Die Teilnehmer der Gewässerwanderung sehen, wie sich der Fluss nach der Revitalisierung entwickelt hat. Foto: Marzell Steinmetz

Anlässlich des Weltwassertags am 22. März hat Monika Laufenberg in Börstingen eine Exkursion am Neckarufer entlang angeboten. Auf dem Naturweg erläuterte sie, wie sich der Fluss nach der 2019 abgeschlossenen Revitalisierung entwickelt hat.

„Ist das eine Biberrutsche?“ Eine Frau weist auf das gegenüberliegende Ufer. „Ja“, sagt Monika Laufenberg. Das große Nagetier hat sich am Neckar angesiedelt und seine Spuren hinterlassen.

 

Am Börstinger Rathaus geht es los. Der erste Halt ist an der aus dem Berg kommenden Quelle oben am Parkplatz. Monika Laufenberg hat ein Thermometer mitgebracht. Ein Kind darf die Wassertemperatur messen. 11 Grad sind es – etwas über dem durchschnittlichen Jahreswert. Die Schwankungen halten sich in Grenzen. 80 Liter pro Sekunde kommen aus der Quelle. Damit konnte die alte Mühle im Dorf betrieben werden.

Neckar konnte sich im ganzen Tal ausbreiten

Die Gruppe folgt dem Weg des Wassers, am früheren Wasserschloss mit dem Fischteich vorbei, bis zum Neckar. Der Fluss war einst ein „wilder Geselle“, und bei Hochwasser ist er es immer noch. Monika Laufenberg zeigt unterwegs Fotos von Hochwasserereignissen. Es sind historische Aufnahmen, unter anderem von den 1920-er Jahren. Damals trieben Eisschollen auf dem Neckar. Auch 1947/48 war ein strenger Winter mit Eis.

Früher konnte sich der Neckar im ganzen Tal ausbreiten. „Sein Bett reichte einmal bis zur Hauptstraße“, weiß Monika Laufenberg. Dann ist der Fluss von Menschenhand gezähmt und begradigt worden.

Begradigung brachte nährstoffreiches Ackerland

Das war notwendig, um die Dorfmühlen ständig mit Wasser zu versorgen. Durch die Begradigung konnte neues, nährstoffreiches Ackerland gewonnen werden.

Nicht zuletzt wurde der Neckar für die Flößerei genutzt – ein wichtiger Wirtschaftszweig bis Ende des 19. Jahrhunderts.

Universität Tübingen aus Floßholz gebaut

Die 1477 gegründete Universität Tübingen sei mit Floßholz aus dem Schwarzwald gebaut worden, erklärt Monika Laufenberg. Schon damals musste also der Neckar in sein enges Bett gezwängt worden sein. Die Folge davon war, dass Lebensstrukturen wegfielen, das Ökosystem Talaue nachhaltig gestört wurde, Flora und Fauna verarmten. Mit den Wasserrahmenrichtlinien vom Jahr 2000 sollte das wieder, zumindest zu einem Teil, rückgängig gemacht werden.

Monika Laufenberg zeigt auf eine der Maßnahmen im Fluß. Hier plätschert der Neckar wieder. Foto: Marzell Steinmetz

Die Wanderung führt neckarabwärts auf dem Naturpfad entlang. Dort weisen Infotafeln auf die Maßnahmen im Fluss hin, damit Fische wieder Laichplätze vorfinden. Eingebaute Hindernisse wie Steininseln verändern die Strömung, fangen auch Treibgut auf.

An solchen Stellen plätschert der Neckar wieder. Es sind Flussmulden geschaffen worden. In dem stehenden Wasser können Jungfische heranwachsen. Teilweise wurde das Ufer abgeflacht. Aufgeschichtetes Totholz dient als Unterschlupf für Kröten, Vögel und Insekten, das erhöht die Artenvielfalt.

In der Flussmulde bleibt das Wasser stehen. Dort können Jungfische heranwachsen. Foto: Marzell Steinmetz

Mit der Revitalisierung des Neckars bei Börstingen begann das Regierungspräsidium 2018. Der Weg am Ufer entlang war damals noch ein Trampelpfad, er ist jetzt ein Lehrpfad. Ein kleiner Spielplatz ist auch angelegt worden.

Viel Holz für den Schiffsbau verwendet

Amsterdam sei mit 4,5 Millionen Schwarzwaldtannen gebaut worden, sagt Monika Laufenberg. Kein Wunder war der Schwarzwald im 17. bis 18. Jahrhundert kahl. Viel Holz wurde auch für den Schiffsbau benötigt. Dass das an Börstingen vorbeigeflößt wurde, ist eine faszinierende Vorstellung für die Teilnehmer.

Biber nicht ganz konfliktfrei

Zuvor hat es noch ein Stopp gegeben. Hier hat der Biber eine große Weide bereits so angenagt, dass sie demnächst ins Wasser fällt. Damit der Baum nicht Richtung Rottenburg treibt und sich dann an einer Brücke verfängt, ist er mit einem Seil gesichert worden.

Der von einem Biber angenagte Baum wird bald ins Wasser fallen. Foto: Marzell Steinmetz

So erfreulich es ist, dass sich der Biber wieder angesiedelt hat, konfliktfrei bleibt es nicht. Auch er verändert die Flusslandschaft. „Der Neckar ist nicht statisch“, betont Monika Laufenberg. Wenn der Fluss aber mehr Freiheit bekomme, brauche er keine Betreuung. Dass er nun etwas wilder geworden sei, „ist für alle gut“, stellt sie nach dem zweistündigen informativen Spaziergang als Fazit fest.