Aufrüstung in Sachen IT: Ein Amtsarzt des Berliner Gesundheitsamts erklärt die neue Software "Sormas" – ein Epidemie-Management-System, das jetzt auch im Rottweiler Gesundheitsamt eingeführt wird. Foto: Pedersen

Lage beruhigt sich weiter. Personal im Gesundheitsamt wird dennoch gebraucht. Neues Computersystem.

Kreis Rottweil - Mit der sinkenden Zahl der Corona-Neuinfektionen kehrt auch im Gesundheitsamt zunehmend Normalität ein. Das Bürgertelefon, auf dem einst alle Leitungen heiß liefen, ist nicht mehr besetzt, die aufgestockten Stellen laufen aus. Auch die Fieberambulanz wird es in dieser Form bald nicht mehr geben.

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Bei unserem Besuch im Rottweiler Gesundheitsamt Anfang April war es noch zugegangen wie im Bienenstock: Corona-Ambulanz und das Testzentrum der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) waren im Haus untergebracht, 50 bis 60 Abstriche gab es pro Tag, in allen Büros nahmen Mitarbeiter und kurzfristig rekrutierte Helfer die Anrufe besorgter Bürger entgegen, während das Fax in der Zentrale ein Labor-Testergebnis nach dem anderen ausspuckte.

Zusatzkräfte befristet

Inzwischen sei das Bürgertelefon "mangels Nachfrage" seit dem 3. Juni nicht mehr besetzt, informiert Ärztin Petra Sostak. Dennoch können sich Bürger weiterhin mit Fragen an das Gesundheitsamt wenden. Ihnen wird über die Zentrale geholfen. Auf die Frage nach der aktuellen Lage, der Arbeitsbelastung und der personellen Situation sagt Petra Sostak: "Derzeit und auch früher war, beziehungsweise ist, die Arbeit gut zu bewältigen. Wir erhalten im Augenblick keine oder nur vereinzelt Fallmeldungen, auch das Kontaktpersonenmanagement zu Fällen aus anderen Kreisen wird von uns unverzüglich bearbeitet."

Die Landesregierung hatte die Teams in den Gesundheitssämtern in den vergangen Wochen personell aufgestockt, auch in Rottweil wurden zusätzliche Kräfte eingesetzt. Derzeit besetzen laut Sostak noch zwei Mitarbeiterinnen die vom Sozialmnisterium bewilligten Vollzeitstellen. Diese seien zeitlich befristet und laufen Ende der Woche beziehungsweise Ende Juni aus.

Neue Schwerpunktpraxis

Schluss ist Ende Juni auch für die Fieberambulanz der Kassenärztlichen Vereinigung in der bisherigen Form. Sie war zunächst im Berufsschulzentrum untergebracht und dann in die Marienstraße verlegt worden. Der Betrieb hat auch hier merklich nachgelassen, berichtet Koordinator Thomas Sterzing auf Nachfrage. Zwischen zehn und 20 Testungen, so schätzt der Arzt, gibt es im Schnitt pro Tag. Ende des Monats steht eine Änderung an: Die Fieberambulanz wird durch eine Schwerpunktpraxis in Rottweil ersetzt. Bisher gibt es diese in Schramberg und Oberndorf - es sind Hausarztpraxen, die speziell auf Patienten mit COVID-19-Verdacht ausgerichtet sind. Die Schwerpunktpraxis in Rottweil wird dann auch die Notfälle am Wochenende abdecken. Die Anmeldung läuft über den Notdienst beziehungsweise die Telefonnummer 116 117.

Lage wird sich verschärfen

Zurück zum Gesundheitsamt: Was die von vielen Seiten geforderte langfristige personelle Aufstockung mit qualifiziertem, insbesondere ärztlichem Personal angeht, dazu lägen laut Petra Sostak derzeit keine konkrete Aussagen vor. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) leide schon länger unter einer personellen Nachfolgeproblematik. Und diese, so Sostak, werde sich wegen der anstehenden Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge und der "relativ geringen Attraktivität des ÖGD als Arbeitgeber bei vergleichsweise geringem Vergütungsniveau" zukünftig noch verschärfen.

Noch bis Oktober gibt es in Rottweil immerhin Unterstützung vom Robert-Koch-Institut (RKI): Die Kontaktpersonenermittlungsgruppe wird derzeit von einer "Containment-Scoutin" des RKI unterstützt. "Die Scoutin arbeitet sich gerade zusätzlich in das neue Programm Sormas ein und wird dann entscheiden, ob es nötig ist, noch zwei weitere erfahrene Scouts zur Einführung in das Programm anzufordern", erklärt die Ärztin.

Computer statt Faxgerät

"Sormas" ist ein Epidemie-Management-System, mit dem erkrankte Personen schneller identifiziert und alle beteiligten Gesundheitseinrichtungen in Echtzeit informiert werden können. Im Zuge der Pandemie hatte sich gezeigt, dass in den Gesundheitsämtern IT-mäßig einiges nachzuholen ist - was nun geschieht. Das ratternde Faxgerät wird dann vielleicht in absehbarer Zeit der Vergangenheit angehören.