Eindrücklich werden die unterschiedlichen Lebenssituationen vermittelt. Foto: Siegmeier

Das Nahoststück „Who the Fuck is Kafka?“ im Rottweiler Zimmertheater überrascht, bedrückt, amüsiert mit schwarzem Humor und macht nachdenklich.

Beide wohnen in Israel. Sie in Tel Aviv, er in Ost-Jerusalem. Sie ist Journalistin, er ist Friedensaktivist. Der Nahostkonflikt ist Alltag von Israelin Lizzie Doron und Palästinenser Nadim Abu Heni.

 

Sie lernen sich auf einer Friedenskonferenz in Rom kennen. Und versuchen, sich – trotz aller Verschiedenheiten und Vorurteile, anzunähern. Nach dem Motto „Wären wir nicht Feinde, wir wären wohl niemals Freunde geworden“, merken sie schnell, dass sie dieselbe Irrenanstalt bewohnen, nur in verschiedenen geschlossenen Abteilungen.

Das ist der Romanstoff der Schriftstellerin Lizzie Doron, und es ist zugleich ihr Leben, das sie in dem Buch „Who the Fuck is Kafka“ beschreibt. Peter Staatsmann hat den Roman für die Bühne aufbereitet. Untermalt wird das Stück mit Livemusik von Dorin Grama.

Schwarzer Humor inklusive

Am Freitag hat „Who the Fuck ist Kafka“ am Zimmertheater Rottweil eine beeindruckende Premiere gefeiert. Freilich ist der Nahostkonflikt kein Stoff für einen heiter beschwingten Theaterabend. Und doch ist es Lizzie Doron und Peter Staatsmann mit viel Gefühl und tiefen Einblicken gelungen, das kafkaesk-normale Leben im Nahostkonflikt auf beeindruckende Weise aufzuzeigen. Schwarzer Humor inklusive.

Bekannt aus „Die Fallers

Die Rollen sind mit Valentina Sadiku als Lizzie Doron und dem Zimmertheater-Neuzugang Peter Haug-Lamersdorf als Nadim Abu Heni hervorragend besetzt. Haug-Lamersdorf ist Theater- und Filmschauspieler und auch bei Fernsehproduktionen wie „Die Fallers“, „Die Kirche bleibt im Dorf“ und weiteren zu sehen.

Beide schildern ihre Situation. Was zunächst lustig klingt, wirkt dennoch beklemmend. So kommt Nadim zu spät in Rom an, weil er – wie bereits so oft – nicht durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen kam. Nadim erzählt, wie er sich hier regelmäßig einkleidet. Wie ernüchternd und demütigend das sein muss. Immer wieder aufs Neue. Er, der Palästinenser, der gefragt wird, ob es Terroristen in seiner Familie gibt.

Eine „psychiatrische Anstalt“

Auf der anderen Seite Lizzie. Sie erklärt dem Publikum, das zu Teilnehmern der Friedenskonferenz wird, Israel. Der Staat, der alle Juden aus der Diaspora aufgenommen habe. „Der Staat Israel ist im Grunde eine psychiatrische Anstalt für posttraumatisierte Juden. Und in Jerusalem versammeln sich alle Irren“, beschreibt sie. Das Publikum stutzt ob der Klarheit.

So schildern die beiden in den gut zweidreiviertel Stunden sehr emotional Situationen ihres Lebens, geprägt von Angst und Flucht. Sie zeigen groteske und ausweglose Alltagssituationen auf, die sich immer wiederholen.

Bewegend ist die Schilderung Lizzies wie sie, zu ihrer Zeit als Soldatin, alle ihre Freunde verlor. Bedrückende Stille. Oder der Geburtstag ihres Sohnes, der sich – am Ende „ein anderes Land“ wünscht.

Sitzen zwischen den Stühlen

Lizzie und Nadim wollen beide Frieden, aber egal, was sie tun, sie kommen aus den Spiralen der Angst und Vorurteile nicht heraus. Die schwarzen Stühle neben der Bühne stehen sinnbildlich für die Ausweglosigkeit, das Sitzen zwischen allen Stühlen.

Das Groteske bringt auch Mario Schnell als Clown immer wieder zum Ausdruck, der zwar versucht, die Stühle wieder zurecht zu rücken, doch mit dem Zurechtrücken des einen eröffnet er anderswo das nächste „Problem“. Ausweglosigkeit allüberall. Dies wird auch in der „Reise nach Jerusalem“ deutlich, die er mit sich selbst spielt.

Die „andere Seite“

Und dann gibt es da noch die Schauspielerin Natalja Althauser, ein weiterer Neuzugang am Zimmertheater. Sie wechselt von der Erzählerin im Hintergrund zur Radiomoderatorin, zur Moderatorin der Friedenskonferenz und zur Kellnerin.

Sie steht für die „andere Seite“, den Westen, der die Vorgänge im Nahen Osten so gar nicht verstehen kann. „Warum werden nicht einfach alle Christen? Es müssen sich doch einfach alle nur taufen lassen. Es gibt doch eh nur einen Gott“, so ihr Vorschlag. Wenn’s doch nur so einfach wäre...