Im Streit um die Gäubahn wird der Ton schärfer. Der BUND-Landesgeschäftsführer wehrt sich jetzt in einem offenen Brief gegen Äußerung des FDP-Abgeordneten Karrais.
Hitziger Schlagabtausch zwischen dem Rottweiler Landtagsabgeordneten Daniel Karrais und dem Verbändebündnis Pro Gäubahn: Nachdem Karrais in einer Reaktion auf eine Stellungnahme von „Pro Gäubahn“davon gesprochen hatte, dass sich die Umweltverbände mit ihrem Engagement als „Totengräber“ der Gäubahn betätigen, schießt BUND-Landesgeschäftsführer Martin Bachhofer jetzt zurück.
In einem offenen Brief an Karrais, der auch unserer Redaktion zugeht, heißt es, man habe Karrais Anschuldigungen mit „einigem Befremden“ zur Kenntnis genommen. „Es entsteht der Eindruck, dass Sie von unserer aufwendigen und mehrfach geprüften Stellungnahme nur die Überschrift gelesen haben. Das ist sehr schade.“
Das Verbändebündnis Pro Gäubahn setze sich seit Jahren für eine dauerhafte, umstiegsfreie Anbindung des heutigen Stuttgarter Hauptbahnhofs und das Wohl der Fahrgäste ein, wird betont. „Ihre Aussagen sind ein sehr bewusster Affront gegen die Verbände, die sich die Mühe gemacht haben, das Vorhaben aus ihrer Perspektive zu durchdenken.“
Ein weitgehender Affront
Zur Tatsache, dass Karrais die Mitglieder auffordert, auszutreten, schreibt Bachhofer: „Zu einem so weitgehenden Affront hätten wir als Umweltverband bei der FDP und ihren politischen Aktionen zahlreiche Anlässe gehabt.“
Karrais untergrabe aktiv die wichtige Rolle der Zivilgesellschaft, so der Vorwurf in dem offenen Brief. Karrais habe in seiner Pressemitteilung, die unsere Redaktion am 22. September veröffentlicht hatte, suggeriert, „dass die Verbände die Unterbrechung der Gäubahn nicht kurzhalten wollten. Das ist schlichtweg falsch“.
Genau diese Verbände versuchten vielmehr seit Jahren, „den Irrsinn einer Kappung in Stuttgart- Vaihingen und einen erzwungenen Umstieg in die S-Bahn ganz zu verhindern – vor allem im Interesse der Fahrgäste. Für sie ist die Unterbrechung und die endgültige Kappung eine weitere Zumutung.“ Viele dieser Fahrgäste seien wegen der Strapazen bereits auf das Auto umgestiegen, andere werden folgen, schreibt Bachhofer.
Menschen auf die A81 lotsen?
„Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, als sei es die Absicht der FDP-Verkehrspolitik, möglichst viele Menschen auf die dann neu ausgebaute A 81 zu lotsen. Genau dann tritt der Effekt ein, den Sie beschreiben: die Gäubahn wird zur Provinzbahn, die sich dann dem Vorwurf ausgesetzt sieht, wegen zu geringer Nutzung nicht mehr wirtschaftlich zu sein“, heißt es außerdem.
Dieses Argumentationsmuster sei seit Jahrzehnten bekannt und habe zu Stilllegungen von Schienentrassen und damit zur heutigen Situation erst geführt. Interessant im Übrigen auch, wie hier die Interessen der ÖPNV-Gegner und der Straßenbaulobby im Gleichklang erscheinen.
Vier Züge pro Stunde
Bachhofer nennt die Fakten, die aus Sicht der Verbände klar gegen den Pfaffensteigtunnel sprechen – „durch ihn sollen auch in der Hauptverkehrszeit gerade mal vier Züge pro Stunde und Richtung fahren“ . Es liege auf der Hand, dass die enormen Bundesmittel, die nun für den Pfaffensteigtunnel reserviert sind, andere wichtige Eisenbahnausbau- und Sanierungsprojekte kannibalisieren.
Auch der dringend notwendige Ausbau im weiteren Verlauf der Gäubahn Richtung Süden stehe in Frage. „Die bekannten Engstellen bleiben bestehen. Das Ergebnis: Selbst mit einem teuren Tunnel zwischen Böblingen und dem Flughafen wird die Fahrt von Zürich nach Stuttgart mühsam, störungsanfällig und wenig leistungsfähig bleiben“, heißt es unter anderem in dem offenen Brief.
Man biete Karrais gerne „einen fachlichen Austausch zu den verkehrlichen Fakten“ an.