Der Stadtwald liegt den Bürgern am Herzen. Bei einer Führung durch den Schwenninger Wald hatten Roland Brauner und Alexandra Preis Antworten parat. Konflikte nehmen zu.
Treffpunkt Waldgehege Natzental: Zwölf Teilnehmer nehmen das Angebot des Forstamtes VS zum Informations-Spaziergang durch den Schwenninger Wald an.
Die Leitung hatten Roland Brauner als stellvertretender Leiter des städtischen Forstamtes und Alexandra Preis, Revierförsterin für Schwenningen, Weigheim und Mühlhausen. Unterstützt wurden die beiden durch Praktikantin Jana Kirchner. „Bei uns gehen viele Fragen zum Wald ein“, begründete Brauner das Angebot. Den Ortstermin nutzten die Teilnehmer dann auch intensiv, um Fragen zu stellen. Und um Antworten waren die beiden Fachleute nicht verlegen.
Der städtische Wald unterliegt verschiedenen Nutzungen. Welche sind das? Holzeinschlag und Erholung – das wissen die meisten. Dass im Wald auch Denkmäler stehen wie das Kriegerdenkmal auf Schwenninger Gemarkung ist nicht so bekannt. Sehr beliebt ist das Wildgehege Natzental, wo Spaziergänger immer wieder Wildschweine mit ihrem Nachwuchs sehen können.
Um einen Blick auf das Rotwild zu erhaschen, braucht man schon mehr Glück. Es hat’s lieber ruhiger und zieht sich daher auf dem Gelände zurück. Das Wildgehege ist 4,5 Hektar groß. „Der Raum ist begrenzt, das Rotwild pflanzt sich fort“, berichtete Alexandra Preis. Da muss die Försterin auch mal per Abschuss eingreifen, um die maximale Anzahl – derzeit 17 Tiere – einzuhalten.
Rotwild kann sich nicht unbegrenzt vermehren
„Wir können die Tiere nicht auswildern, sie benötigen viel Raum und kommen aus einer Gegend, wo sie wandern können“, sagte Brauner. Im vergangenen Jahr habe es einen Hirschtausch mit dem Forstbetrieb in Bad Kissingen gegeben. Denn auch Inzucht gilt es zu verhindern. „Der Hirsch hat sich gut eingelebt“, versicherte die Revierförsterin.
So ein Wildgehege kostet Arbeit und Geld, weiß Brauner. Es ist eine freiwillige Aufgabe, und beim Forstamt sei man der Meinung, solche Angebote stünden einem kommunalen Betrieb gut zu Gesicht.
Um so ärgerlicher ist es dann, wenn Spaziergänger den Hinweis, das hier lebende Wild nicht zu füttern, immer wieder missachten. „Tiere sind nicht müllfähig“, sagte Brauner zuspitzend. Denn längst nicht alles, was als Futter ins Wildgehege geworfen wird, bekommt den Tieren. „Wenn wir das mitkriegen, sprechen wir die Leute an, aber da stößt man auch auf Unverständnis.“
Aggressives Verhalten den Förstern gegenüber
Auch in Baden-Württemberg gilt ein Landeswaldgesetz. Wenn jemand gegen dessen Regeln verstößt, dürfen Forstbeamte das ahnden. Das wird aber zunehmend gefährlicher, weil die Förster oft allein unterwegs sind und beim Gegenüber zunehmend mit aggressivem Verhalten rechnen müssen. „In einem Fall hatten wir es mal mit einem Reichsbürger zu tun“, erzählte Roland Brauner den Zuhörern.
Kritische Anrufe gibt es beim Forstamt unter anderem, wenn Bürger beispielsweise unsachgemäßes Arbeiten im Wald vermuten. „Da sollte man sich darüber klar sein, ob es sich um privaten oder um den kommunalen Wald handelt“, so der Hinweis des stellvertretenden Forstamtsleiters.
Bei Holzarbeiten komme es regelmäßig vor, dass Personen die Absperrungen nicht beachteten. Und das, obwohl Lebensgefahr bestehe. Was erlebt Revierförsterin Alexandra Preis für Reaktionen? „Baummörder, Waldzerstörer, warum macht ihr den Wald kaputt, wie könnt ihr nur“, gibt sie Reaktionen auf Anfrage wieder. „Die Akzeptanz für unsere Arbeit ist nicht mehr da.“
Woran das liege? Roland Brauner sieht einen Grund in beim Lesepublikum beliebten Büchern, die den Wald nahezu vermenschlichen. Er tritt für eine Versachlichung ein und weist darauf hin, dass es ohne Förster und Forstbetriebe den Wald auch in Villingen-Schwenningen so nicht geben würde. „Vor 300 Jahre war der gesamte Schwarzwald kahl“, erzählte Roland Brauner. Die Menschen holten mehr Holz beispielsweise zum Heizen oder für den Beruf (Glaser) aus dem Wald als nachwachsen konnte. An Aufforstung dachte da noch niemand. Heute schon. Mit rund 6000 Hektar Waldfläche gehört Villingen-Schwenningen heute zu den großen kommunalen Waldbesitzern landes- und bundesweit. „Bei uns vermehrt sich der Wald“, resümierte Brauner mit Blick auf die Aufforstungen und den Zukauf. „Seitdem ich vor 19 Jahren beim Forstamt angefangen habe, haben wir 80 Hektar Wald aufgekauft.“
Die Waldbilder in Villingen und Schwenningen seien unterschiedlich. Der Nutzungsdruck sei auf Schwenninger Gemarkung ungleich höher. Auf einer Karte des städtischen Forstes ist genau ersichtlich, wie alt der Baumbestand an welcher Stelle ist. Die ältesten Bäume im Wald wachsen hier seit weit über 100 Jahren.
Alexandra Preis hält für ihren Zuständigkeitsbereich ein Revierbuch hoch. Dort ist für den Zeitraum 2023 bis 2030 festgelegt, welche Bereiche sich wie entwickeln sollten und welche Baumarten dafür in Frage kommen. Nicht jeder Förster kann also in seinem Revier machen, was er will.
Bei einer Aufforstungsfläche erläuterte Roland Brauner, was für Baumarten hier groß und stark werden sollen. Damit das gelingt, umgibt jede Jungpflanze ein Wuchsschutz. Warum stehen manche Jungbäume hier enger als die anderen? Auch hierbei folgt das Forstamt einem Konzept. „Laubbäume brauchen in ihrer Jugend einen Engstand, damit sie in die Höhe und weniger in die Breite wachsen“, sagte Brauner. Anders als Laubbäume verlören Nadelbäume selber ihre Äste und könnten weiter auseinander stehen.
Mit Blick auf den Klimawandel, unter dem auch der Wald leidet, meinte Brauner: „Wir suchen ’Z-Bäume’“ – also Bäume, die längeren Trocken- und Hitzeperioden Stand halten: Zukunftsbäume. Da ist man mitten im Versuchsstadium. Der ultimative Mix für die Zukunft ist noch nicht gefunden. Aber hier kommt es dann wieder auf die spezifischen Wetterbedingungen vor Ort an, die konkreten Bodenverhältnisse.
Stürme und Schädlinge setzen Wäldern zu
Ganz oft komme die Frage nach der Monokultur mit Fichten. „Ich habe noch keine gesehen, und wenn, dann gab es dafür einen Grund.“ Sturm und Schädlingsbefall wie der Borkenkäfer geben immer häufiger vor, wo Bäume gefällt werden müssen. Die Bestände würden immer wieder durchgepflegt. „Wir müssen vielfältiger werden bei den Baumarten.“ Darüber hinaus stehe man vor der Herausforderung, dass mit dem Klimawandel und der Globalisierung immer neue Schädlinge auftauchen, deren Bekämpfung gar nicht so einfach ist.
Großflächige Waldbrände seien bei uns noch kein Thema. Trotzdem bereite man sich darauf vor. „Solche Themen kommen aus Brandenburg. Bei uns noch nicht, aber das kann schnell gehen“, meinte der stellvertretende Forstamtsleiter.
Kritik gebe es hin und wieder, wenn für die Holzernte schwere Maschinen im Wald unterwegs sind. Das Forstamt hat hier ein System so genannter Rückegassen installiert, auf denen die schweren Maschinen so schonend wie möglich im Wald arbeiten können. Früher habe man überwiegend mit Ochsen gearbeitet, auch mit grausamen Zwangsmethoden, damit die Tiere überhaupt länger als eine halbe Stunde aushalten. Ohne Maschinen gehe es heutzutage gar nicht.
Eine Million Euro für die Stadtkasse
Einen großen Teil seiner Ausgaben erwirtschafte das Forstamt mit der Holzvermarktung – und gibt jährlich rund eine Million Euro an die Stadtkasse. Der Stadtwald sei einer der vorratsreichsten Wälder. Nur drei Prozent des Holzes müsse als Brennholz verkauft werden, der Rest habe eine höhere Wertschöpfung. „Ich kenne keinen Rohstoff, aus dem man so viel machen kann wie Holz“, sagte er. Als Beispiele hatte er Holz japanische Totentäfelchen mitgebracht, die dort jedes Jahr den Ahnen dargebracht werden. Es gebe mittlerweile Schallschutzelemente komplett aus Holz, und ein Fürsprecher für die Verwendung von Holz zum Hausbau ist Brauner sowieso. „Das ist alles gebundenes CO₂.“