Wolfgang Grupp junior im Gespräch mit Engomo-Geschäftsführerin Kerstin Stier Foto: Kistner

Traditionsbewusst und gleichzeitig auf der Höhe der technischen Entwicklung, geht das? Es kann und muss, erklärte Trigema-Chef Wolfgang Grupp junior in Albstadt.

Verlässlichkeit, Wertebewusstsein, Standorttreue – diese Qualitäten assoziiere die deutsche Öffentlichkeit mit Trigema, erklärte Kerstin Stier, Geschäftsführerin der gastgebenden Firma Engomo, zu Beginn ihres Podiumszwiegesprächs mit Wolfgang Grupp junior.

 

Und ließ sogleich die Gretchenfrage folgen, ob so ein Firmenpsychogramm sich denn überhaupt mit dem beherrschenden Thema des Networking-Events vereinbaren lasse, zu dem Engomo Kunden und Geschäftspartner aus ganz Deutschland ins UDM80 eingeladen hatte: Es ging um Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI).

Grupps bündige Antwort war eine Variation der Lebensweisheit, dass nur der Wandlungsfähige ein Bleiben im Dasein habe: Trigema habe nicht zuletzt deshalb am Produktionsstandort Deutschland festhalten und auf die ins Ausland verlängerte Werkbank verzichten können, weil es sich neuen Technologien und dem technischen Fortschritt nie verschlossen habe.

Trigema-Chef Grupp: Wir müssen auf dem neuesten Stand sein

Ohne Digitalisierung – wohlgemerkt eine mit Sinn und Verstand – werde es in Deutschland keine industrielle Fertigung mehr geben können. „Wir müssen nicht immer die Ersten sein, aber wir müssen auf dem neuesten Stand sein. Andernfalls sind wir einfach zu teuer.“

Beispiele? Sie finden sich überall bei Trigema, von der Garnherstellung über die eigentliche Warenproduktion bis hin zum Vertrieb. Längst wird nicht mehr umständlich mit der Liste kommissioniert, sondern mit dem digitalen Handschuh. Das Tablet ist nicht nur in der Produktentwicklung allgegenwärtig, sondern mittlerweile auch im Nähsaal angekommen – und im Lager sorgt Künstliche Intelligenz dafür, dass der Warenabfluss in die derzeit 43 Testgeschäfte von Trigema nicht stockt.

„Wir müssen das tun“, insistiert Grupp. Und zwar nicht um Arbeitsplätze einzusparen – jeder, der seinen alten an die KI verliert, bekomme einen neuen, vorausgesetzt, er sei bereit, sich umzustellen.

Digitalisierte Inventur lief fast zu reibungslos

Wobei Wolfgang Grupp junior durchaus bewusst ist, dass Menschen nicht unbegrenzt flexibel und lernfähig sein können: Digitalisierung könne nur dann erfolgreich sein, wenn sie die Mitarbeiter dort abhole, wo sie stünden.

Anfängliche Pläne für ein voll digitalisiertes Logistikzentrum habe man bei Trigema schnell ad Acta gelegt und sich stattdessen für kleine Schritte entschieden. Mit der Inventur habe man angefangen – und die, so Grupp, sei dann für seinen Geschmack fast zu reibungslos über die Bühne gegangen. „Ich hatte gedacht, irgendwann werden sie mich brauchen, aber am Ende war ich gar nicht involviert. Und richtig traurig darüber.“

Engagierter Podiumsgast: Wolfgang Grupp junior Foto: Kistner

Damit war der weitere Kurs klar: keine Standardlösungen überstülpen, sondern integrieren – die KI hatte sich nach dem Arbeitsalltag und den Prozessen zu richten, nicht umgekehrt. Ticket-Systeme wie bei Daimler-Benz?

Wolfgang Grupp hält nichts von Fortschritt um des Fortschritts willen; er greift oft selbst lieber zum guten alten Telefon, wenn er etwas kommunizieren möchte. Die fürs Dokumentenmanagement zuständige Mitarbeiterin machte ihre Sache so gut, dass die KI sich mit der Übernahme bis zu ihrer Berentung gedulden musste. Allerdings geht Grupp für die Zukunft von kürzeren Zyklen aus: „Die Leute bleiben heute nicht mehr so lange wie früher. Die sind oft schon nach zwei, drei Jahren wieder weg.“ Die Routinen werden in Zukunft Sache der KI sein.

Die Tierschützer legten Beschwerde ein

Grupps Ratschlag an die mittelständischen Kollegen: immer schauen, was zur eigenen DNA passt und was nicht! Und darauf achten, „dass man die Menschen nicht verliert. Wenn man das tut, dann gehen auch die Werte nicht verloren.“

Einen überaus bekannten Mitarbeiter hat Trigema allerdings schon längst dem digitalen Fortschritt geopfert: den Affen. „Die Tierschützer haben sich beschwert“, erzählt Wolfgang Grupp, „da haben wir lieber einen virtuellen genommen. Außer auf den Tankstellen.“ Der neue Spot kommt übrigens in der nächsten Woche ins Fernsehen.