Anette Franz im Dezember 2021 bei ihrem Prozess im Lahrer Amtsgericht: Kommt es zu einer erneuten Anklage? Foto: Bender

Gegen die Lahrer Ärztin und Corona-Maßnahmen-Kritikerin Anette Franz laufen aktuell mehrere Ermittlungsverfahren von Staatsanwaltschaft und Polizei. Sie soll wiederholt falsche Atteste ausgestellt haben – was sie teuer zu stehen kommen könnte.

Lahr - Im Dezember 2021 wurde Anette Franz vom Lahrer Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt. Richterin Raffaela Sinz sah es damals als erwiesen an, dass die Medizinerin in mindestens sieben Fällen Befreiungen von der geltenden Maskenpflicht ausgestellt hatte – ohne Untersuchung und medizinische Gründe. "Ins Blaue hinein", wie die Richterin feststellte. Franz, wurde während des Prozesses deutlich, hatte Atteste mitunter auf Zuruf verschickt. Ohne vorherige Untersuchung der Patienten, die teils weit entfernt wohnten. Ein Anruf oder eine E-Mail hatten genügt.

Weiteres Verfahren der Staatsanwaltschaft in Offenburg

Nun gibt es offenbar Grund zur Annahme, dass die Ärztin, die seit Mai 2020 in Lahr regelmäßig Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen veranstaltet und durch Verbalattacken auf Behörden, Politiker und Kollegen auffällt, ihre damalige Praxis nicht nur nicht eingestellt, sondern diese noch ausgeweitet hat. Zumindest sieht das die Staatsanwaltschaft in Offenburg so. Wie deren Sprecher Kai Stoffregen auf Anfrage unserer Redaktion erklärte, läuft gegen die Ärztin erneut ein Verfahren. Sie soll in mehreren Fällen "unrichtige Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht sowie unrichtige Impfunfähigkeitsbescheinigungen" ausgestellt haben.

Nach Informationen unserer Redaktion ermittelt überdies die Bundespolizeiinspektion im fränkischen Selb gegen Franz. Am Mittwoch vergangener Woche hatten Beamte einen Mann am Hofer Hauptbahnhof kontrolliert. Er soll ohne Mund-Nasen-Schutz Zug gefahren sein – und eine Befreiung mit der Unterschrift der Lahrer Ärztin vorgelegt haben.

Ärztin bezweifelt Schutzwirkung der Masken

Die Beschuldigte wollte sich auf Nachfrage zu den aktuellen Vorwürfen nicht äußern. Bei der Verhandlung vor dem Amtsgericht hatte sie das Ausstellen der Gesundheitszeugnisse nicht bestritten. Sie und ihre Verteidigerin brachten damals Zweifel an der Schutzwirkung von Masken gegen das Coronavirus zum Ausdruck, mehr noch: Masken würden die Träger krank machen. Weil die hervorgerufenen Beschwerden nicht zu diagnostizieren seien, bedürfe es keiner Untersuchung, argumentierte die Medizinerin im Dezember: "Ich unterstelle niemandem, ein Simulant zu sein."

Sollte es nun erneut zur Anklage kommen – laut Stoffregen ist ein Ende der Ermittlungen noch nicht absehbar –, könnte es der 55-Jährigen nicht nur an den Geldbeutel gehen. Die deutsche Justiz ging in den vergangenen Monaten mit recht harter Hand gegen Ärzte vor, die falsche Masken- und Impfatteste ausstellten. Vor allem bei Wiederholungstätern. In der Causa Franz käme angesichts der im Raum stehenden Taten grundsätzlich ein Berufsverbot in Betracht, so die Staatsanwaltschaft. In besonders gravierenden Fällen wurden Mediziner zuletzt auch zu Haftstrafen verurteilt.

Franz hat Berufung eingelegt

Das erste Gerichtsverfahren gegen Franz ist derweil noch nicht abgeschlossen. Die Medizinerin hat Berufung gegen das Lahrer Urteil eingelegt. Wann diese verhandelt wird, ist unklar. Das zuständige Landgericht in Offenburg rechnet erst im kommenden Jahr mit einem Termin, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion.

Die Gesetzeslage

Die Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse kann nach Paragraf 278 Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Ein Berufsverbot nach Paragraf 70 kommt etwa dann in Betracht, wenn der Angeklagte seine Tat unter Missbrauch seines Berufs begangen hat und die Allgemeinheit vor weiteren Taten geschützt werden soll.