Der stellvertretende Kommandeur des Kommando Spezialkräfte (KSK) Oberst Peter Küpper spricht über die Aufgaben seiner Elite-Einheit. Probleme spart er dabei nicht aus.
Alles, was das KSK betrifft, ist streng geheim. Seit ein paar Jahren versucht die Elite-Einheit aber vermehrt, der Öffentlichkeit zu erklären, was sie tut. Deshalb kam mit Peter Küpper der stellvertretende Kommandeur des KSK auf den Dobel. Dort sprach er auf Einladung der vhs Calw über seine Einheit.
Warum gibt es das KSK?
Die Bundeswehr stellte die Einheit 1996 auf. Sie ging aus der Luftlandebrigade 25 hervor und ist deshalb in der Calwer Graf-Zeppelin-Kaserne stationiert. 1994 wollte die BRD Mitarbeiter der Deutschen Welle aus Ruanda retten. Dort fand ein Völkermord statt. Da Deutschland über keine geeigneten Kräfte verfügte, retteten belgische Soldaten die Mitarbeiter, so Küpper. Zwar habe es mit der GSG 9 schon eine Spezialeinheit gegeben. Die gehöre aber zur Polizei und sei nicht für Einsätze in Kriegsgebieten ausgebildet. Diese Leerstelle fülle das KSK.
Welche Aufträge hat das KSK?
Dazu zählen „Surgical Strikes“, so Küpper – sprich: chirurgische Schläge. „Das sind offensive Aktionen, bei denen auch mal was kaputt gehen kann“, sagte er. Hierzu zähle die Befreiung von Deutschen im Ausland. Dazu setzte das KSK Zielpersonen fest, zum Beispiel Kriegsverbrecher im Jugoslawienkrieg oder Terroristen in Afghanistan. Manchmal nehme man Personen „aus dem Spiel“. Zudem sei die Elite-Einheit zur Aufklärung im Einsatz. Dabei sammele das KSK Schlüsselinformationen tief im feindlichen Territorium. „Manchmal muss ich dafür nah an ein Objekt ran“, sagte Küpper. Grundsätzlich komme die Einheit immer dann zum Einsatz, wenn niemand anderes in der Bundeswehr die Aufgabe erfüllen könne.
Neben diesen Aufgaben ist das KSK in die NATO-Struktur eingebettet. „Landes- und Bündnisverteidigung“, nennt das Küpper. Hier sei das KSK Teil des Operationsplans Deutschland. Zudem bereite sich die Einheit auf „mögliche Einsätze im Ostseeraum“ vor. Es gehe dabei auch um Abschreckung, sagte Küpper. Der Gegner ist klar. „Russland ist bereit, Machtansprüche mit Gewalt durchzusetzen“, sagte er. Das sei in Europa spätestens seit der Besetzung der Krim eindeutig.
Wer gibt die Aufträge?
Insgesamt werde das KSK politisch eng kontrolliert, so Küpper. Grundsätzlich brauche es für Auslandseinsätze der Bundeswehr einen Bundestagsbeschluss. Das KSK bekomme seine konkreten Aufträge entweder aus der militärischen Führung oder dem Bundeskanzleramt. Genaue Einsätze nannte Küpper nicht. Er sprach aber allgemein davon, dass das KSK in Mali, Niger oder im Sudan im Einsatz war.
Welche Partner hat das KSK?
Laut Küpper hat das KSK weltweit Partnerschaften mit anderen Spezialeinheiten, zum Beispiel in Israel, Tunesien, Japan, Oman oder Jordanien. In Jordanien habe Deutschland einen Lufttransportstützpunkt in Al-Azraq. Das sei beim Einsatz im Sudan hilfreich gewesen. Jordanien sei ein „Stabilitätsanker“ in der Region. Das KSK helfe dort bei der Ausbildung Spezialkräfte. Gleiches tue das KSK auch mit ukrainischen Soldaten in Deutschland.
Was ist mit Drohnen?
Das KSK habe selbst etwas von solchen Ausbildungsmissionen. „Wir greifen Einsatzerfahrung ab“, sagte Küpper. Die Ukrainer könnten viel vom Drohnenkrieg berichten. Deutschland hänge in diesem Bereich hinterher. Man habe lange darüber diskutiert, ob Drohnen überhaupt bewaffnet werden dürfen. In Afghanistan sei man deshalb auf Drohnen anderer Nationen angewiesen gewesen. „Wir sind von der Entwicklung überholt worden“, sagte er.
Nationen wie Israel setzten schon künstliche Intelligenz zur Steuerung bewaffneter Drohnen ein. Dabei stellten sich ethische Fragen. Gäbe es hier Krieg, würde wohl auch Deutschland solche Technologien einsetzten, ist sich Küpper sicher. „Die Realität des Krieges wird uns das aufzwingen“, sagte er.
Schon jetzt könnte sich Deutschland gegen kleine Drohnen wie am Münchener Flughafen mit dem MANTIS-Flugabwehrsystem verteidigen. Doch es gebe die Gefahr, dass Trümmer Unbeteiligte träfen. Bestimmte Frequenzen zu blocken, um die Drohnen zu stören oder diese per Laser unschädlich zu machen, sei an einem Flughafen gefährlich. Zivile Flugzeuge könnten dadurch gestört werden. „Wir sind nicht im Frieden, aber auch nicht im Schieß-Krieg“, resümierte Küpper.
Wie kommt man zum KSK?
„Unsere größte Herausforderung ist das Personal“, sagte Küpper. Dem KSK fehlt der Nachwuchs. Den rekrutiert die Einheit aus der Bundeswehr. Weil schon dort Personal fehle, ziehe sich das bis zum KSK durch, so Küpper. Die Wehrpflicht könnte helfen, diese Lücke zu schließen.
Wer zum KSK will, muss einen mehrstufigen Auswahlprozess durchlaufen. Das KSK spricht geeignete Bewerber an. Das seien etwa 130 pro Jahr, so Küpper. Diese bekämen Trainingsratschläge, müssten dann Mindestleistungen erfüllen. Dies schafften etwa 55 Bewerber. Dann folge die „Härtephase“. Die dauere eine Woche rund um die Uhr und gehe über 17 Stationen. Diese Phase überstünden etwa acht Soldaten. Die dürften dann die KSK-Basisausbildung beginnen. Für Offiziere dauere die Härtephase zwei Tage länger und enthalte weitere strategische Elemente. Das KSK ließe sich also nicht nach Belieben vergrößern, so Küpper. Es brauche ausreichend Bewerber. Und die müssten den Auswahlprozess überstehen.
Info
Reihe „Frieden und Krieg“:
Küppers Vortrag war Teil einer Reihe, die die vhs Calw zum Semester-Thema „Frieden und Krieg“ veranstaltet. In diesem Rahmen kommt der Militärexperte Carlo Masala am 21. Oktober um 19.30 Uhr in die Calwer Aula. Er spricht zur Frage, warum die Welt keinen Frieden findet. Der Eintritt kostet zehn Euro. Die Anmeldung ist unter vhs-calw.de möglich.