Die Schauspielerinnen Verena Rohkohl und Diana Dold in historischen Kostümen Foto: Baublies

Die Theaterbühne im Keller hat das Drama „Julien“ inszeniert. Das Ensemble brachte mit dem anspruchsvollen Text eine reife Leistung auf die Bühne.

Die drei Akte, eine Mischung aus Tragödie, Farce und durchaus komischen Elementen, basieren auf dem Roman „Rot und Schwarz“ des französischen Autors Stendhal. Ordentliche Längen des Werks aus dem 19. Jahrhundert hat Regisseur Christopher Kern durch schnelle und kurze Szenen gut kompensiert. Die Bühne ist dreigeteilt. Das macht die Wechsel einfacher, zudem gerät die schnelle Handlung nicht ins Stocken.

 

Julien (Philipp Braunhart) stellte Kern im Stiftsschaffneikeller als differenzierten Charakter vor. Die Figur sei in den Proben immer widersprüchlicher geworden, war vorab zu erfahren. Genau das hat Braunhart, der mindestens die Hälfte des Textes hat, sehr gut wiedergegeben.

„Ich bin jung, ich gehe nicht auf ein sinkendes Schiff.“ Das Zitat, nachdem der Junge aus der Provinz in Paris eine weitere Geliebte fallen lässt, fasst zusammen, was das Ensemble auf die Bühne bringen will. Die Rolle des Julien ist übermächtig, was an der Vorlage des Bühnenautors Lukas Bärfuss liegt. Bei der Vorlage, die 2020 erstmals aufgeführt wurde, hat Kern als Regisseur kaum Spielraum. Es ist daher auch bewundernswert, wie gut das Ensemble die Übermacht der Hauptfigur verarbeitet und zum Teil sogar kompensiert. Juliens Aktionen – wiederum agiert die Hauptfigur nahezu ausschließlich gegenüber einer Dorfgemeinschaft im ersten Akt und im zweiten Akt innerhalb der mondänen Pariser Gesellschaft – führen irgendwann zu Reaktionen. Das ist ein weiterer Reiz des Stückes. Julien wird zunehmend unsympathisch – was auch daran liegt, dass die Geschichte des Karrieristen auf dem Lande beginnt und sich in Paris wiederholt.

Ein Bindeglied des ganzenStückes ist ein Abbé

Allerdings ändern sich die Figuren, die kaum als Gegenspieler bezeichnet werden können. Auf dem Dorf verführt Julien Louise de Rênal (Verena Rohkohl), die Gattin des Bürgermeisters und verschmäht Elisa (Rebecca Fischer). In Paris ist es Mathilde (Daniela Hess), die durch Anziehung und das Gegenteil zugrunde geht. Ein Bindeglied ist ein Abbé (Siegfried Wacker), der Julien von Beginn an begleitet.

Die Unterschiede zwischen Land und Metropole sind gut herausgearbeitet. Provinzbürgermeister Rênal (Ralf Kuchheuser) samt enttäuschter Gattin und deren Freundin Mademoiselle Derville (Diana Dold) echauffieren sich ganz wunderbar. Die mondäne Pariser Gesellschaft verkörpert neben Mathilde ein völlig abgedrehter Marquis (Reinhard Kattinger) und Courtenois (Karin Cannie) sowie (in doppelter Besetzung) Kuchheuser als Lardeur. Hier passen auch noch andere ältere Worte, die nicht ganz ausgestorben sind. Sie alle sind „sehr blasiert“ und „ungemein geputzt“.

Tragische Elemente werden nur erzählt oder finden ohne Licht statt

Auch Kattinger verkörpert zwei ganz verschiedene Rollen. Neben dem kreischenden Marquis im zweiten Akt spielt er im ersten und dritten Akt einen „Brettersäger“, wie Juliens Vater herablassend genannt wird. Sogar Mademoiselle Ferravaque (Gisela Griesbaum) verfällt dem hier nur noch morbiden Charme Juliens.

Kostüme und Details erinnern daran, dass das Drama um 1830 spielt und Stendhal eine scharfe Kritik an der Gesellschaft vor der Julirevolution verfasst hat. Der schrille Marquis beschreibt das, als er seine Tochter Mathilde aufgrund der Schwangerschaft und ihrer vergeblichen Liebe zu Julien verstößt: „Die Liebe ist eine Modeerscheinung wie die Revolution“.

Gut ist, dass die tragischen Elemente auf der Bühne nur erzählt werden oder ohne Licht stattfinden: Das gilt für den Mord in einer Kirche ebenso wie für das unvermeidliche tragische Ende.

Weitere Vorstellungen

Die Theaterbühne im Keller spielt das Drama „Julien“ an den beiden kommenden Wochenenden erneut im Stiftsschaffneikeller. Die Aufführungen sind am Freitag, 21. März, Samstag, 22. März, sowie am Samstag, 29. März, jeweils um 19.30 Uhr. Am Sonntag, 30. März, beginnt die letzte Vorstellung bereits um 17. Uhr