Christian Keller, Daniel Wenzler (beide Jobclub), Martina Furtwängler (Winkler Bildungszentrum) und Klaus Meusel (Jobclub), wollen Flüchtlinge bei der Arbeitsplatzvermittlung unterstützen. Foto: Marc Eich

Flüchtlinge in Lohn und Brot zu bekommen – das ist das gesteckte Ziel des Jobclubs VS. Mit mehreren Aktionen leisten die Ehrenamtlichen seit Jahren Unterstützungsarbeit. Dabei stellen sie klar: Das habe nicht nur mit Barmherzigkeit, sondern auch mit Egoismus zu tun.

Wenn Klaus Meusel Forderungen nach „Remigration“ hört, dann platzt dem ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer, der sich beim Jobclub engagiert, die Hutschnur. „Die Remigration würde dafür sorgen, dass Deutschland ein Armenhaus wird – den Sozialstaat würde man in die Knie zwingen“, ist er überzeugt.

 

Grund sei unter anderem der demografische Wandel. Meusel rechnet vor: 1,4 Millionen Menschen gehen pro Jahr in Rente, 200 000 Arbeitnehmer – darunter auch gut ausgebildete Fachkräfte – wandern jährlich aus, durch die geburtenschwachen Jahrgänge ließe sich diese „Verrentungslawine“ nicht kompensieren.

Für den Flüchtlingshelfer ist deshalb klar: „Ausländer sind Chance und Hoffnung für uns, wir müssen alles dafür tun, sie zu integrieren.“ Die Integrationsarbeit geschehe deshalb „nicht nur aus Barmherzigkeit, sondern auch aus Egoismus“, so Meusel.

Ukraine-Flüchtlinge neuer Schwerpunkt

Der Jobclub hat sich deshalb seit der Vereinsgründung im Jahr 2018 die kontinuierliche Unterstützungsarbeit für Flüchtlinge, insbesondere bei der Suche nach Arbeits- oder Ausbildungsstellen, zum Ziel gesetzt. 20 Ehrenamtliche, die sich im Winkler Bildungszentrum treffen, sind täglich in diese Arbeit involviert.

Mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine habe sich ein neuer Schwerpunkt ergeben – die Hilfe für die mittlerweile rund 2000 ukrainischen Flüchtlinge in der Region. „Die Kinder fühlen sich hier mittlerweile pudelwohl, sprechen gutes Deutsch und treiben die Eltern dazu, hier zu bleiben – auch, wenn der Krieg beendet ist“, so Daniel Wenzler.

Neues Langzeitprojekt gestartet

Er engagiert sich unter anderem im Rahmen des Lukas-Veselka-Projekts, welches sich beispielsweise um Sprachkurse und gleichzeitiger Kinderbetreuung kümmert. Auch dank Fördermittel habe sich das Projekt zu einem großen Erfolg entwickelt. Teil des Projekts sind auch die deutsch-ukrainischen Abende in der Neuen Tonhalle.

Mit einem neuen Langzeitprojekt möchte der Jobclub zudem eine Lücke bei der Arbeitsvermittlung von Flüchtlingen schließen. Denn die Helfer kritisieren, dass die „geschäftspolitische Zielsetzung der staatlichen Arbeitsvermittlungsorganisationen“ lediglich Flüchtlinge mit einem Aufenthaltstitel betreuen.

Genau an dieser Stelle möchte man ansetzen, wie Christian Keller, zweiter Vorsitzender des Jobclubs, erklärt. Denn man sehe die Notwendigkeit, insbesondere jene Menschen in den Blick zu nehmen, die derzeit lediglich gestattet oder geduldet sind. „Diese vielen hundert Asyl-Flüchtlinge schmoren sehr häufig seit etlichen Monaten in den Gemeinschafts- oder Anschlussunterkünften“, so Keller.

Flüchtlinge sollen interviewt werden

Das Kavi-Projekt – die Abkürzung steht für konzentrierte Arbeitsplätze-Vermittlungsinitiative – gliedert sich dabei in zwei Stufen. Mithilfe von Interviews möchte man sich zunächst einen Überblick über die Fähigkeiten, Talente und Neigungen der Flüchtlinge verschaffen. Der Jobclub geht ein Projekt mit der HFU in Schwenningen ein, unter Federführung von Ulrike Salat engagieren sich mehrere ausländische Studenten, die mithilfe eines standardisierten Fragebogens erste Interviews durchführen werden.

Fluchtursachen in Gambia bekämpfen

In der nächsten Stufe geht es, so erläutert Keller, um die Arbeits- und Ausbildungsvermittlung, hierfür sollen weitere Paten gewonnen werden. Bei Parteien, karitativen Organisationen und Kirchen soll für diese ehrenamtliche Aufgabe gewonnen werden. „Wir sind uns im Klaren, dass dies ein langfristiges Projekt über Jahre werden wird“, ergänzt Meusel. Martina Furtwängler, Geschäftsführerin beim Winkler Bildungszentrum, unterstützt die Initiative ausdrücklich, wirbt zudem dafür, direkt ein Qualifizierungsprojekt anzuhängen.

Dass der Jobclub nicht nur vor Ort aktiv ist, sondern auch Fluchtursachen bekämpfen möchte, wird derweil an einem Projekt in Gambia deutlich. Meusel: „Ohne Lebensgrundlage vor Ort machen sich die Menschen auf die Socken.“ Man züchte sich die Flüchtlinge heran, „weil die Lebensgrundlage von vielen Afrikanern zerstört wird“, erklärt er und spielt dabei auf die subventionierten EU-Agrarimporte nach Afrika an.

20 000 Menschen wird geholfen

Realisiert werden konnte ein lang ersehntes Projekt zur Trinkwassergewinnung mit solarbetriebenen Pumpen und eines Abwasser-Entsorgungssystems für ein Schulkomplex. Zudem wurden Obstbäume gepflanzt und Gemüse-Beete angelegt, die dank der Anlage nun bewässert werden können. „Mit den investierten 20 000 Euro kann nun 20 000 Menschen geholfen werden“, so Meusel.

Der Großteil des Geldes waren dabei Fördermittel der staatlichen baden-württembergischen Stiftung für Entwicklungszusammenarbeit. „Wir hoffen, damit gleichzeitig den ersten Schritt zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit der SEZ für weitere Selbsthilfe-Projekte in Gambia zu schaffen“, erklärt der Flüchtlingshelfer. Dem Jobclub wird die Arbeit in den kommenden Jahren definitiv nicht ausgehen.