Zur Sonderschicht der Nachtwächter für Urlauber und Daheimgebliebene fanden sich rund 120 Personen ein. Es wurde natürlich wieder kräftig ausgeteilt.
Joachim Lipp, Heinrich Raible und Bruno Springmann vom Kultur- und Museumsverein belebten am Freitagabend mal wieder den „sonst so toten Horber Marktplatz“, heißt es in der Pressemitteilung der Nachtwächter. „Selbst das Ensemble vom Chamaeleon-Theater, das vor dem Rathaus für den Horber Theatersommer probte, war über die stattliche Besucherschar erstaunt.“
Die Horber Nachtwächter begrüßten ihre Gäste vor dem benachbarten Wachthaus, das erst 135 Jahre nach dem großen Stadtbrand im Jahr 1725 vom städtischen Polizeidiener und den vier Nachtwächtern bezogen werden konnte.
Horb litt schon immer unter Finanz-Schwindsucht
Das ist für die drei Hellebardenträger ein Beleg dafür, dass die Finanzkraft des Neckarstädtchens schon seit dem Dreißigjährigen Krieg an akuter Schwindsucht leidet: „Normalerweis‘ legt sich d‘ Armut äll 50 Johr vor a andere Haustür, bloß vor am Horber Rothaus do isch se liega blieba.“
Weil die Nachtwache seit dem 1. April 1937 von der Schutzmannschaft der Polizei übernommen wurde, dürfe man zu jedem Horber Polizisten ungestraft „Nachtwächter“ sagen.
Das Geßlersche Amtshaus ist Horbs einziges Spukhaus. Hier soll Maria Elisabetha, die Gemahlin des Obervogts Johann Josef Geßler von Braunegg, als Gespenst umgehen, weil sie als „anmaßende Beißzang‘ und Ragall“ nach ihrem Tod angeblich keine Ruhe finden kann. Aus einem Fenster im zweiten Stock leerte Vereinskassier Stefan Reichel in Gestalt der Weißen Frau einen Bottschamber aus, vor dessen Inhalt sich die Umgangsteilnehmer unter lautem Gelächter noch rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten.
Obacht vor zu leerenden Bottschambern
Auch in der Sommerhalde sorgte Reichel als verschlafener Bürger mit einem lauten „Oooobacht“ dafür, dass alle Gäste beim weiteren Gang durch die Horber Gassen vor zu leerenden Bottschambern stets auf der Hut waren und auf keinen Fall nach oben schauten.
Beim ehemaligen Franziskanerinnenkloster auf dem Buß bekamen die Freudenstädter mal wieder ihr Fett ab. So hat Obernachtwächter Lipp lieber eine Ratte im Küchenbüffet als einen Freudenstädter im Hausgang. Und Nachtwächter Springmann weiß, wann es in Freudenstadt Sommer ist: „Ha, wenn se da Wendermandl offa traget.“
Spottverse über das „alte, arme Nescht“
Helles Gelächter erschallte auch am Schüttetörle beim Absingen des Horber Liedes. Auch die Spottverse über das „alte, arme Nescht“ namens Horb, die der verkrachte Student Johann Baptist Kiefer in einer Gefängniszelle des Schurkenturms ersonnen hatte, fanden im Burggarten viele Lacher.
Zur vielgepriesenen Zukunft der Manufakturenstadt Horb lautete der Kommentar der Nachtwächter: „Aus emma Scheißhafen wird nia a Suppaschissl!“
Die Nachtwächter verwiesen vor dem ehemaligen Dominikanerinnenkloster auf einen Visitationsbericht, laut dem Fleisch viel zu oft auf dem Speiseplan der Horber Nonnen gestanden haben soll. Dazu meinte einer der drei Herren: „I hau schau viele Dürre sterba g’seha, aber no koa Dicke blatza!“
An der Stiftskirche wurde auf das einstige Horber Zehnuhrläuten erinnert und Nachtwächter Raible demonstrierte vor Ort den Gebrauch einer Nachtwächterkontrolluhr, deren Erfinder Johannes Bürk mit seiner Familie von 1845 bis 1847 in Horb wohnte. Auf dem Weg zum Burgstall, wo man das ehemalige Franziskanerkloster hervorhob, war immer wieder herzhaftes Gelächter zu hören.
Als König Friedrich I. die Hose voll gehabt haben soll
Lautes Lachen erklang ebenso auf der Marktstraße, wo darüber berichtet wurde, dass sich der dicke König Friedrich I. von Württemberg beim Ritt auf den Horber Marktplatz die Hosen vollgemacht haben soll. Deshalb seien die einstmals vorderösterreichischen Horber bei der Landesregierung in Stuttgart immer noch in Ungnade gefallen.
Zurück ging es zum Wachthaus, wo sich die drei Herren mit der Horber Devise verabschiedeten: „Zu dridd schaffa, zu zwoid schlofa ond alloi erba!“
Zum Schluss des Umgangs gab es für die Horber Nachtwächter nochmals viel Beifall.