Eine Aufführung über die Hesse-Bahn, überbordende Bürokratie und natürlich die Fledermaus: Das „Bahn-Spektakulum“ in Stammheim sorgte für Kurzweil und Lachen.
„So etwas habe ich noch nie gesehen.“ Ein begeisterter Landrat Helmut Riegger sprach es aus, was viele der 850 Menschen in der Stammheimer Gemeindehalle dachten. Das „Bahn-Spektakulum“ bot Unterhaltung par excellence. Die Mischung aus Musik, anmutigem Ballett und jeder Menge Wortspiele sorgte für Kurzweil und Heiterkeit beim Publikum. Das Thema: Die Hermann-Hesse-Bahn und ein Tier, das wohl in deren Geschichte eingehen wird: Die Fledermaus.
Robert Roller, man kennt ihn hierzulande auch als „ehemaligen Förster,“ hatte die Idee und setzte sie mit Mut, Fleiß und großer Zähigkeit um. Er gewann den Filmschauspieler Hartmut Volle als Moderator und die Mitglieder des Blasmusikverbandes Hans-Joachim Fuchtel, Uwe Göbel, Martin Weik, Jürgen Bernhardt und Uschi Weiss zum Mitmachen. „Drei Jahre dauerte die Vorbereitung“, so Roller.
Dass von der ersten Sekunde an eine Bombenstimmung herrschte, war dem gemeinsamen Einmarsch der Musikvereine Calw, Althengstett und Stammheim zu verdanken. Alle Menschen klatschten sofort mit. Sprecher Volle verwob in seinen humorvoll vorgetragenen Exkursen zur Bahngeschichte der letzten 150 Jahre immer mal wieder eine Info für die Fußball-Fans im Saal.
Zum einen erfuhr man von den Besuchen des damaligen Königs. „Dieser hieß Karl und nicht Wilhelm“, wie ein Zuschauer eventuell anwesende Geschichtsbanausen im Saal aufklärte. Zum anderen aktualisierte der aus Frankfurt angereiste Fernsehstar Hartmut Volle, „dass der VFB mittlerweile 4:0 führt.“
Zwischen Artenschutz und finanzieller Belastung
Die Menschen im Saal staunten immer wieder, als nach der Pause das Thema „Fledermaus“ und eine sich verselbstständigende und somit lähmende Bürokratie zum beherrschenden Thema wurde. Die Menschen im Saal wurden mal ums mal mit der Frage konfrontiert, an welchem Punkt das Verhältnis zwischen den Belangen des Artenschutzes und der finanziellen Auswirkungen für die Bürger in eine Schieflage geraten ist.
Köstlich eine Persiflage, vorgetragen von der Veigelesbühne Möttlingen. Die Laienschauspieler brachten es fertig, in einem Fünf-Minuten-Sketch die Absurditäten der letzten Jahre auf den Punkt zu bringen. Beim „Fingerhakeln“ zählt der Kontrahent „pro Bahn“ handfeste Vorteile auf, die für die Menschen zwischen Calw und Stuttgart generiert werden. Die Gegenseite hatte stets das Gegenargument in nur einem einzigen Wort aufzubieten: „Fledermaus.“
Als man sich per Kompromiss einigte und der Kampfrichter das Unentschieden ausrief, kam die Dame von der Naturschutzabteilung des Regierungspräsidiums und forderte ein weiteres von vielen Gutachten. Doch wer soll das bezahlen? Die Antwort: „Natürlich Sie!“ . Ein Raunen ging durch die Reihen des Publikums Reihen, als Hartmut Volle von Fledermauskosten in Höhe von „70 Millionen Euro“ sprach.
Landrat Riegger später: „Ich habe mich heute köstlich amüsiert. Aber ich muss leider auch sagen – es stimmt alles.“ Man darf annehmen, dass dies für einen Menschen aus der Promi-Reihe Nr. 1 von gesteigertem Interesse war. Denn Guido Wolf ist nicht nur Präsident des baden-württembergischen Blasmusikverbandes, sondern auch Mitglied des Landtages. In Stammheim hat er live erlebt, dass das Thema inzwischen in der Bevölkerung „brodelt.“
Blumenstrauß für Uschi Weiss
Neben Calws Oberbürgermeister Florian Kling saß die Witwe des Mannes, ohne dessen Beharrlichkeit die Hermann-Hesse-Bahn heute gar kein Thema wäre. Erika Bay erhielt stellvertretend für ihren 2017 verstorbenen Mann Hans-Ulrich aus den Händen von Uschi Weiss einen Blumenstrauß.
Die Swing Singers besangen auf schwäbisch den Streckenverlauf der Hesse-Bahn „Überm Bach des Däles kommd de erschde Tunnel für die Fledermäuser“ und „hier fledert die Maus und wir erreichen endlich Ostelsheim,“ diente dem Ballett der Musikschule Calw als Vorlage für ihren Tanz im Fledermauskostüm.
Zur Kurzweil und hohen Qualität des Abends trug die Vielseitigkeit der Darbietungen bei. Die Aurelius Sängerknaben bewiesen mit herrlichem Chor- und A-capella Gesang, wieso sie in Deutschland und Europa engagiert werden. Einfallsreich auch die drei Musikvereine: So wähnte sich der Zuhörer auf der „Autobahn“ (Song von Kraftwerk), oder hörte eine „schnaufende Lok,“ die zunehmend im D-Zug-Tempo zum Rasen kam. Sentimental wurde es, als der „Trauermarsch“ über die Bühne schritt.
Der Unterhaltungsabend endete wie er begann: Die Leute klatschten begeistert mit, als sich die Darsteller auf der Bühne zum Gruppenbild mit den Promis aufstellten. Gemeinsam sang man, begleitet von allen drei Musikvereinen das Finale „Muss i denn zum Städtele hinaus.“ Apropos Finale: Der VFB Stuttgart gewann den DFB-Pokal.