Das KSK hat seit Donnerstag einen neuen Kommandeur. Foto: Murat/dpa

"Ich bitte Sie, gestalten Sie gleichermaßen professionell unser ›Kommando Spezialkräfte der Zukunft‹. Tun Sie dies loyal, diszipliniert und treu auf den Werten unserer Verfassung." Mit diesen Worten verabschiedete sich Brigadegeneral Markus Kreitmayr vom Kommando Spezialkräfte in Calw. Am Donnerstag wurde Brigadegeneral Ansgar Meyer bei einer Kommandoübergabe als dessen Nachfolger eingesetzt.

Calw - Erst wenige Tage ist es her – am 20. September, um genau zu sein – da durfte das in Calw stationierte Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr seinen 25. Geburtstag feiern. Nun stand bei der Spezialeinheit ein Abschied an: Generalmajor Andreas Hannemann, Kommandeur der Division Schnelle Kräfte, übergab am Donnerstag das Kommando über den Verband von Brigadegeneral Markus Kreitmayr an Brigadegeneral Ansgar Meyer.

 

Kein Tag wie jeder andere. Denn das KSK war in den vergangenen Jahren immer wieder in den Schlagzeilen – und das nicht gerade positiv.

Reihe von Skandalen

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Nach einer Reihe von Skandalen um rechtsextreme Vorfälle und verschwundene Munition hatte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) Mitte vergangenen Jahres angekündigt, mit "eisernem Besen" beim KSK durchzukehren. In der Folge war die 2. Kompanie aufgelöst worden, die wegen "toxischer Führungskultur in Verbindung mit fehlgeleitetem Eliteverständnis sowie extremistischen Tendenzen" als nicht mehr reformierbar eingeschätzt worden war.

Kreitmayr sprach im Rahmen der Übergabe von der "schwersten Krise unseres Verbandes", die "beinahe zu seiner Auflösung geführt" hätte. Auch der Brigadegeneral selbst war wegen einer Sammelaktion für unrechtmäßig oder sorglos gehortete Munition in die Kritik und den Fokus von Untersuchungen geraten, weil er Straffreiheit versprochen haben soll. Eine "Amnestie-Aktion", die in Streitkräften anderer Nationen offenbar Usus ist, nicht aber in der Bundeswehr.

Eberhard Zorn, Generalinspekteur der Bundeswehr, hatte der Spezialeinheit im Juni in einem Abschlussbericht dennoch ein gutes Zeugnis bescheinigt: Fehlentwicklungen und Missstände seien innerhalb des Verbandes aufgearbeitet worden, die Veränderungen im KSK derart umfassend, dass dies "faktisch einer Neuaufstellung dieses Verbandes" gleichkomme. Von 60 Reformmaßnahmen seien mehr als 90 Prozent bereits umgesetzt. Und: Beispielsweise bei einer Munitionsinventur zu Jahresbeginn sei man auf nur eine Patrone Differenz gekommen – zuvor fehlten Zehntausende Schuss. Auch ein befürchtetes rechtsextremistisches Netzwerk innerhalb des KSK war nicht entdeckt worden.

Lehren aus größtem Rückschlag

"Doch wir sind nicht zu dem fehlerhaften Schluss gekommen, dass diese Zeit, mit ihren zerstörerischen Ereignissen, mit den Versäumnissen der Vergangenheit und den katastrophalen Taten von Menschen aus unserer Mitte, eine Zeit zum Vergessen wäre", unterstrich Kreitmayr am Donnerstag im Rahmen der Kommandoübergabe. Die Lehren aus diesem größten Rückschlag in der Geschichte des Verbandes müssten in Erinnerung bleiben und auch an Nachfolger weitergegeben werden.

Dass diese Reform, dieser Prozess überhaupt gelingen konnte, schreibt der Brigadegeneral den "leidenschaftlichen und anständigen Menschen des Kommando Spezialkräfte" zu. Überhaupt fiel das Wort "Mensch" häufig in Kreitmayrs Ansprache – vielleicht ganz bewusst. Erst im Frühjahr war bekannt geworden, dass zu jener Zeit Dutzende Angehörige Unterstützung bekamen. Sie litten wegen anhaltender psychischer Belastung unter gesundheitlichen Einschränkungen – teils wegen der Ängste um die Auflösung des Standortes, teils wegen Anfeindungen aus dem zivilen und privaten Umfeld und der Schuldzuweisungen aus der Öffentlichkeit. Auch Kreitmayr sprach davon, was die Ereignisse der vergangenen Zeit "von uns allen und unseren Familien abverlangt haben, welche Verletzungen und Wunden wir, als soldatische Gemeinschaft, erlitten haben".

"Kommando Spezialkräfte der Zukunft"

Trotz aller Widrigkeiten – die Corona-Pandemie kam noch hinzu – habe der Verband seine Aufgaben zuverlässig erfüllen können. Zuletzt unter anderem bei der "militärischen Evakuierungsoperation in Afghanistan". "Unser Verband und seine Leistungsfähigkeit sind hoch anerkannt", bekräftigte der scheidende Kommandeur. Damit gehe jedoch auch eine Verpflichtung einher, der sich jeder stets bewusst sein müsse – weil jeder auch "persönlich Verantwortung für den guten Ruf unseres Kommandos Spezialkräfte" übernehme. "Ich bitte Sie, gestalten Sie gleichermaßen professionell unser ›Kommando Spezialkräfte der Zukunft‹. Tun Sie dies loyal, diszipliniert und treu auf den Werten unserer Verfassung."

Kreitmayr führte den Verband seit Juni 2018. Generalmajor Andreas Hannemann bescheinigte ihm einen "wesentlichen Anteil" daran, dass das KSK fortbestehen darf. An die Spezialeinheit gewandt erklärte er, dass "die Schatten Einzelner" nicht überlagern dürften, was die Soldaten "unter Inkaufnahme von Gefahr für Leib und Leben" leisteten. Brigadegeneral Ansgar Meyer, so Hannemann, stehe "gut gerüstet vor einer anspruchsvollen Aufgabe". Der 56-jährige Meyer war Kommandeur des letzten deutschen Afghanistan-Kontingents.