Die Festnahme eines alkoholisierten Schrambergers in der Straße „Beim Meierhof“ eskalierte im Juni 2024. Er wehrte sich mit Tritten und spuckte die zwei Beamten an. Zuvor hatte er vergeblich versucht bei einem seiner Nachbarn Konsolenspiele abzuholen.
Dabei wurde dem 53-jährigen Schramberger Angeklagten zunächst im Amtsgericht Oberndorf auch vorgeworfen am gleichen Tag, dem 29. Juni 2024, gegen 16 Uhr, die Tür einer seiner Nachbarn eingetreten zu haben. Dieser Anklagepunkt wurde jedoch nach Absprache des Richters mit der Staatsanwaltschaft in einer Sitzungspause fallen gelassen, da es Unstimmigkeiten bei der Dokumentation der beschädigten Tür durch die Polizei gab und der mutmaßlich geschädigte Nachbar krankheitsbedingt nicht als Zeuge zum Verfahren erschien.
Ein weiterer Vorwurf, der von der Ex-Freundin des Angeklagten vorgebracht wurde, erwies sich als nicht gerichtsfest belegbar, wie später noch genauer geschildert wird. Übrig blieb letztlich der vor Gericht verhandelte Vorwurf zwei Polizeibeamten des Schramberger Reviers angegriffen, bespuckt und beleidigt zu haben. Am Tattag im Juni kam es insgesamt zu drei Polizeieinsätzen beim Angeklagten am gleichen Tag.
Eskalation bei der Festnahme
Während der Angeklagte sich laut den beiden Schramberger Polizisten zunächst bei den ersten zwei Einsätzen kooperativ gezeigt habe, hätten die Beamten ihn beim dritten Einsatz schließlich aufgrund von Alkoholisiertheit und Drogeninduzierung in Gewahrsam nehmen wollen. Beim Einstieg in den Polizeiwagen, habe der Schramberger Angeklagte dann unvermittelt gegen die Tür des Wagens getreten, die Beamten bespuckt und versuchte während der Fahrt ins Revier dem benachbart auf dem Rücksitz sitzenden Polizeibeamten Kopfnüsse zu verteilen sowie bedrohte diesen. So schildert es ein 23-jähriger Polizeibeamter, der damals im Schramberger Revier tätig war.
Außerdem soll er die Polizisten etwa „Wixer“, „Scheißbulle“ und dem jüngeren der beiden Beamten soll er mit „Ich mach dich fertig, Alter!“ gedroht haben. Der jüngere der beiden Beamten verletzte sich beim Einsatz am Ellenbogen ,als er aufgrund der Tätlichkeiten des Angeklagten damit an einen Eisenrahmen im Fahrzeug stieß. Die Verletzung verheilte innerhalb einer Woche.
Der Angeklagte mit seiner Stuttgarter Pflichtverteidigerin Nadja Müller zeigte sich in einer Stellungnahme zu Beginn des Prozesses geständig bezüglich des Vorwurfs der beiden Polizisten. Der Angeklagte entschuldigte sich und führte an, dass er wie es auch bei der Polizei belegt worden sei 1,92 Promille gehabt habe und Amphetamine eingenommen habe. Er entschuldigte sich auch noch einmal ganz persönlich, im Anschluss an die Vernehmung des jüngeren der beiden Polizeibeamten, den er zusätzlich auch bedroht hatte.
Der ältere der beiden Polizeibeamten, die als Zeugen auftraten, schilderte, dass der Angeklagte ihnen bereits bekannt gewesen sei, da es öfters Einsätze in der Straße „Beim Meierhof“ gebe. Deshalb gehe der 39-jährige Polizist davon aus, dass der Angeklagte trotz ermittelter 1,92 Promille und einer Drogeninduzierung zurechnungsfähig gewesen sei.
Straffällig nach Tod der Mutter
Müller versuchte zudem das Handeln des Angeklagten dem Amtsrichter gegenüber plausibel zu machen und teilte in ihrem Schlussplädoyer mit, dass der Angeklagte schwer unter dem Tod seiner Mutter 2022 gelitten habe, in der Folge gar obdachlos und auch erst in dieser Zeit straffällig mittels Beleidigungen geworden sei.
Zudem gab die Verteidigerin an, dass der Angeklagte schon lange Drogen konsumiere. Seien es in den 90er-Jahren harte Drogen wie Heroin gewesen, habe er in den vergangenen beiden Jahren neben Alkohol nur noch Amphetamine und Cannabis konsumiert, sei also auf weniger gefährliche Drogen umgestiegen. Zudem sei er seit rund zwei Monaten clean, indem er weder Alkohol noch andere Drogen genommen habe. Außerdem gehe er, in der JVA Rottenburg eine Ersatzfreiheitsstrafe wegen nicht gezahlter Geldstrafen absitzend, einer Arbeitstherapie auf einem Bauernhof nach. Müller forderte eine Geldstrafe für den Angeklagten in Höhe von 120 Tagessätzen je 20 Euro ein.
Amtsrichter Christian Frecot verurteilte den Angeklagten schließlich zu einer Haftstrafe von vier Monaten auf Bewährung, was auch Staatsanwalt Benjamin Esenwein angeregt hatte. Zudem legte Frecot fest, dass er drei Termine bei der Suchtberatung wahrnehmen müsse. Außerdem legte das Gericht ihm 80 Sozialstunden auf, die er aber in eine Geldstrafe umwandeln könne, sofern er wieder ein umfangreicheres Arbeitsverhältnis aufnehmen sollte.
Vorwürfe der Ex nicht nachweisbar
Neben des Vorfalls beim Nachbarn des Angeklagten ließ sich der Vorwurf einer 43-jährigen Exfreundin aus Seedorf von Handgreiflichkeiten gegenüber ihr ebenfalls nicht nachweisen und das Gericht betonte, dass im Zweifel eine Freisprache des Angeklagten in diesem Punkt erfolgen müsse, wie es Verteidigerin Müller bereits beantragt hatte.
Die Zeugenaussagen der Exfreundin als auch der 73-jährigen Mutter der Exfreundin wiesen eine Menge an Unterschieden auf. So ging die Mutter der Ex-Freundin in ihrer Zeugenaussage bei einer Tätlichkeit etwa von einer großen Ohrfeige mit Ausholen durch den Angeklagten aus, während die Exfreundin von mehreren kleineren Ohrfeigen sprach. Beide wollten den Vorgang gesehen haben. Während die Ex-Freundin von lediglich inneren Verletzungen an ihrem Zahnfleisch sprach, die sie erlitten habe, schilderte die Mutter dass ihre Tochter eine verletzte Lippe gehabt habe.
Mysteriöse WhatsApp-Drohungen
Während die Staatsanwaltschaft die Mutter der Exfreundin für eine glaubwürdigere Zeugin hielt als die Exfreundin selbst und anders als das Gericht es anregte, diesen Anklagevorwurf nicht fallen ließ, entschied das Gericht den Angeklagten bezüglich diesem Vorwurf freizusprechen. Denn es sei auch unklar, welche Rolle die Ex-Freundin genau spielte bei der Tätlichkeit – sie gab nämlich zu, dass T-Shirt des Angeklagten zerrissen zu haben und diesen bespuckt zu haben, eine zeitliche Einordnung ob dies vor seinen Ohrfeigen oder danach geschah misslang.
Eine Rolle spielte dabei auch, dass weitere Aussagen der Ex-Freundin wie die Angabe, dass der Angeklagte ihr auf WhatsApp gedroht habe sie und ihre Katze umzubringen, sich trotz damaligen Aufsuchen der Polizeidienststelle nicht in den Polizeiakten befanden. Zwar habe die Ex-Freundin die Polizeiwache aufgesucht, dort seien entsprechende Protokolle aber anders als von der Ex-Freundin und Zeugin geschildert, nicht aufgenommen worden.