Das Feuer von 1932 hatte die amtlichen Dokumente nicht nur an den Rändern beschädigt, sondern auch ausgedörrt, so dass sie zu zerbröseln drohten, wenn man sie anfasste. Diese Gefahr ist nach der Restaurierung gebannt – das Bild mit Stadtarchivar Nils Schmid (links) und Oberbürgermeister Roland Tralmer belegt es. Foto: Gerling

Nicht nur der Berliner Reichstag brannte in den 1930er Jahren – auch Onstmettingens Rathaus stand am Ende der Weimarer Zeit, genauer: am 7. November 1932, in Flammen. Es gelang damals, viele verkohlte Akten zu retten. Ein Teil wurde jetzt restauriert.

Am frühen Montagmorgen, um drei Uhr nachts, brannte der Dachstuhl des Rathauses lichterloh. Nur wenige Stunden zuvor war die Reichstagswahl zu Ende gegangen, und die Retter, die nicht unmittelbar im Löscheinsatz waren, hatten nichts Eiligeres zu tun, als die Wahlakten und Stimmzettel in Sicherheit zu bringen.

 

Dabei leisteten die Onstmettinger und die ebenfalls beteiligten Tailfinger Feuerwehrleute Übersoll: Nicht nur die Wahlunterlagen konnten den Flammen entrissen werden, sondern viel von jenem Schriftgut, an dem die Identität des Mechanikerdorfes auf der Alb hing. Beispielsweise die Protokolle des Gemeinderates, die Amtsbücher mit den Verzeichnissen der Inventuren und Teilungen, die Rekrutierungsstammrollen, die Personenstandsunterlagen und das Gewerbekataster.

Dokumentation reicht zurück bis zum Mechanikerpfarrer

Diese Akten, die später den Weg ins Stadtarchiv Albstadt fanden, dokumentierten nicht nur das politische Geschehen der turbulenten Zwischenkriegszeit, sondern enthielten auch wertvolle Daten zum Wirtschaftsleben. Zudem gaben sie Aufschluss über viele in Onstmettingen beheimateten Familien und Personen und damit über die lokale Sozialgeschichte – die Aufzeichnungen reichten zurück bis in die Zeit des Mechanikerpfarrers Philipp Matthäus Hahn (1739-1790), also in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Für die Geschichtsforschung sind solche Unterlagen natürlich von großem Interesse – allerdings waren die aus Onstmettingen jahrzehntelang nicht zugänglich, denn aufgrund der unmittelbaren Hitzeeinwirkung waren sie staubtrocken, fragil und brüchig – und an den Blatträndern und Einbänden zudem angekokelt. Das Onstmettinger Archivgut, das seit der Verabschiedung des aktuellen Kulturgutschutzgesetzes im Jahre 2016 offiziell nationales Kulturgut ist, blieb deshalb Verschlusssache. Bis jetzt.

Angekokelt – aber lesbar Foto: Gerling

Doch nun ist Bewegung in die Sache gekommen. Die in Berlin ansässige Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes hat Drittmittel für eine Restaurierung zur Verfügung gestellt, und so konnte die renommierte Kornwestheimer Restaurationsfirma Schempp anderthalb von annähernd neun laufenden Metern Archivgut konservatorisch-restauratorisch behandeln. Dafür waren 51 Onstmettinger Archivalien ausgewählt worden; die Arbeit hatte im September 2023 begonnen, also vor ziemlich genau einem Jahr.

Eine äußerst mühselige und zipfelsinnige Angelegenheit

Sie war überaus mühselig und zipfelsinnig. Mit äußerster Sorgfalt wurden Blatt für Blatt der bis zu 250 Jahre alten Unterlagen auf der mikrobiologischen Werkbank gereinigt. Im Anschluss daran wurden die einzelnen Blätter gefestigt, aufgerichtet, vermessen und in maßgeschneiderte Boxen verpackt.

Zu welchem Zweck? Die Restaurierung und Haltbarmachung soll den Weg ebnen für die Digitalisierung der Archivalien durch das Stadtarchiv. Denn auch wenn die Originale restauratorisch behandelt wurden, bleiben sie doch empfindlich und sollten deshalb nach Möglichkeit dauerhaft im raumklimatisch hervorragend ausgestatteten Archivmagazin bleiben und nicht ständig herausgeholt werden. Aus diesem Grund werden im nächsten Jahr etappenweise Digitalisate der restaurierten Onstmettinger Unterlagen erstellt – und die können anschließend interessierten Nutzerinnen und Nutzern sowie der Forschung zur Verfügung gestellt werden.

Eine Fundgrube für „So war es in Onstmettingen“

Dass das Angebot angenommen werden wird, daran hat Stadtarchivar Nils Schulz keine Zweifel: 31 Hefte der Serie „So war es in Onstmettingen“ bezeugen das heimatgeschichtliche Interesse der Onstmettinger. Dank dem anteilig vom Bund geförderten Projekt liegen jetzt weitere Quellen für kommende Folgen vor.