Nagold, im November 1933: Wilhelm Axt wird wegen seiner Nein-Stimme bei den inszenierten Wahlen im November 1933 unter SS-Bewachung öffentlich gedemütigt und auf dem Vorstadtplatz an den Pranger gestellt. Foto: StMV / Stadt Nagold

Vor 80 Jahren endete der zweite Weltkrieg. Auch in der NS-Hochburg Nagold ging damit das dunkelste Kapitel der Stadtgeschichte zu Ende. Nun gibt es neue Forschungsergebnisse.

Am Dienstag, 27. Mai, lädt die Stadt Nagold zu einem historischen Vortrag in den Kubus ein, der einen „aufschlussreichen Blick auf die lokale Entwicklung in der Zeit vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten“ werfen will.

 

Referent ist der Berliner Historiker Marcel vom Lehn. Er erforscht im Auftrag der Stadt die Geschichte des Nationalsozialismus in Nagold und seinen Teilorten.

In dem Vortrag will er aufzeigen, wie der Nationalsozialismus in Nagold begann und warum dieser mit besonderer Intensität verlief. Denn bereits in den stabilen Jahren der Weimarer Republik war Nagold – trotz seiner nur rund 4000 Einwohner – eine Hochburg der NSDAP, die hier bei Reichs- und Landtagswahlen überdurchschnittlich erfolgreich war.

„Wie kam es zu diesem Wandel – und warum gerade in Nagold?“

„Das war aber nicht immer so“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt. Denn bei den ersten allgemeinen und freien Wahlen im Jahr 1919 dominierten die demokratischen Kräfte noch deutlich. Innerhalb weniger Jahre wandten sich dann immer mehr Menschen den Nationalsozialisten zu.

„Wie kam es zu diesem Wandel – und warum gerade in Nagold?“ Dieser Frage will Marcel vom Lem nachgehen. Sein Vortrag richtet den Blick deshalb auch auf die besondere Geschichte Nagolds zur Zeit der Weimarer Republik und will Antworten darauf geben, welche Ursachen den Siegeszug des Nationalsozialismus ermöglichten.

„Keine umfassenden Veröffentlichungen zu dem Thema“

Der Referent forscht seit dem Sommer 2023 im Auftrag der Stadt Nagold zur Zeit des Nationalsozialismus, aber auch über die Weimarer Republik. Münden sollen die Forschungsergebnisse in einer Buch-Veröffentlichung.

Sehr umfassend soll das Buch werden, alle denkbaren gesellschaftlichen Gruppen beleuchten. Wissenschaftlich fundiert soll es sein. Und trotzdem auch gut lesbarer Stoff, der vor allem auch die Neugierde jüngerer Generationen stillen will.

Zum Start im Sommer 2023 plante die Stadt Nagold mit einer Projektdauer von drei Jahren. „Wir haben eigentlich keine umfassenden Veröffentlichungen zu dem Thema“, hatte Oberbürgermeister Jürgen Großmann damals im Pressegespräch betont.

Marcel vom Lehn präsentiert einen Zwischenstand seiner Recherchen

Der beauftragte Historiker Marcel vom Lehn gilt als ausgewiesener Experte auf dem Gebiet. Nun präsentiert er einen ersten Zwischenstand seiner Recherchen.

Und die gehen weiter: Für ein umfassendes und lebendiges Bild werden weiterhin Erinnerungen, Erlebnisse, Dokumente und Fotos aus dieser Zeit gesucht. Vor allem persönliche Geschichten interessieren. „Sie sind von unschätzbarem Wert“, heißt es in einem Aufruf der Stadt Nagold.

Nagold sucht nach Material aus der NS-Zeit. Foto: Glanzmann /Stadt Nagold

Weiter heißt es da: „Haben Sie Material, das Sie teilen möchten? Sind Sie selbst oder Ihre Familie in dieser Zeit auf besondere Weise betroffen gewesen? Dann melden Sie sich.“ Gesucht sind Zeitzeugenberichte wie zum Beispiel Vereinsprotokolle, Tagebücher, Briefe oder auch Erinnerungsstücke, wie Fotografien. Wer zu dem Buchprojekt etwas beitragen kann, darf sich gern an das Stadtarchiv Nagold wenden, Telefon 07452/681494, E-Mail: stadtarchiv@nagold.de.

Der Vortrag findet am Dienstag, 27. Mai im Kubus statt. Beginn ist um 19 Uhr, der Eintritt ist frei. Für bessere Planbarkeit wird um Anmeldung an kultur@nagold.de gebeten.

Braunes Nagold

Hochburg der NSDAP
In Nagold bekam die nationalsozialistische Bewegung schon früh viel Zuspruch. Immer wieder spricht man vom „braunen Nagold“ und von „Nagold als Hochburg der NSDAP“. Die NSDAP konnte bei den Reichstagswahlen im Mai 1924 in Nagold bereits 19,4 Prozent erzielen – das war ihr bestes Ergebnis in Württemberg. Zum Vergleich: Deutschlandweit kam die NSDAP in dieser Wahl auf 6,5 Prozent und in Württemberg nur auf 4,1 Prozent. Bei der letzten freien Reichstagswahl im November 1932 lag die Zustimmung für die NSDAP in Nagold bei 43,5 Prozent.