Ein Brand von historischem Ausmaß hat am Samstagabend die Villinger Innenstadt heimgesucht. Fünf Gebäude standen in Flammen, zwei Menschen wurden verletzt.
„Das ging zehn Minuten, dann stand alles in Flammen“, berichtet ein direkter Anwohner. Um 18.27 Uhr brach das Feuer in einem Hinterhof in der Goldgrubengasse aus. Die Flammen griffen rasch auf einen Balkon und anschließend auf den Dachstuhl eines Wohnhauses in der Gerberstraße über.
Auch eine angrenzende Scheune in der Goldgrubengasse geriet sofort in Brand, betroffen war darüber hinaus ein daneben stehendes Wohnhaus. Doch damit nicht genug: Über die Dachstühle breitete sich das Feuer auf zwei weitere Wohnhäuser in der Gerberstraße aus – knapp bis zum Gebäude der ehemaligen Metzgerei Paul, das bereits 2018 gebrannt hatte. Bis zu zehn Meter hohe Flammen schlugen in den Himmel, die Rauchsäule war weit über die Stadtgrenzen hinaus sichtbar.
Als Polizei und Rettungsdienste am Einsatzort eintrafen, wurden sie zunächst von rund 100 Schaulustigen behindert, die die Zufahrtswege blockierten. Offenbar waren viele aus den umliegenden Straßencafés aufgestanden, um das Feuer zu beobachten. „Sie standen selbst mit Kindern in der ersten Reihe“, ärgerte sich Oberbürgermeister Jürgen Roth über das Verhalten.
Die Polizei konnte die Menschenmassen jedoch zurückdrängen. Der Einsatzradius wurde schrittweise erweitert, um den Einsatzkräften Raum zu verschaffen. Die engen Gassen stellten ohnehin eine große Herausforderung dar.
Devise: retten, was zu retten ist
Von der Goldgrubengasse aus leitete die Feuerwehr den ersten Löschangriff ein und setzte dort auch die erste Drehleiter ein. Doch das Feuer hatte sich bereits weit ausgebreitet. Bald galt nur noch die Devise: retten, was zu retten ist. So konnte zumindest verhindert werden, dass sich das Feuer – über einen Erker eines Wohngebäudes in der Niederen Straße, der ebenfalls durch die Hitze in Brand geraten war – auch auf die Parallelstraße ausdehnte.
In der Gerberstraße wurden zwei weitere Drehleitern in Stellung gebracht, um die Flammen unter Kontrolle zu bringen. Nur mit größtem Aufwand gelang es, ein Übergreifen auf ein fünftes Gebäude zu verhindern. Auch dieses wurde jedoch in Mitleidenschaft gezogen und musste evakuiert werden.
Hilflose Person im Gebäude vermutet
Die Lage war nicht nur wegen der Ausmaße dramatisch: Zwischenzeitlich erhielt die Einsatzleitung die Information, dass sich in einem der betroffenen Gebäude eine bettlägerige Person befinde. Die Feuerwehr drang mit mehreren Kräften unter Atemschutz in die Wohnung ein, konnte jedoch Entwarnung geben – das Gebäude war leer.
Nach etwas mehr als zwei Stunden war der Brand unter Kontrolle. Um die Wasserversorgung sicherzustellen, zapfte die Feuerwehr auch die Brigach an und verlegte Schläuche über den Kaiserring. Große Wassermengen aus zahlreichen Leitungen wurden benötigt, um das Feuer zu bekämpfen. Rund 130 Kräfte der Feuerwehr VS, unterstützt durch die Feuerwehren Mönchweiler und Brigachtal, waren schließlich in den Einsatz eingebunden.
Mindestens zwölf Betroffene
Gleichzeitig kümmerte sich das Deutsche Rote Kreuz mit rund 30 Kräften – darunter viele Ehrenamtliche aus mehreren Ortsvereinen – um die Betroffenen. Ersten Angaben zufolge mussten mindestens zwölf Personen betreut werden, sechs wurden laut Polizei verletzt. Zwei Feuerwehrmänner erlitten Verletzungen: Einer zog sich vermutlich einen Bänderriss zu und wurde ins Klinikum gebracht, ein anderer erlitt einen Kreislaufzusammenbruch. Zudem kam eine Person wegen einer Rauchgasvergiftung ebenfalls ins Klinikum. Weitere Betroffene blieben vor Ort, lehnten zum Teil eine ärztliche Behandlung ab.
Für viele Bewohner bedeutet der Brand den Verlust ihres Zuhauses. Mehrere Wohnungen brannten vollständig aus, andere sind durch Rauch oder Löschwasser unbewohnbar. „Stand jetzt kommen aber alle bei Familie oder Bekannten unter“, sagte Oberbürgermeister Roth. Im Notfall würden Stadt und DRK Unterkünfte bereitstellen.
Schlimmster Brand seit vielen Jahrzehnten
Der OB zeigte sich erschüttert über das Ausmaß des Feuers: Einen Brand mit einer derart schnellen Ausbreitung habe es in der Villinger Innenstadt seit Jahrzehnten nicht gegeben. Umso erleichterter sei er, dass es keine Schwerverletzten gebe. Sein Dank galt den zahlreichen Einsatzkräften.
Nach aktuellem Stand wurden fünf Gebäude schwer beschädigt, eines davon – die Scheune in der Goldgrubengasse – stürzte ein. Zwei weitere Gebäude gelten als einsturzgefährdet. Das THW prüfte die Stabilität, ein Betreten war jedoch nicht möglich. Zwei weitere Häuser wurden in geringerem Ausmaß beschädigt. Die Löscharbeiten zogen sich über die gesamte Nacht.
Die Brandursache ist noch unklar. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Der Sachschaden dürfte in die Millionen gehen.