und gegen Fakenews, wie es aus dem Instagram-Account zur Kundgebung hervorgeht. In einem demokratischen Dialog sollten Probleme gemeinsam gelöst werden.
Gruppe wendet sich nicht gegen Parteien, sondern gegen politische Inhalte
„Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass diese Wahl tatsächlich etwas bedeutet und dass sie sehr konkrete und große Gefahren für unsere gemeinsame Zukunft birgt“, heißt es der Mail. Mit der AfD erstarke eine in Teilen gesichert rechtsextreme Partei. Aber auch durch Teile der CDU würden „menschenverachtende Ideale“ wieder salonfähig gemacht. Die Gesellschaft sei tief gespalten, rechtes Gedankengut greife um sich, heißt es auf dem Instagram-Kanal.
Stellt sich das Trio mit der Kundgebung gegen AfD und CDU – und so auch gegen einen großen Teil der gewählten Parteien im Bundestag? Die Brandmauer müsse als Barriere „gegen den Einfluss von Faschismus auf die Gesellschaft“ existieren, so das Orgateam. Wenn CDU-Kanzlerkandidat Merz einmal gemeinsame Sache mit Rechtsextremen mache, sei es künftig immer einfacher, wieder gemeinsam Themen durchzusetzen und sie als akzeptable Partei und potentiell politische Partner zu akzeptieren. Man wende sich per se nicht gegen Parteien, sondern gegen Inhalte, so das Orgateam.
Vom Fall der Brandmauer war in den vergangenen Tagen viel zu hören. Vor drei Wochen hatte unter anderem die CDU im Bundestag mit der AfD abgestimmt, um die Migrationspolitik zu verschärfen. Das Lahrer Trio hatte zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Planung begonnen – die Abstimmung in Berlin habe die Notwendigkeit noch einmal verdeutlicht.
Hoffen die Veranstalter kurz vor der Wahl, noch unentschiedene Wähler zu erreichen? „Wir wollten die Kundgebung unbedingt vor der Wahl machen“, erklärt Tanja die Haltung der Gruppe. „Wir freuen uns, wenn viele mit uns ein Zeichen setzen.“ Wenn die Organisatoren nicht daran glauben, die Menschen noch zu erreichen, bräuchten sie die Aktion auch nicht zu starten. Auch die Demos der vergangen Tage machten ihnen Hoffnung.
Angemeldet hat das Trio 500 Menschen. Zur Kundgebung für Toleranz, Respekt und Vielfalt auf dem Rathausplatz waren im Februar 2024 zwischen 4000 und 5000 Menschen gekommen. Für die Veranstaltung am Samstag habe man auch bei Parteien nach einer Partnerschaft gefragt. Doch wegen des Wahlkampfs wollten einige sich nicht aktiv einbringen – auch wenn sie die Veranstaltung ideell unterstützen. Zudem streuen viele Vereine die Infos.
Macher der „Woche für Demokratie“ begrüßen die geplante Demo
Positiv äußern sich Thorsten Mietzner, Hadi Sayed-Ahmad, Heinz Siebold, die Organisatoren der für Mai geplanten Woche für Demokratie. Die Kundgebung biete die Möglichkeit, sich öffentlich und demonstrativ für Toleranz, Respekt und Vielfalt und für ein geeintes Europa mit offenen Grenzen zu positionieren, heißt es in einer Mitteilung. Die Kundgebung sei ein wichtiges Signal gegen das Erstarken von rechtsextremen Tendenzen und die damit verbundene pauschale Stimmungsmache gegen Menschen mit Migrationshintergrund. Die Demokratie brauche ein klares demokratisches Votum bei Wahlen und entschiedenes Handeln im Alltag.
Der Freundeskreis Flüchtlinge ruft alle demokratischen Bürger auf, an der Aktion teilzunehmen. „Am Sonntag entscheidet sich bei der Bundestagswahl, ob die demokratischen Parteien gestärkt werden oder ob die Wahlberechtigten durch Stimmenthaltung oder gar mit einem Votum für die AfD Tendenzen in unserer Gesellschaft Vorschub leisten, die unseren demokratischen Rechtsstaat schwächen“, heißt es in einer Mitteilung. Die jüngsten „menschenverachtenden“ Äußerungen einer Lahrer AfD-Stadträtin (gemeint ist Christine Amann-Vogt) hätten erneut deutlich gemacht, was von Vertretern der Partei zu erwarten sei. Für ein weiter offenes, menschliches und liebenswertes Lahr unterstütze man die Kundgebung gegen Bestrebungen, das friedliche und tolerante Miteinander in Lahr Verruf zu bringen.
Ablauf am Samstag
Die Kundgebung startet am Samstag, 22. Februar, um 10 Uhr auf dem Rathausplatz. Das Ende ist auf 12.30 Uhr angekündigt. Es wird mehrere Reden und Auftritte von Bands geben.