In der Balinger Kreissporthalle stehen bereits 250 Feldbetten für weitere Corona-Patienten bereit. Foto: Maier

Blick ins Umland zeigt, dass Krisenmanagement auch anders geht. Zahlen werden nach Gemeinden aufgeschlüsselt.

Kreis Rottweil - Das Rottweiler Gesundheitsamt arbeitet weitgehend im Verborgenen, Informationen des Landratsamts fließen spärlich, viele Bürger sind verunsichert: Die Kritik am bisherigen Vorgehen des Landkreises in der Corona-Krise wird lauter. Am Donnerstag wurden 36 neue Fälle gemeldet. Die Zahl liegt damit bei 86 Infizierten. 100 offene Testergebnisse stehen noch aus, heißt es.

Nach unserer gestrigen Berichterstattung zur zweifelhaften Datenerhebung im Kreis Rottweil und dem sprunghaften Anstieg der Zahlen innerhalb von zwei Tagen von 17 auf 50 bestätigte Fälle, melden sich weitere Leser, die sagen, das Gesundheitsamt lasse sie in der Luft hängen. So werde man trotz eindeutiger Sympotome bezüglich eines Tests abgewimmelt (siehe Lesermeinung Kreisseite zwei) oder warte ewig auf ein Ergebnis. "Wir gelten als negativ, bis das Gegenteil bewiesen ist, war die Aussage", so eine Leserin, die fragt: "Wie sollen wir die Epidemie so stoppen?"

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Dass die Test-Kapazitäten andere sind, als in anderen Landkreisen, beziehungsweise weniger Tests durchgeführt werden, liegt auf der Hand. So werden für den Kreis Freudenstadt im Testzentrum in Baiersbronn pro Tag 400 Patienten gestestet. Im Kreis Rottweil, das lässt sich den bisherigen Äußerungen entnehmen, liegt die Zahl im zweistelligen Bereich.

In Balingen Tests auf dem Messegelände

Zur weiteren Marschrichtung des Landkreises und zu konkreten Vorbereitungen auf die zu erwartende große Zahl von Patienten gab es bislang keine Informationen aus dem Landratsamt. Derweil wird im Zollernalbkreis ganz offensiv mit der Situation umgegangen. Dort wurden bislang 1800 Abstriche genommen. Die Zahl der bestätigten Infizierten liegt – Stand Donnerstag – bei 219. 66 Menschen befinden sich zur Behandlung im Krankenhaus, neun in intentivmedizinischer Behandlung. Weil eine solche Entwicklung absehbar gewesen sei, so der Landrat des Zollernalbkreises, Günther-Martin Pauli, hätten der Landkreis, das Klinikum und die Hausärzte frühzeitig an einem Strang gezogen.

Das Ergebnis: In der Balinger Sparkassen-Arena wird eine Schwerpunktambulanz eingerichtet, in der alle, die Corona-Sympotome bemerken oder den Verdacht haben, infiziert zu sein, ohne Anmeldung vorstellig werden können. Auf dem Messegelände gibt es außerdem ein großes Corona-Testzentrum, das vom DRK betrieben wird. Und seit Mittwoch stehen in der Balinger Kreissporthalle 250 Feldbetten für Corona-Patienten bereit.

Dass im Kreis Rottweil im Gegensatz dazu bislang eine defensive Herangehensweise vorherrscht, finden manche "grob fahrlässig", wie es in Kommentaren im Netz heißt. Andere wiederum meinen, dass die Zahl der bestätigten Infizierten keinen Unterschied mache: Es gelte nun so oder so, zu Hause zu bleiben, um die Verbreitung weiter einzudämmen. Inzwischen hat das Robert-Koch-Institut die Maßgabe herausgegeben, die Laborkapazitäten nicht zu überlasten und Tests bei jenen Menschen vorzuziehen, die einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind.

Landrat Michel: Lage ist noch nicht kritisch

Zu den offenen Fragen, die der Schwarzwälder Bote direkt an Landrat Wolf-Rüdiger Michel gestellt hat, erreichen uns am Donnerstagabend die Antworten.

Der sprunghafte Anstieg der Zahlen im Kreis sei durch die Ausbreitung der Welle bedingt. Mehr Menschen würden Symptome zeigen. Ab dem Wochenende sollen die Fälle nach Gemeinden aufgeschlüsselt werden.  

Die Entscheidung, ob ein Test sinnvoll ist, liege beim Gesundheitsamt. Man wolle Massentestungen vermeiden und wertvolle Materialien wie Testkits und Schutzkleidung nur verbrauchen, wenn ein Test Sinn mache, beziehungsweise bei wirklich kranken Menschen.

Bei 80 Tests aus dem Kreis Rottweil wird noch auf die Befunde gewartet, am Donnerstag seien etwa 20 hinzugekommen, insgesamt gebe es also 100 offene Tests . Der Anteil positiver Befunde liege bei sechs bis neun Prozent.  

Im Testzentrum seien seit 6. März 600 Tests abgenommen worden. Tendenz steigend. Tests würden aber auch von den Krankenhäusern und Hausärzten abgenommen. Eine genaue Zahl gebe es nicht. Eine Erhöhung der Kapazitäten sei nicht notwendig. Die Marschroute habe sich nicht verändert. "Patienten mit Verdacht werden getestet", heißt es. Sollten sich mehr Menschen mit Testindikation melden, könnten diese "problemlos" gestestet werden. Helfer des DRK stünden auf Abruf bereit. Die Labore würden inzwischen um Begrenzung der Tests bitten. 

Täglich werde die Bettenkapazität in den Kliniken abgefragt. "Noch ist die Lage nicht kritisch", so der Landrat. Schwerpunktambulanzen seien im Entstehen. Hier sei die Kreisärzteschaft der Ansprechpartner. Das Gesundheitsamt habe solche Ambulanzen bereits genehmigt. Außerdem würden von der Kassenärtzlichen Vereinigung Fieberambulanzen geplant. Es gebe Gespräche mit DRK, THW, Feuerwehr und weiteren Hilfeleistern. Auch mit den Städten und Gemeinden stehe man in Kontakt.