Pädagogin Sarah Pohl thematisierte den Umgang mit radikalen Gesinnungen. Diese Tipps gab sie den Zuhörern mit auf den Weg.
Ihren Vortrag im VHS-Kunstraum begann Sarah Pohl von der zentralen Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen in Baden-Württemberg (ZEBRA) mit mehreren Umfragen im Publikum. Ein Beispiel ist die Selbsteinschätzung, wie ich persönlich mit extremen Überzeugungen umgehe. Schon da wurden unterschiedliche Umgangsweisen erkennbar: Manche Menschen halten sich eher zurück, andere reagieren emotionaler. Wichtig sei, dass man gelassen bleibt und sich nicht mitreißen lässt, lautete eine Quintessenz.
Wie entsteht eine Verschwörungstheorie? Ein Grundsatz geht Verschwörungstheorien voraus: Nachrichten, die falsch sind, verbreiten sich extrem schnell. Vor allem heutzutage ziehen Fakenews, Informationen die inkorrekt sind, oft in den Sozialen Netzwerken weite Kreise. Häufig werden diese von Privatpersonen verbreitet.
Beispiel TikTok Ein aktuelles Beispiel ist TikTok, eine Plattform, welche Millionen von Menschen nutzen. Durch die Kurzvideos, die einfach gehalten sind, bleiben Informationen besser in den Köpfen der Nutzer hängen. Leider zählen dazu auch Fakenews, vor allem, wenn sie emotionalisiert werden. Sarah Pohl erläuterte: Je emotionaler eine Meldung ist, desto häufiger wird sie verbreitet und eine gewisse Verunsicherung entsteht. Oft würden Kinder für den emotionalen Effekt benutzt. Da man so mehr Mitgefühl entwickele, werden sie von Fakenews-Verbreitern eingesetzt, um schneller an mehr Reichweite zu gelangen.
Festzuhalten sei: Fakenews können Verschwörungstheorien sein, aber das stimme nicht für alle. Sarah Pohl erklärte in ihrem Vortag Verschwörungstheorien, indem sie die Zutaten einer Verschwörung aufzeigte.
Das sind die „Zutaten“ Zuerst gehört ein Ereignis dazu. Dieses zu erklären, werde mithilfe einer Verschwörung versucht. Meist durch eine Gruppierung, die zielgerichtet einen Schuldigen sucht, auf illegale Art und Weise. Das Ziel solcher Gruppierungen sei es, an mehr Macht zu gelangen.
Neu ist das nicht Allerdings seien Verschwörungstheorien nichts Neues. Schon früher gab es sie, beispielsweise im Mittelalter.
Wer glaubt das? „Es gibt keinen prototypischen Verschwörungstheoretiker“, erklärte Pohl. Sie könnten als Menschen beschrieben werden, die sich nicht verstanden fühlen – sei es von der Politik oder auch von der Gesellschaft. Außerdem spiele das soziale Umfeld eine große Rolle, Freunde und Familie könnten den Umgang mit radikalen Gesinnungen erschweren, weil sie einen bedeutsamen Einfluss haben.
Die Macht der Gruppe Ein weiterer Punkt ist die Gruppenpsychologie: „Wir glauben an etwas, weil viele daran glauben.“ Doch nicht jeder „Andersdenkende“ sei ein Verschwörungstheoretiker. „Kritik ist das Salz der Demokratie“, so ein Zitat des Vortrags.
Unterschied zwischen Kritik und Verschwörungstheorie Sarah Pohl zeigte den Unterschied auf: Zum Beispiel bestehe kritisches Hinterfragen darin, dass Räume für Zwischentöne erlaubt seien und nicht nur schwarz-weiß gedacht werde. Die Antwort eines Verschwörungstheoretikers stehe dagegen immer fest und lasse sich nicht verändern im Laufe des Prozesses. Die Gefahr der Verschwörungstheorien werde oft unterschätzt. Sie könnten zu Radikalisierung führen, Politikverdrossenheit oder zu Stigmatisierung von Minderheiten.
Respektvoll bleiben Letztlich wurden Möglichkeiten und Ansätze gesucht, die den Umgang mit extremen Meinungen vereinfachen. So durfte sich das Auditorium in Kleingruppen darüber austauschen, was die Stärken sind bezüglich des Umgangs mit Meinungsverschiedenheiten oder wann Grenzen der Meinungsfreiheit erreicht sind. Als Fazit hielt Sarah Pohl fest, dass es wichtig sei, nicht zu verurteilen und einen respektvollen Umgang miteinander zu pflegen. Der abschließende Satz an diesem Abend: „Je mehr wir sie hören, desto mehr werden sie uns hören.“
Die Beratungsstelle
ZEBRA
steht für zentrale Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen in Baden-Württemberg. Das ist eine Organisation, die das Leitbild „Nicht alles ist schwarz-weiß“ vertritt. Die Beratungsstelle besteht aus einem multidisziplinären Team, zum Beispiel Psychologen, Erziehungswissenschaftlern, Lehrern und Ärzten. Generell beschäftigt sich die ZEBRA mit Verschwörungstheorien, religiösen Gruppierungen oder auch mit Weltanschauungsfragen. Oft wenden sich Partner von Menschen mit extremen Ansichten an die Organisation, da sie sich in einer aktuellen Beziehungskrise befinden.