So soll der Wasserstoff-Hub in der Salzgrube aussehen. (Visualisierung) Foto: ©Hadi Teherani Architects

Wann wird in Villingen-Schwenningen H2 im großen Stil produziert? Seitens des Unternehmens Infener gibt man das ehrgeizige Ziel 2026/2027 vor. Abnehmer für den Wasserstoff sind bereits gefunden. Und auch für die Nutzung der Abwärme gibt es Pläne.

Anfang Juni hatten die Stadt VS und das Unternehmen Infener es offiziell verkündet: Gemeinsam habe man den Startschuss dafür gegeben, dass ein 20-Megawatt-Hub für die Produktion von grünem Wasserstoff in Villingen-Schwenningen entstehen soll. Damit plane man auf einer Fläche von etwa 10 000 Quadratmetern im Industriegebiet Salzgrube die dezentrale Erzeugung von jährlich bis zu 2000 Tonnen grünem Wasserstoff.

 

Die Anlage solle 2026 in Betrieb gehen, wurde mit einigem Optimismus angekündigt. Ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann? Diese Frage beantwortet Franziska Grammes, Pressesprecherin des Unternehmens so: „Die Zeitplanung bleibt ehrgeizig, und wir halten weiterhin daran fest, die Anlage 2026/2027 in Betrieb zu nehmen.“

Natürlich erfordere dies, dass alle Genehmigungsverfahren und baulichen Schritte wie geplant verlaufen. Die sei „ein herausfordernder, aber umso spannenderer Prozess, den wir derzeit mit Engagement vorantreiben.“

Erste Absichtserklärungen

Aktuell befinde man sich in der frühen Projektphase mit Vorabklärungen, Machbarkeitsstudien und der Unterzeichnung erster Absichtserklärungen mit Partnern. „Die nächsten Meilensteine umfassen finale Investitionsentscheidungen, die Finalisierung von Abnahmekonditionen und -verträgen, die Einreichung und Genehmigung von Bauanträgen sowie die anschließende Bauphase“, erläutert die Sprecherin weiter.

Die Infener AG gibt selbst an, Vorreiter in der Produktion von dezentralen und nachhaltigen Wasserstofflösungen für regionale Industriepartner zu sein. Geschäftsführer und Co-Gründer ist Joel Vogl. Gegründet wurde die AG 2023. Sie hat ihren Hauptsitz in der Schweiz und Niederlassungen in Deutschland.

Infener strebt an, als führender Wasserstoffproduzent dezentrale Hubs in ganz Europa zu etablieren und somit wesentlich zur Dekarbonisierung und zur Umsetzung der EU-Wasserstoffstrategie beizutragen. Diese sieht bis 2030 die Installation von Elektrolyseuren mit einer Leistung von mindestens 40 Gigawatt vor.

Abnehmer gibt es schon

Erklärtes Ziel von Infener für die Anlage in VS ist es, den später hier produzierten Wasserstoff möglichst an Abnehmer aus der Region zu verkaufen. Ob es denn da bereits Interessenten gibt? Das bejaht die Sprecherin. „Wir freuen uns, kürzlich einen Abnahmevertrag mit der Firma Nevius unterzeichnet zu haben – ein wegweisender Schritt, der die regionale Bedeutung unseres Projekts unterstreicht.“ Die Nevius GmbH hat ihren Sitz in Achern in der Ortenau. Ziel ist die Lieferung von mehreren Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr, der regional produziert aus Infeners geplanten H2-Produktionsanlagen in Villingen-Schwenningen und Gengenbach bereitgestellt wird.

Zwei Pioniere kooperieren

Diese Zusammenarbeit bringe zwei Energiepioniere zusammen: Infener strebe eine europaweit führende Rolle in der Bereitstellung von dezentralen und nachhaltigen Wasserstofflösungen an und Nevius sei Spezialist mit über 35 Jahren Erfahrung in der Flüssiggasversorgung. Das Ortenauer Unternehmen nehme den Wasserstoff ab und vertreibe ihn an mittelständische Industriebetriebe aus der Region. Ablaufen soll das dann konkret so: Der Wasserstoff wird „über den kurzen Transportweg per Lkw zu den Abnehmern gebracht“. Das soll die Region nicht nur unabhängiger vom Kernnetz machen, sondern auch „eine ideale Ergänzung zur teuren Pipeline darstellen“.

Infener-Geschäftsführer Joel Vogl will eine Lücke schließen. Foto: Infener AG

„Unsere Partnerschaft mit Nevius zeigt, wie regionale Akteure zusammenarbeiten können, um die Energiewende voranzutreiben. Mit unseren H2-Hubs schaffen wir eine zukunftsfähige und resiliente Versorgung mit grünem Wasserstoff, die sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich nachhaltig ist. Das Energiesystem von morgen ist vielfältig – mit einem Kernnetz, ergänzt durch dezentrale Produktion,“ sagt Infener-Geschäftsführer Joel Vogl. „Weitere spannende Neuigkeiten zu Abnehmern werden in Kürze folgen“, blickt Sprecherin Franziska Grammes weiter voraus.

Abwärme fürs Hallenbad?

Die Abwärme aus dem Wasserstoff-Produktionsprozess soll laut Infener genutzt werden, unter anderem, um grünen Wasserstoff wirtschaftlicher zu gestalten. Im Gespräch mit den Stadtwerken und Oberbürgermeister Jürgen Roth sei beispielsweise, die Abwärme zur Beheizung des neuen Hallenbads am Klosterhof zu nutzen. „Zusätzlich sehen wir Potenzial, den im Prozess entstehenden Sauerstoff an Kläranlagen zu liefern, die ihn beispielsweise für die vierte Reinigungsstufe einsetzen können“, erläutert Sprecherin Grammes weiter.

Noch keine PPAs

Betrieben werden soll die Wasserstoffanlage mit grünem Wasserstoff, der im Idealfall wiederum direkt aus der Region kommen soll. Mit hiesigen Betreibern von Wind- und Photovoltaikanlagen wolle man Power Purchase Agreements (PPAs) schließen, also langfristige Stromlieferverträge. Aber reicht das Angebot in der Region denn dafür überhaupt aus? „PPAs können so lange im Voraus üblicherweise nicht geschlossen werden“, geht die Sprecherin darauf nicht direkt ein. Sie sagt vorerst so viel: Die Gespräche mit Betreibern von Wind- und Photovoltaikanlagen in der Region liefen aktuell - „vor allem über die Energieversorger“. Ziel sei es, „auf langfristige und nachhaltige Partnerschaften zu setzen, die unsere Anlage vor allem regional versorgen.“

Pressesprecherin Franziska Grammes betont, dass die Zusammenarbeit mit der Stadt VS gut ist. Foto: Infener AG

Die Zusammenarbeit mit der Stadt Villingen-Schwenningen sei „von aktiver Unterstützung“ geprägt. „Wir spüren deutlich, dass hier der Wille besteht, die Energieversorgung nachhaltig und resilient zu gestalten und gemeinsam auf die Suche nach innovativen Lösungen zu gehen. Dieser offene Dialog ist eine wertvolle Grundlage für die weitere Projektentwicklung“, so die Sprecherin. Den Standort VS habe man ganz bewusst ausgewählt, sagt übrigens Geschäftsführer Vogl: „Nur 470 Kilometer des geplanten 9666 Kilometer langen Wasserstoff-Kernnetzes entfallen auf Baden-Württemberg. Infener schließt diese Lücke mit dezentralen Lösungen für eine autarke und CO₂-neutrale Energieversorgung.“

Der Hub

Was ist ein Hub?
Der Begriff Hub stammt aus dem Englischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Nabe“. Ursprünglich ist damit also der Teil eines Rades gemeint, an dem die Speichen zusammenlaufen und an dem das Rad mit der Achse verbunden wird. Metaphorisch verwendet bezeichnet der Begriff einen zentralen Punkt, an dem Dinge zusammenkommen, verteilt oder organisiert werden. Hier kommt das Konzept Verknüpfung oder Zentralität in allen modernen Verwendungen des Begriffs zum Tragen.

Warum ein Wasserstoffhub?
Produktion, Speicherung, Verteilung und Nutzung von Wasserstoff – all das soll in dem Wasserstoffhub koordiniert und gebündelt werden. Hier geht es um die Infrastrukturentwicklung zur Förderung von Wasserstoff als Energieträger. Das ist für den Hub in VS geplant
Vorgesehen ist ein 20-MW-Hub für die Produktion von jährlich bis zu 2000 Tonnen grünem Wasserstoff. Los gehen soll es zunächst mit einer Elektrolysekapazität von fünf Megawatt. Als potenzielle Abnehmer wurden regionale Logistik-, Verkehrs- und Industrieunternehmen ausgemacht, darunter zum Beispiel der Logistiker Noerpel, der seine Fahrzeuge mit H2 betanken will. Das Design des Hubs wurde vom Hamburger Architektur- und Design-Büro Hadi Teherani entworfen. Für die Projektbetreuung vor Ort ist das Architekturbüro Schleicher zuständig. Als Investitionskosten werden 45 Millionen Euro angegeben.