Gut 100 Besucher kamen zum Vortrag von Peter Hensinger von der Umweltorganisation Diagnose Funk ins Sportheim des SV Waldmössingen. Foto: Herzog

Der Vortrag zum Thema Mobilfunk zeigte: ohne Kompromisse wird es auch beim Aufstellen des neuen Mastens wohl keine Lösung geben mit der alle zufrieden sind.

Gut 100 Besucher, knapp die Hälfte von auswärts, waren zur Infoveranstaltung mit Peter Hensinger, Vorstand der Umweltorganisation Diagnose Funk, zum Thema „Gesundheitsrisiko durch Mobilfunk und 5G“ ins Sportheim des SV Waldmössingen gekommen. Hierzu hatten die betroffenen Anlieger des in der Nähe der Kastellhalle geplanten Mobilfunksendemastes eingeladen. Der Redner stützte sich in seinem Vortrag auf eine Vielzahl von Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen. Sie alle wiesen ein Gesundheitsrisiko und Auswirkungen wie Schlafstörungen, Gelenk-Herz-Kreislaufbeschwerden und Depressionen bei Langzeitbelastung auf.

 

Angeführte Studien

Einer Ärzte-Studie zufolge verdoppelte sich die Anzahl von Krebsfällen im Umkreis von 400 Metern zu Sendeanlagen zwischen 1994 und 2004 und verdreifachte sich von 1999 bis 2004. Auch der Technikfolgenbericht des Bundestags von 2023 dokumentiert über 60 wissenschaftliche Studien, die Gefahren von Mobilfunkstrahlung explizit aufzeigen. All die Risiken würden weit unterhalb der Grenzwerte eintreten und die Grenzwerte schützten nicht vor biologischen und athermischen Wirkungen und auch nicht Alte, Kranke und Kinder.

„Die Grenzwerte schützen die Industrie und sind Ersatz-Haftpflichtversicherung der Betreiber“, verdeutlichte Hensinger, dessen Fazit lautete: „Es besteht Handlungsbedarf. Nicht nur alle Kriterien von Vorsorge sind erfüllt, sondern bereits schon von Gefahrenabwehr“.

Durch die Vergabe von Lizenzen versuche jeder Netzbetreiber seine Masten aufzurüsten. Die Realität zeige, dass viele Netze kreuz und quer funkten. Dies müsse verhindert werden. Wenn nur ein Netz für alle bestünde, könnte die Strahlenbelastung um ein Tausendfaches reduziert werden.

Peter Hensinger Foto: Herzog

Ein Mobilfunknetz mittels Kleinzellen würde deutlich weniger Strahlung verursachen, sei aber nur in größeren Städten eine Lösung und auf dem Land zu teuer und unwirtschaftlich für die Betreiber.

Empfehlungen für den Alltag

Der Experte warnte davor, Handys in der Hosentasche zu tragen. Um die Jahrtausendwende habe die Bevölkerung die Masten verhindern wollen, nun seien sie aber da und der Zwang vorhanden, weil viel digitalisiert werde. Um in diesem Teufelskreis unbeschwert leben zu können, müsse ein Baubiologe aufgesucht werden. Mit relativ wenig Geld könne die Wohnung von Strahlung durch Sendemasten abgeschirmt werden. „Telefonieren mit Lichttechnologie wäre eine echte Alternative und ein Fortschritt. Denn Kabel sind sicherer und haben keine Strahlung“, bekräftigte Hensinger.

In der sich anschließenden Diskussionsrunde beantwortete Hensinger viele Zuhörerfragen, in denen auch Ängste und Sorgen mitschwangen. Man müsse mit der Mobilfunk-Technologie leben, so der Vortragsredner. Die Bundesregierung wolle dem Mobilfunk eine überragende Bedeutung beimessen und mit einem Beschleunigungspakt von allem freistellen. Aber noch könnten die Kommunen mitbestimmen. Mit einem Mast sei das nicht gelöst, die anderen Netzbetreiber würden kommen. „Eine Gemeinde kann den Mast zwar nicht verhindern, aber der Betreiber muss ihn dort hinstellen, wo die Kommune einen Standort anbietet. Jeder Bürger kann von der Baurechtsbehörde Auskunft erhalten, wo 5G aufgerüstet werden soll“, informierte der Diagnose Funk Vorstand.

Stimmen aus Ortschaftsrat

Ortschaftsrat Adrian Schmid urteilte, nachdem nun verschiedene Experten ihre Sichtweise dargestellt hätten, könne man sich ein breites Bild von dem Thema machen. Fakt sei, dass der Deutsche Telekom ein Standort zugesagt worden sei und sie die Genehmigung für die Aufstellung eines Mobilfunkmastes bekommen werde. Er habe jedoch das Gefühl, dass es nun zu spät sei, um daran noch etwas zu ändern. „Welche Möglichkeiten haben wir, den Mast zu verhindern und gibt es eine andere Technologie, auf die wir setzen könnten?“, wollte Schmid wissen.

Hensinger zufolge hat die Gemeinde die Möglichkeit, sofern die Telekom noch keinen Bauantrag gestellt hat, den bisherigen Standort von einem Gutachter überprüfen zu lassen. Der Betreiber müsse dann mit der Umsetzung warten, bis ein Gegenvorschlag auf dem Tisch liege. Die Telekom werde diesen ablehnen und so gehe das Ganze hin und her. „Die Gemeinde hat das Recht, ein Dialogverfahren zu eröffnen. Das muss aber der Gemeinderat von Schramberg veranlassen, der Ortschaftsrat kann nur empfehlen“, schilderte Hensinger und widersprach der Meinung von Ortsvorsteher Reiner Ullrich, der Mast sei verfahrensfrei. Rat Udo Moser blickte in die Runde und stellte nüchtern fest: „Von den Jüngeren ist heute niemand da. Die juckt das Thema nicht. Die wollen besseren Mobilfunk und streamen“.

Hensinger gab Moser Recht. Es stelle sich die Frage, wie man mit Bedürfnissen umgehe. „Telefonieren ist ein Muss, aber streamen ist unnötig. Ganz viele Jugendliche sind leider handysüchtig, die Kliniken sind voll von ihnen. Die Jugend hat ein Hobby, das umweltschädlich ist. Da habe ich keine Lösung für sie“, bedauerte der Referent.