Die Grundsteuer wurde reformiert und ist für viele Menschen angestiegen. Foto: dpa/Jens Büttner

Bei der zweiten Infoveranstaltung der Stadt zur Grundsteuer ging es vor allem um die Frage, ob die Stadt mehr einnehmen darf als vorher. Bürgermeister Bünger erklärte, dass die Stadt das Geld brauche. Eine Wildbergerin sammelt hingegen inzwischen Unterschriften, damit die Hebesätze wieder gesenkt werden.

Für viele Bürger ist die Grundsteuer durch die Reform angestiegen. Bei einer Informationsveranstaltung in Gültlingen erläuterte die Stadt die Berechnung. Außerdem stellten die Bürger Fragen. Ein besonders zentrales Thema: Die Aufkommensneutralität, also, dass die Stadt durch die Grundsteuer genauso viel einnehmen soll wie bisher – nicht mehr und nicht weniger.

 

Denn das ist nicht der Fall. Die Stadt rechnete bei der Anpassung der Hebesätze im Oktober mit Mehreinnahmen von 450 000 Euro für Grund- und Gewerbesteuer im Jahr 2025. Die Aufkommensneutralität sei „nur“ ein politischer Wunsch, wird seitens der Stadt erläutert. Eine gesetzliche Verpflichtung gibt es nicht dazu.

In Gültlingen erklärte Bürgermeister Ulrich Bünger, warum die Stadt keine Aufkommensneutralität hat. „Das Geld brauchen wir, um die Aufgaben der Stadt zu erfüllen“, sagt er offen. Und: „Woher sollen wir das Geld nehmen, wenn nicht vom Bürger?“ Aus dem Publikum rief prompt jemand: „Nicht von uns!“

Bünger erklärte: Wenn Geld fehlt, müssten Angebote zurückgefahren werden – das ginge auch nicht unbegrenzt. „Wer wäre bereit, seine Schule vor Ort aufzugeben, wer ist bereit seinen Kindergarten aufzugeben?“ Aber: Die Bürger einer Stadt und Gemeinde müssten auch gemeinsam Einrichtungen und Konsequenzen tragen. Jeder zahlt also für die gemeinsamen Einrichtungen mit – ob er sie gerade selbst braucht oder nicht.

Vorher am Abend wurden die Wasserpreise erläutert. Auslöser für diese Diskussion war unter anderem eine Petition „für faire und transparente Gebühren“. In der Versammlung meldete sich Daniela Scheeff zu Wort: Auch sie hat eine Petition ins Leben gerufen. In dieser geht es darum, die Hebesätze zu senken und Aufkommensneutralität zu erreichen. Scheeff stuft die Hebesatz-Angleichung als versteckte Steuererhöhung ein.

Stadt hat nur Einfluss auf den Hebesatz

Es gibt Gewinner und Verlierer durch die Grundsteuerreform. So werden Mehrfamilienhäuser eher begünstigt, teurer wird es überall vor allem für die Eigentümer von unbebauten Grundstücken. Dabei habe die Stadt Wildberg noch nicht einmal einen eigenen Hebesatz C für diese beschlossen, wie es möglich gewesen wäre, erläutert Kämmerer Andreas Bauer in seinem Vortrag.

„Sie verzichten auf diese Grundsteuer C. Wenn die Kosten steigen und alles immer teurer wird, dann hat die Stadt ja auch weniger Einnahmen. Können die Besitzer von unbebauten Grundstücken davon ausgehen, dann später noch einmal ordentlich belastet zu werden?“, fragt eine Frau in der späteren Fragerunde. Bünger möchte dazu derzeit nichts sagen. Eine solche Prognose wäre „unseriös“.

Dazu, dass die Stadt für die Berechnung lediglich den Hebesatz festlege und für die Reform an sich nichts könne, meinte eine Gültlingern: „Ich tue mich schwer damit, dass die Stadt ja gar nichts dafür kann. In vielen anderen Gemeinden ist der Hebesatz niedriger.“ Und in Büngers Richtung: „Jetzt waren sie das erste Mal ehrlich und haben gesagt: ,Wir brauchen das Geld.’“

Jedoch: Der Meinung der Gültlingerin nach würden die Bürger immer mehr zahlen, gleichzeitig gebe die Stadt immer mehr Geld für „sinnlose Ausgaben“ aus. „Wenn ich kein Geld habe, dann muss ich so etwas auch bleiben lassen.“

Missverständnisse beim Einspruch

Unzufriedenheit mit dem Grundsteuerbescheid zeigt sich bei einigen Bürgern auch in Einsprüchen gegen diesen. Der muss aber richtig gestellt sein. Durch ein Missverständnis nach einer ersten Veranstaltung in Wildberg gingen beim Finanzamt zahlreiche Einsprüche gegen den Bodenrichtwert ein – für die dieses gar nicht zuständig war.

Das waren so viele, dass das Finanzamt auf die Stadt zukam „und uns gefragt hat, was wir ihnen da eigentlich eingebrockt haben“, erzählt Kämmerer Bauer. Deshalb und weil die Grundsteuer derzeit für Frust sorgt, erklärt er noch einmal ganz genau, wie die Grundsteuer berechnet wird – und wer für was zuständig ist.

Der Bodenrichtwert, also ein Marktwert für den Quadratmeter, wird von einem Gutachterausschuss festgelegt. Wer mit diesem Wert nicht einverstanden ist, kann sich an den Ausschuss wenden und um Klärung bitten. Dieser Bodenrichtwert wird an das Finanzamt gemeldet und dort mit der Quadratmeteranzahl des Grundstücks Mal genommen. Das ergibt den Grundsteuerwert.

Grundstücke zum Wohnen werden anders besteuert

Dieser Grundsteuerwert wird mit der Grundsteuermesszahl (0,91 Promille bei Grundstücken zum Wohnen, sonst 1,3 Promille) zum Grundsteuermessbetrag multipliziert. Gegen Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag kann beim Finanzamt Einspruch eingelegt werden.

Der Grundsteuermessbetrag wird dann mit den jeweiligen städtischen Hebesätzen multipliziert und ergibt schlussendlich die zu zahlende Grundsteuer, die von der Gemeinde erhoben wird. Gegen diesen Bescheid kann bei der Gemeinde Einspruch erhoben werden.

Wichtig beim Einspruch: Er muss handschriftlich, beziehungsweise mit elektronischer Signatur, unterschrieben sein, eine einfache E-Mail reicht nicht, damit er gültig wird. Und auch, wenn das Lastschriftmandat entzogen wird – die Grundsteuer muss fristgerecht bezahlt werden.

Bei einem erfolgreichen Einspruch wird der Betrag später neu berechnet und zu viel Bezahltes zurückerstattet. Eine Aussetzung der Vollziehung sei nicht möglich, wie es sich gerüchtehalber verbreitet habe, betont Bauer.