Die Feuerwehr rückt täglich aus – oft entpuppen sich die Einsätze als Lappalien. Rottweils Stadtbrandmeister Frank Müller erklärt, welche Auswirkungen das hat.
Der Funkmeldeempfänger piept laut – Alarm für die Einsatzkräfte. Jetzt muss es schnell gehen: ab zur Feuerwache, umziehen, ins Einsatzfahrzeug und los.Doch am Einsatzort angekommen, zeigt sich die Lage dann weniger dramatisch als zunächst befürchtet. Aus einem Mülleimer steigt Rauch auf – kein Großbrand, sondern ein kleiner Zwischenfall.
Solche Einsätze erleben Feuerwehrleute immer häufiger: Alarmierungen, bei denen sich die Situation vor Ort letztlich als eher harmlos herausstellt. Rottweils Stadtbrandmeister Frank Müller berichtet: „Es kommt leider sehr häufig vor, dass wir alarmiert werden und es sich beim Eintreffen an der Einsatzstelle herausstellt, dass es sich um eine Lappalie handelt.“
In solchen Fällen informiert der Einsatzleiter die nachrückenden Kräfte und schickt einzelne Fahrzeuge zurück. Auch die integrierte Leitstelle erhält eine Lagemeldung. „Je nach Dringlichkeit der Einsatzlage wird vor Ort entschieden, ob die anfahrenden Fahrzeuge ‚auf Sicherheit‘ anfahren sollen, um die Spannung aus dem Einsatz herauszunehmen.“
Einsätze finden auch nachts oder an freien Tagen statt. Gefühle hätten dabei zunächst keinen Platz, erklärt Müller, dennoch ärgere man sich manchmal: „Da die ehrenamtlichen Einsatzkräfte wegen einer Lappalie von ihrem Arbeitsplatz oder von ihrer Familie weggerufen werden.“
Erste Einschätzung der Leitstelle
Typische Lappalien-Einsätze sind Mülleimerbrände oder Wasser in Gebäuden, das mit Eimer und Lappen zu beseitigen wäre. Auch automatische Notrufe, ausgelöst durch ein auf dem Autodach vergessenes Mobiltelefon, führten bereits zu einem Großeinsatz: „Hierbei wird unter anderem die Feuerwehr mit einem Rüstzug wegen eines eventuellen Verkehrsunfalls alarmiert, was einen gewissen Kräfteansatz und diverse Einsatzmittel bedeutet.“
Die Abgrenzung zwischen echter Gefahr und vermeintlicher Kleinigkeit erfolgt bereits bei der Integrierten Leitstelle (ILS). Dort wird der Notruf entgegengenommen, eine erste Gefahreneinschätzung vorgenommen und die Feuerwehr nach einer bestimmten Gefahrenabwehrstufe alarmiert. Müller betont: „Der Einsatz kommt erst bei uns als örtliche Feuerwehr an, nachdem bereits eine erste Einschätzung vorgenommen wurde.“
Zu den häufigsten Einsätzen zählen neben den erwähnten Mülleimerbränden Türöffnungen, Verdacht auf hilflose Personen, Verkehrsunfälle, Brandeinsätze aller Art sowie Brandmeldealarme oder ausgelöste Heimrauchmelder. Bisher hätten sich Lappalien-Einsätze nicht auf die Einsatzbereitschaft für echte Notfälle ausgewirkt, räumt Müller ein, „denkbar ist das aber natürlich.“ Trotzdem sollen Bürger weiterhin den Notruf wählen, wenn Gefahr besteht.
Die Familien müssen drunter leiden
Auch die Familien sind betroffen. Wenn der digitale Meldeempfänger ertönt, müssen Feuerwehrleute von jetzt auf gleich weg. „Die Familien sind da nicht gerade begeistert“, sagt Müller, „die Feuerwehrangehörigen springen rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr von ihren Familien in allen erdenklichen Lebenslagen davon, vom Tiefschlaf bei Nacht bis hin zur schönsten Familienfeier.“ Häufige Lappalien-Einsätze verlangen ein hohes Maß an Flexibilität von den Familien. Sie müssen improvisieren, Kinder versorgen oder Termine absagen, wenn das Familienauto mitgenommen wird.
Müller zieht daraus ein Resümee: „Ohne die jeweilige volle Unterstützung der Familie kann ein aktives Feuerwehrmitglied, egal ob Mann oder Frau, keinen Feuerwehrdienst leisten. Die Familie muss zwangsläufig große Abstriche in Kauf nehmen und improvisieren. Deshalb ist die aktive Mitgliedschaft in einer Hilfsorganisation der Blaulichtfamilie, und hier schließe ich alle mit ein, egal ob DRK, Feuerwehr, THW, Bergwacht, Rettungshunde und Polizei, nicht gleichzusetzen mit einem Vereinsmitglied eines anderen Vereins.“