Mittlerweile ist das Areal, das die Archäologen im oberen Bereich des Bockshofs untersucht haben, zugeschüttet und die Funde konserviert. Jetzt kann auch hier mit den Bauarbeiten zur Hängebrücke Neckar Line begonnen werden.
Beim Abschlussgespräch an der archäologischen Grabungsstelle im Bockshof sind alle zufrieden: Die Archäologen, weil doch eine ganze Menge unerwarteter Befunde dokumentiert und konserviert werden konnten, aber auch Oberbürgermeister Christian Ruf und Hängebrücken-Projektleiter Roland Haag, weil die archäologische Grabung exakt im Zeitplan blieb und auch am Bockshof jetzt mit den Bauarbeiten für den Brückeneinstieg begonnen werden kann.
Die fachliche Betreuung der Grabung wurde vom Landesamt für Denkmalpflege in Freiburg mit tatkräftiger Unterstützung der Außenstelle Rottweil durchgeführt. Die Grabung war notwendig, da die gesamte Innenstadt unter Denkmalschutz steht.
Haag informierte Ruf zunächst über die derzeitigen Arbeiten an der gegenüberliegenden Hangseite und freute sich, dass es nun am Bockshof losgehen kann. Auch Brückenbauinteressierte dürfen gespannt sein, denn, wenn das erste Seil per Hubschrauber über das Tal gespannt wird, dürfte es spannend werden, kündigt der Projektleiter an. Doch bis dahin gebe es noch einiges zu tun. „Zuerst muss mal der Pylon auf der anderen Seite stehen“, ließ er wissen, bevor er sich den Archäologen zuwandte.
Mittlerweile ist die Grabungsstätte der Archäologen nahezu wieder zugeschüttet, doch noch kann man Mauerteile und hunderte Knochen und beim genauen Hinsehen auch allerlei Keramik ausmachen. Die Liste der Funde ist beachtlich, lässt Caroline Bleckmann vom Landesamt für Denkmalpflege wissen.
Mehrere Wochen lang war das Archäologenteam der ArchaeoBW GmbH mit Grabungsleiterin Katarina Fellgiebel vor Ort. Dass es sich bei dem Bereich um ein sensibles Areal handelt, das habe man gewusst, da hier der einstige Heilig-Kreuz-Friedhof war, der bis 1832 in Betrieb war. 20 intakte Gräber habe man gefunden und geöffnet. Datiert werden konnten die auf den Zeitraum zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert. Grabbeigaben habe es nicht gegeben, lediglich ein paar Knöpfe.
Rätsel indes geben die Knochenfunde von mehr als 800 Menschen auf. „Die Masse ist enorm. Sie stammen aber vermutlich aus einem Beinhaus. Ein Massengrab kann man ausschließen“, sagt Caroline Bleckmann. Die Knochen habe man geborgen und sie werden auf dem Ruhe-Christi-Friedhof wieder bestattet, lässt sie wissen. Der alte Gottesacker habe zur Lorenzkapelle gehört.
Zudem haben die Archäologen Mauerzüge und Baubefunde aus dem späten Mittelalter entdeckt. Ob die aber zu dem einst vermutlich prächtigen Hof der Adelsfamilie Bock gehören oder zum abgegangenen Schappelshof oder ganz was anderes waren, das können die Experten nicht mit Sicherheit sagen. Das Mauerwerk, das eine Breite von bis zu 80 Zentimeter aufweise, sei als Fundament in den Boden eingetieft worden. „Anhand dieser Merkmale wird schon deutlich, dass es ein signifikantes Gebäude gewesen sein muss“, erklärt Katarina Fellgiebel. Mehr wisse man aber nicht.
„Wir kommen mit der Hängebrücke ins Wohnzimmer der Stadtgeschichte, das ist auch für die Touristen interessant“, sagt Roland Haag, der ganz begeistert von der Vielzahl der Funde ist.
Auch einen Knochenkamm, Sarg- und Hufnägel sowie eine ganze Menge Keramik aus unterschiedlichen Jahrhunderten haben die Archäologen entdeckt. Haag betont, dass es auch wichtig sei, diese Funde, die wiederum Mosaiksteinchen in der Stadtgeschichte darstellen, vielleicht in einer kleinen Ausstellung zu dokumentieren. Bei Oberbürgermeister Ruf stieß er damit auf offene Ohren. Zur Grabung das Schaufenster im Stadtmuseum oder einen Bereich im Dominikanermuseum vorübergehend mit Fundstücken zu gestalten, das hieß er gut.
Die Brücke und die Stadtgeschichte mit Führungen oder Museumsbesuchen zu verknüpfen, das ist nur eine von vielen Ideen Haags.
Das nächste Bauteam ist bereits angerückt und wird dafür sorgen, dass die Pfeiler für die Aufhängung der Brücke, die vier Meter in den Boden reichen, bald parat sind.