Ettenheims bekanntester Maler ist am Sonntag gestorben. Er hat die Rohanstadt nicht nur durch seine Kunst geprägt. Seiner Arbeit als Gemeinderat hat sie es zu verdanken, dass ihre barocken Fassaden erhalten blieben.
Gemalt hatte der 96-Jährige bis zum Schluss. Noch anlässlich seines 95. Geburtstags im Jahr 2023 wurden Kurt Bildsteins Werke im Hans-Thoma-Kunstmuseum im Schwarzwald ausgestellt. Dabei blieb er auch stets experimentierfreudig. Eine Ausstellung im Ettenheimer Rathaus gab 2018 einen Einblick in sein facettenreiches Schaffen: Variantenreiche Darstellungen Ettenheims waren ebenso zu sehen wie Gemälde, bei denen sich überlagernde senkrechte Streifen faszinierende Farbkombinationen ergaben. In einigen Werken kamen auch Techniken zur Anwendung, die Bildstein aus seiner Arbeit als Restaurator her kannte, er übertrug Fresko und Stuck auf die Leinwand. Seine künstlerischen Darstellungen entwickelten sich in verschiedensten Zyklen, wurden abstrakter, die Konturen schärfer, zeitweise rückten gar Collagen in den Vordergrund.
Doch es ist nicht nur seine Kunst, die in Ettenheim ihre Spuren hinterlassen hat: „Kurt Bildstein hat sich in seiner Wahlheimat Ettenheim ganz vielfältig engagiert: als Inhaber eines Handwerksbetriebs, als Künstler, als Kommunalpolitiker und als Mentor in vielen Fragen der Stadtbildgestaltung“, ruft Bürgermeister Bruno Metz in Erinnerung.
Als bislang einziger Student erhielt er für seine Kunst den Hans-Thoma-Preis
Bildstein wurde am 19. August 1928 in Konstanz geboren und ist in Waldshut aufgewachsen. Als 1939 sein Vater nach Ettenheim versetzt wurde, hatte er, elf Jahre alt, in Ettenheim eine neue Heimat gefunden, die ihn, auch aus der Zeit heraus besonders prägte. Nicht nur im Positiven: Für Bildstein war die Jugendzeit durch den heute kaum vorstellbaren Zwang zur Hitlerjugend mit allen Folgen der geistigen Infiltration geprägt. Doch dem Rat seines Vaters folgend – „Gehe nie in die SS“ – befolgte er, trotz des großen Drucks, der auf ihn ausgeübt wurde. Im Januar 1945 musste er einrücken und kam in die französische Kriegsgefangenschaft. Aus dieser wurde er nach wenigen Monaten wieder entlassen.
Wieder zu Hause in Ettenheim beendete Bildstein das Gymnasium und begann in Offenburg seine Ausbildung als Maler mit einer Fortbildung zum Restaurator. Neben der beruflichen Ausbildung war er künstlerisch aktiv, studierte ab 1950 an der „Staatlichen Akademie für Kunst Freiburg“. Im Jahre 1951 wurde Bildstein als erster und einziger noch studierender Künstler von Staatspräsident Leo Wohleb mit dem „Hans-Thoma-Preis“ (heute Staatspreis von Baden-Württemberg) ausgezeichnet.
Noch während seines Kunststudiums heiratete er die Ettenheimerin Margarete Mehr, die nach 67 Jahren Ehe verstarb. Dem Ehepaar wurden Sohn Martin und Tochter Doris geschenkt. Bildstein hatte sechs Enkel und Urenkel.
Um die barocke Altstadt zu erhalten, ging er in die Politik
Kurt Bildstein war zunächst zwei Jahre, von 1954 bis 1956, als freischaffender Kunstmaler in Ettenheim tätig. Diese Zeit endete für ihn, als er 1956 seinen eigenen Handwerker-Meisterbetrieb als Maler gründete. Erst als er im Alter von fast 60 Jahren 1987 den Betrieb seinem Sohn Martin übergab, begann er wieder als Kunstmaler zu arbeiten. Doch auch während seiner beruflichen Zeit hatte er im In- und Ausland hervorragende Arbeiten verwirklicht – so etwa im Europa-Park im Barocktheater „Commedia dell‘ Arte “ und dem Hotel „Villa Medici Hassler“ an der Spanischen Treppe in Rom.
Der Denkmalschutz hatte ihn in den 1960er-Jahren zur Politik gebracht, erklärte er 2018 bei der Ausstellungseröffnung anlässlich seines 90. Geburtstags im Rathaus.
„An zahlreichen Stellen Impulse gegeben“
Ettenheim hatte den Krieg damals unbeschadet überstanden, aber viele hatten sich damals ein modernes statt ein barockes Stadtbild gewünscht – es wurde mit dem Abriss einiger historischer Gebäude wie dem Freihof begonnen. Bildstein erreichte es mit einigen Mitstreitern, dass die Stadt unter Denkmalschutz gestellt wurde und die barocken Gebäude so erhalten blieben. Damals war das eine umstrittene Maßnahme, seit 2022 schmückt sich Ettenheim jedoch sogar mit der Zusatzbezeichnung „Barockstadt“.
Aber auch für das Gemeinwesen, besonders für den Bau der Grund- und Hauptschule (heutiges Bildungszentrum) setzte sich Bildstein als Gemeinderat (1962 bis 1975) der CDU und lange Zeit deren Fraktionsvorsitzender ein. „Kurt Bildstein hat sich stets für die Themen der Stadt und ihrer Menschen interessiert und hat an zahlreichen Stellen Impulse gegeben. Die Begegnungen mit ihm waren immer bereichernd“, betont und erinnert sich Bürgermeister Metz.