Oberbürgermeister, beide Bürgermeister und die Fraktionschefs des Lahrer Gemeinderats distanzieren sich von Christine Amann-Vogt. Die Lahrer AfD spricht von einer „Kampagne“.
Die AfD-Fraktionsvorsitzende hatte, wie berichtet, am 20. Januar einen Beitrag auf Facebook gepostet, in dem sie Deutschland einen „absaufenden schwarz/rot/goldenen Kahn“ nannte. Sie schrieb, dass die Heizer „mit den Knöcheln bereits im Wasser stehen und jemanden fürs Ruder suchen, ohne Kompass und ohne Wind in den Segeln“. Außerdem beklagte sie, dass der Kahn von „blau/gelbem Kriegsungeziefer angenagt“ werde. Gelb und Blau sind die Farben der ukrainischen Flagge.
Amann-Vogt erklärte gegenüber unserer Redaktion, dass sie nichts gegen ukrainische Flüchtlinge habe, die an der Stelle auch nicht gemeint gewesen seien. Vielmehr habe sich die Kritik gegen „Selenskyj und Co.“ gerichtet. Die Staatsanwaltschaft Offenburg überprüft den Sachverhalt zurzeit auf strafrechtliche Relevanz.
Amann-Vogt habe Menschen aus Ukraine massiv verunglimpft
Die Stadtverwaltung und alle Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats – mit Ausnahme der AfD – kritisieren Amann-Vogt in einer gemeinsamen Stellungnahme scharf. Der Post sei „in Inhalt und Wortwahl verstörend und inakzeptabel“, heißt es in der Mitteilung von Freitagvormittag. Die Bezeichnung von Menschen als Ungeziefer bediene sich einer Rhetorik aus der Zeit des Nationalsozialismus, die in rechtsextremen Kreisen weiter gepflegt werde. Ob Amann-Vogt nun diejenigen Ukrainer, die vor dem russischen Angriffskrieg geflüchtet sind, gemeint haben möchte oder jene, die sich gegen die militärische Aggression Russlands aktiv zur Wehr setzen, mache in der Sache keinen Unterschied.
Lahr stehe für Toleranz, Respekt und Menschenwürde. Sie pflege eine Solidaritätspartnerschaft mit der ukrainischen Stadt Kalusch, wesentlich getragen von dem Lahrer Verein Gemeinsam Europa, der mit seinem Engagement die überwältigende Hilfsbereitschaft der Lahrer Bürger für die Ukraine koordiniere. Rund 850 Menschen aus der Ukraine finden aktuell in Lahr Zuflucht, Schutz und möglicherweise eine neue Heimat, heißt es weiter.
Die Rolle als Stadträtin verlange Mäßigung und die Bereitschaft, für alle Bürger einzustehen. Mit ihren Äußerungen habe Amann-Vogt die Menschen aus der Ukraine massiv verunglimpft und gegen die nötigen Tugenden einer Mandatsträgerin verstoßen.
Christine Amann-Vogt wird aufgefordert, sich im Rat glaubhaft zu entschuldigen
Der Vorgang sei geeignet, das Ansehen des Gemeinderats und der Stadt zu beschädigen. „Wir begrüßen, dass die Staatsanwaltschaft Offenburg den Sachverhalt bereits auf strafrechtliche Relevanz überprüft“, heißt es weiter. Von Amann-Vogt erwarte man in der nächsten öffentlichen Sitzung des Rats eine glaubhafte Entschuldigung, die bislang ausgeblieben sei. Unterzeichnet ist das Statement von den Fraktionsvorsitzenden sowie OB Markus Ibert und den Bürgermeistern Guido Schöneboom und Tilman Petters.
Bereits am Freitagmorgen hatte der AfD-Stadtverband Lahr in einer Pressemitteilung von einer böswilligen Unterstellung gegen seine Fraktionsvorsitzende gesprochen. Niemand, der Amann-Vogt kenne und ihren Facebook-Post nicht für Wahlkampfzwecke instrumentalisiere, halte es für möglich, dass sie den Begriff „Ungeziefer“ auf ukrainische Flüchtlinge bezogen habe, wird Sven Haller, stellvertretender Sprecher des Stadtverbandes und der Gemeinderatsfraktion, zitiert.
Amann-Vogt sei von der böswilligen Unterstellung und der „Kampagne“ tief getroffen und befinde sich seit Wochenbeginn in medizinischer Behandlung, heißt es in der Mitteilung weiter. „Dieser Krieg ist ein Verbrechen gegen das ukrainische Volk“, sagt Haller zur Perspektive des Stadtverbands auf den Ukrainekrieg. Es sei ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg der Russischen Föderation.