Der deutsche Sauna-Bund reagiert auf das seit November vorigen Jahres geltende Selbstbestimmungsgesetz mit einem Leitfaden. Darin finden sich Empfehlungen zum Umgang mit dem neuen Gesetz. Kritik hagelt es daraufhin von LGBTQ-Aktivisten.
Seit November vergangenen Jahres gilt in Deutschland das Selbstbestimmungsgesetz. Dieses soll es trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen leichter machen, ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen ändern zu lassen.
Zuvor hatte in Deutschland das Transsexuellengesetz von 1980 gegolten, wonach für die Änderung des Geschlechts unter anderem eine gerichtliche Entscheidung und zwei Sachverständigengutachten notwendig waren. Ein teurer, psychisch anstrengender und zeitaufwendiger Prozess. Unter der neuen Gesetzeslage können Transmenschen ihren Geschlechtseintrag und ihren Namen unkompliziert bei jedem Standesamt innerhalb von wenigen Monaten ändern.
Doch wie wird in der Praxis mit der neuen Regelung umgegangen? Ein Beispiel für Kritik an dem Gesetz lieferte bereits 2023 der Deutsche Sauna-Bund, laut eigener Angabe der weltgrößte Verband der Saunabranche. Dieser hatte als Reaktion auf den ersten Entwurf bereits in einer Stellungnahme Kritik am Selbstbestimmungsgesetz geübt und gefordert, dass insbesondere „die seit Jahrzehnten etablierte Frauensauna auch weiterhin als exklusiv geschützter Bereich biologischen Frauen (Cis Frauen) erhalten bleibt“.
Sauna-Bund legt Leitfaden zum Selbstbestimmungsgesetz vor
In seiner Stellungnahme empfahl der Sauna-Bund schon damals, dass Saunabetreiber die Teilnahme an der Frauensauna vom primären Geschlechtsmerkmal abhängig und notfalls von ihrem Hausrecht Gebrauch machen sollten. Eine Zugangsverweigerung stelle auch keine Diskriminierung dar, da Sachgründe – viele Frauen zögen demnach die Frauensauna aus verschiedensten Gründen als Schutzbereich vor – für eine Ungleichbehandlung existieren würden.
Ende des vergangenen Jahres, am 27. Dezember, veröffentlichte der Sauna-Bund nun einen Leitfaden für Saunabetreiber zum frisch in Kraft getretenen Selbstbestimmungsgesetz. Dieser bezieht sich auf das Zutrittsrecht in geschlechtsspezifische Bereiche, insbesondere auch die Frauensauna, und besagt, dort seien „nur Personen berechtigt, deren primäre Geschlechtsmerkmale entsprechend sind. Der Eintrag des Geschlechts beim Standesamt und/oder im Reisepass sind nicht entscheidend.“
Der Interessenverband rät in seinem Leitfaden zu „Sichtkontrollen“ an der Kasse und, im Zweifel, Nachfrage und Verlangen der Vorlage des Geschlechtseintrags. Sollte ein „unberechtigter“ Zutritt erst im Nachhinein auffallen oder ein Hinweis durch andere Gäste erfolgen, dürfe der Betreiber von seinem Hausrecht Gebrauch machen und die entsprechende Person nach Erstatten des Eintrittspreises der Sauna verweisen.
Freiwilliger Geschlechtsnachweis oder Rauswurf?
Demnach könne der Gast freiwillig „sein primäres Geschlechtsmerkmal nachweisen, um Missverständnisse auszuräumen“. Die Polizei sei zudem anzufordern, sollte ein Gast sich weigern, die Sauna freiwillig zu verlassen.
Auf harsche Kritik musste der Leitfaden des Sauna-Bundes nicht lange warten. Die Aktivistin Julia Monro in Vertretung des Bürgerrechtsverband LSVD+ – Verband Queere Vielfalt hielt hielt sich in ihrer Reaktion nicht zurück. Der Sauna-Bund sei demnach schon zuvor im Gesetzgebungsverfahren mit irritierenden Stellungnahmen aufgefallen und die angeregte Debatte könne, kritisiert Monro, nur zu einer Spaltung in der Gesellschaft führen.
„Der Leitfaden stellt trans* Menschen unter einen Generalverdacht“, so Monro weiter, „und zementiert Vorstellungen von Rollenbildern, wie Menschen geschlechtsspezifisch auszusehen haben.“ Sauna-Personal und Besucher würden demnach in ein ethisches Dilemma gedrängt. Zudem könnte die Regelung auch cis-Personen, also all jene, die nicht trans-, intergeschlechtlich und nichtbinär sind, treffen. Beispielsweise maskulin aussehende Frauen, die nicht den heteronormativen Vorstellungen des Personals entsprechen, könnten demnach ebenfalls unter dem Leitfaden leiden.
Queerer Verband übt harte Kritik am Leitfaden
Monro unterstellt dem Sauna-Bund zudem, diese Probleme als Teil eines Kulturkampfes gezielt mit zu konstruieren, um Minderheiten die Schuld für gesellschaftliche Spaltung zu geben. Laut Monro habe der Sauna-Bund in den mehr als 40 Jahren, in denen in Deutschland das Transsexuellengesetz galt, nie den Grund gesehen hatte, derartige Zugangsregelungen zu verfassen.
„Das Selbstbestimmungsgesetz hat nichts anderes zum Ergebnis als das TSG: ein neuer Vorname und ein neuer Geschlechtseintrag, die der Geschlechtsidentität entsprechen“, schreibt Monro. Lediglich der Prozess sei vereinfacht worden.
Vergleich zu „bathroom bills“ in den USA
Monro zieht Vergleiche zu den sogenannten „bathroom bills“, die in den Vereinigten Staaten bereits seit einigen Jahren zu kulturkämpferischen Diskussionen führen. Diese Regelungen werden genutzt, um gegen Transmenschen gezielt, unter dem Vorwand des Schutzes von Frauen oder Kindern, Politik und Meinungsmache zu betreiben.
„Diese erste deutsche Bathroom Bill darf nicht zu einer politischen Hetzjagd gegen trans* Personen wie in den USA werden“, so Monro, „Wir appellieren an Politik und Gesellschaft, der Verantwortung nachzukommen, Minderheiten zu schützen.“ Dabei verweist sie auf die immer steigende Zahl von Hasskriminalität auf queere Menschen, die zeige, „dass wir Schutz für Minderheiten brauchen. Die Mehrheitsgesellschaft muss nicht vor trans* Menschen geschützt werden.“