So könnte die Burg Hohennagold am Montag, 22. Juni, aussehen, wenn sie von Veranstaltungstechnikern aus Protest rot beleuchtet wird. (Fotomontage) Foto: Fritsch

Veranstaltungssparte steht vor Massen-Insolvenzen. Burg Hohennagold soll tiefrot illuminiert werden.

Nagold - Am Montag, 22. Juni, ab 22 Uhr wird etwas anders sein hoch oben über der Stadt Nagold und dem gleichnamigen Fluss: Denn die Burg Hohennagold wird zur "Night of Lights" an diesem Abend für drei Stunden tiefrot illuminiert werden. Aus Protest. Und ein bisschen auch als Beschäftigungs-Therapie.

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"Wir alle brennen für unsere Jobs, unser Geschäft", sagt Robin Passon, mit seinem Team zuständig für die ungewöhnliche Beleuchtung an diesem Abend. Der zwar mit seinem Unternehmen (RPV – Robin Passon Veranstaltungstechnik) seinen Sitz in Nufringen im Nachbarkreis Böblingen hat, aber – vor Corona – eine ganze Menge Kunden aus Nagold und Umgebung betreut hat. Die VHS Oberes Nagoldtal und die zugehörige Jugendkunstschule zum Beispiel. Weshalb diese den Veranstaltungs-Profi Passon bei seinem Beitrag zur "Night of Lights" tatkräftig unterstützt.

"Viele unserer Dozenten sind als Künstler ebenfalls direkt von dem anhaltenden Shutdown betroffen", berichtet Dorothee Müller, Leiterin der Jugendkunstschule. "Die sind wirklich in Not." Wer in Kunst, Kultur und der Event-Branche tätig ist, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, fällt aktuell in Zeiten der Corona-Pandemie "durch alle Raster" – wenn es richtig dumm läuft. "Die Leute denken: ›Moment, Veranstaltungen sind doch wieder möglich!‹", erklärt Passon. "Übersehen aber, dass die diversen Auflagen ein wirtschaftliches Angebot kaum möglich machen", merkt er an.

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Abgesehen davon, dass ja die besonders großen – und für die Branche eigentlich umsatztragenden Veranstaltungen, wie große Stadtfeste, Messen, große Firmen-Events und Großkonzerte – bis mindestens Ende Oktober verboten bleiben. "Vielleicht sogar weit darüber hinaus" – wenn es zum Beispiel nach dem Willen von Baden-Württembergs Landesvater Winfried Kretschmann ginge, der erst diese Wochen einen Event-Shutdown bis zum Jahr 2021 forderte.

"Dann wäre die gesamte Branche tot!", heißt es von Seiten der Sparte. Weshalb die normalerweise in der Öffentlichkeit wenig sichtbaren Unternehmen dieser Branche eben diese "Night of Light" ins Leben gerufen haben. Als bundesweite Aktion, um auf ihr drohendes Desaster aufmerksam zu machen.

Kreativ-Branche möchte mit Politik ins Gespräch

"Wir waren die Ersten, die vom Corona-Shutdown betroffen waren. Und werden die Letzten sein, die wieder zur Normalität zurückkehren dürfen. Wenn wir dann noch existieren!" Auch Passon wiederholt die Aussagen und Slogans seiner Kollegen, die am Montag in über 200 Städten und Kommunen ihre Unternehmen, Event-Locations, Spielstätten oder auch prägnante Gebäude und Wahrzeichen wie die Burg Hohennagold als sichtbares Mahnmal in tiefrotes Licht tauchen werden. Um sich als Teil der sogenannten Kreativ-Branche zum Beispiel mit der Politik ins Gespräch zu bringen. Denn wir erinnern uns – diese Woche: Die ebenfalls bis dahin von der Politik "vergessenen" Busunternehmen im Land protestieren in Berlin, weil es ihnen geht wie den Event-Werkern – und prompt bekommen die Beförderungsdienstleister ihr eigenes Hilfspaket über hunderte Millionen Euro.

Wobei Passon selbst eigentlich, wenn man ihn direkt fragt, sich kein weiteres Hilfspaket wünscht: "Wir wollen wieder Arbeiten dürfen!" Finanzielle Hilfe sei gut – klar. "Wie schnell die Corona-Soforthilfe bei uns ausgezahlt wurde, das war beeindruckend." Auch seiner Firma half diese Einmalzahlung. Aber erstens: "Zum wirklichen überleben bis vielleicht nächstes Jahr wird es nicht reichen." Und Kredite – egal wie zinsgünstig – sind keine Hilfe, weil verlorene Umsätze in dieser Branche nicht einfach wieder nachgeholt werden können. Und der notwendige Abtrag später eher künftige Wirtschaftlichkeitsberechnungen behindert.

Für ungewöhnliche "Aha-Momente" sorgen

Und zweitens: "Wir alle in dieser Branche sind Überzeugungstäter – wir brennen für unsere Jobs!" Passon und sein bis zu 14-köpfiges Team vom Beleuchter, Tontechniker, Monteur bis zum Pyrotechniker wollen vor allem anderen endlich eine stabile Perspektive, wann es mit der Arbeit wieder "normal" oder zumindest in geregelten Bahnen weitergehen kann.

Insofern sei die "Night of Light" ein schillernder und weithin sichtbarer Protest – "aber auch eine Gelegenheit, mal wieder zu zeigen, was wir alles können!" Um bei einem Publikum – oder einem Abend lang mal in einer ganzen Stadt – für ungewöhnliche "Aha-Momente" zu sorgen. "Events machen einfach einen wahnsinnigen Spaß!" Und eben nicht nur den Besuchern – sondern auch jenen, die diese Erlebnisse kreieren.

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