Mit „Augmented Reality“ lassen sich beispielsweise Kuckucksuhren aus einem Online-Shop an die eigene Wand „projizieren“. Foto: Köhler

Im Pop-Up-Zukunftslabor in der Lahrer Marktstraße werden zurzeit Innovationen zur Schau gestellt. Sie sollen die Arbeitsabläufe im Kaufhaus oder im Restaurant vereinfachen. Unsere Redaktion hat sie getestet.

„Wir brauchen hier Innovationen“ – mit diesen Worten begrüßt Robin Derdau, Wirtschaftsförderer der Stadt Lahr, unsere Redaktion in den Räumen des – inzwischen verkauften – ehemaligen Schuhhauses Kindle. Bis zu diesem Donnerstag sind Unternehmer, aber auch Normalbürger eingeladen, sich hier technische Neuheiten anzusehen. „Es ist ein Impuls, ein Austausch, um zu erfahren: Was gibt es Neues?“, so Derdau zum Konzept. Doch was taugen die Innovationen wirklich? Julian Kemmer, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Konstanz, führt unsere Redaktion herum.

 

Servicewürfel: Vieles von dem, was zur Schau gestellt wird, soll die Arbeitsabläufe in Restaurants oder Cafés erleichtern. „Die Gastronomie klagt über Fachkräftemangel“, erläutert Kemme. Die technischen Neuheiten könnten diesen kompensieren. Ein Beispiel ist ein bunt leuchtender Service-Würfel.

Diesen können Restaurant-Betreiber auf jeden Tisch stellen und mit der Tischnummer verknüpfen. Mit den Knöpfen „Service“, wenn man etwas bestellen möchte, und „Pay“, wenn man bezahlen will, können die Gäste die Kellner rufen. Diese erhalten dann auf einer Uhr eine Benachrichtigung und wissen dadurch, zu welchem Tisch sie eilen sollen.

Kellner-Roboter: Ein Höhepunkt der Ausstellung ist der Kellner-Roboter. Das Gerät mit drei Tabletts, die insgesamt bis zu 40 Kilogramm tragen können, fährt zielsicher von selbst durch das Zukunftslabor. Die Zielpunkte – etwa die Tische oder die Küche – lassen sich recht simpel programmieren, erklärt Kemmer. Wenn ein Restaurant aber auf persönlichen Service setzt, könnte man den Roboter auch nur als Tragehilfe für Geschirr nutzen.

„60 bis 70 Prozent der Arbeitswege im Restaurant sind reine Laufwege“, erläutert Kemmer dazu. Der Roboter spare nicht nur Zeit, sondern entlaste auch die Angestellten, die kein Geschirr mehr schleppen müssen. „Neu kostet der Roboter etwa 20 000 Euro“, berichtet der wissenschaftliche Mitarbeiter. Er amortisiere sich schnell.

Virtuelle Speisekarte: Das Kundenerlebnis verbessern soll eine Speisekarte, die auf „Augmented Reality“ aufbaut. Dabei können Gäste den QR-Code eines Gerichts scannen und ihr Handy auf den Tisch halten, wo dann eine Darstellung des entsprechenden Gerichts in Originalgröße erscheint. Sieht spektakulär aus, aber klassische Fotos tun es in den meisten Fällen wohl auch.

Auch Gerichte einer Speisekarte, wie hier ein Brownie, lassen sich via „Augmented Reality“ in Originalgröße darstellen. Foto: Köhler

Virtueller Shop: Ebenfalls auf „Augmented Reality“ baut der Online-Shop vom „Haus der 1000 Uhren“ aus Triberg auf, der im Pop-Up-Labor exemplarisch vorgestellt wird. Kemmer schnappt sich ein Tablet, sucht sich eine Kuckucksuhr aus und sieht dann über die App, wie die Kuckucksuhr maßstabsgetreu in 3 D an der Wand aussehen würde. Das Ergebnis ist tatsächlich fast täuschend echt.

Als Kemmer mit dem Tablet etwas näher herangeht, lassen sich sogar kleinste Details gut erkennen. Das Konzept lässt sich auch auf andere Einrichtungsgegenstände übertragen. Nutzer können sich also in den eigenen vier Wänden beispielsweise eine Uhr, einen Fernseher oder einen Globus online auswählen und sehen sofort, wie sich das Objekt in den Raum einfügt.

Digitale Preisschilder: Weit weniger spektakulär sind die digitalen Preisschilder. Der Unterschied zur analogen Version ist beim im Labor aufgebauten Supermarktregal kaum erkennbar. „Das Austauschen ist eine der unbeliebtesten Aufgaben eines Azubis im Einzelhandel“, erklärt Kemmer einen Vorteil. Außerdem ließe sich so schneller reagieren, man könnte kurz vor Ladenschluss die Preise reduzieren.

Info-Chip: Als klein, aber fein erweist sich ein Info-Chip, der zum Beispiel auf Schuhen im Geschäft geklebt werden kann. Er funktioniert ähnlich wie ein QR-Code, nur dass man nicht die Kamera des Handys verwendet, sondern den Chip nur mit dem Smartphone berühren muss. Auf dem Chip lassen sich Informationen – etwa zu einem Produkt – speichern, sodass sich die Kunden „selbst beraten können“, wie es Kemmer formuliert. Ein ähnliches Konzept steckt hinter einem intelligenten Spiegel, der im Kaufhaus nach der Eingabe von Informationen beispielsweise die richtige BH-Größe verrät und wo man das Produkt findet.

Fazit: Viele Innovationen zielen darauf ab, den persönlichen Kontakt zu reduzieren. Das erleichtert die Arbeitsabläufe, kann aber bei wenig technik-affinen Menschen Verwirrung stiften. Als Option jedoch sind sie – mit Ausnahme einer Geruchssäule und eines Hologrammkastens, die reine Marketingprodukte sind – mehr als eine Spielerei. Es ist gut vorstellbar, dass vieles in einigen Jahren zum Alltag gehört.

Öffnungszeiten: Das Pop-Up-Zukunftslabor in der Marktstraße 33 hat noch an diesem Donnerstag von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Besucher können dort die Innovationen testen. Um 9 Uhr gibt es zudem einen Vortrag zum Thema „Point-of-Sale-Technologien im Einzelhandel“.