Simon Schiller aus Ettenheim ist Redner und ermutigt Menschen dazu, ihre Komfortzone zu verlassen. Im Gespräch erklärt er, was es braucht, um vor Publikum sprechen zu können und weshalb jeder das Zeug dazu hat, auf der Bühne zu stehen.
Wenn Simon Schiller auf der Bühne steht, herrscht im Publikum Stille. Nicht, weil sich seine Zuhörer langweilen – im Gegenteil: Sie hängen ihm an den Lippen. Denn der Ettenheimer ist Redner und ermutigt Menschen durch seine Vorträge, über sich hinauszuwachsen. Unter Beweis stellte Schiller seine Redekunst im März beim internationalen „Speaker-Slam“ in Niedernhausen, bei dem 230 Teilnehmer aus 28 Ländern angetreten waren. Für seine Leistung wurde der Ettenheimer mit einem „Exzellenz-Award“ ausgezeichnet und zu einer Experten-Konferenz nach New York eingeladen. Im Juni steigt er in den Flieger.
Herr Schiller, wie haben Sie Ihr Talent als Redner entdeckt?
Ob ich nun wirklich ein Talent als Redner habe, fällt mir selbst schwer, einzuschätzen. Tatsächlich war ich noch nie wirklich introvertiert. Es fällt mir leicht, auf Menschen zuzugehen, um diese kennenzulernen. Ich durfte schon viele spannende Dinge in meinem Leben erleben und habe vielseitige Erfahrungen gemacht, die ich auch gerne an Menschen weitergeben möchte.
Ist das Vortragen reine Übungssache oder braucht man das „gewisse Etwas“?
Ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch eine Geschichte in sich trägt, die es Wert ist, erzählt zu werden. Viele trauen sich jedoch nicht, aufzustehen und darüber zu sprechen. In Niedernhausen bin ich diesen Schritt gegangen und habe etwas komplett Neues ausprobiert. Wie man das macht und wie man sich auf einen Bühnenauftritt vorbereitet, kann man lernen. Ich selbst hatte vor meinem Auftritt einige sehr erfahrene Lehrer und Mentoren. Als erste Voraussetzung sehe ich aber die eigene Entscheidung, diesen Schritt in die Sichtbarkeit gehen zu wollen. Man benötigt lediglich den Mut, mit Applaus, aber auch mit Ablehnung umgehen zu können.
Sie mussten sich gegen 230 Teilnehmer durchsetzen. Was braucht es als Redner, um aus der Masse herauszustechen?
Zwei Tage vor meinem Auftritt durfte ich bereits bei einem „Silent Speaker Battle“ mit vier anderen Sprechern gleichzeitig auf der Bühne stehen und über mein Thema sprechen. Die Zuschauer hatten dabei Kopfhörer auf und eine Art Fernbedienung in der Hand, mit der sie zwischen den einzelnen Kanälen und Rednern wählen und wechseln konnten. Je nachdem, welcher Redner empfangen wurde, änderte sich die Farbe an den Kopfhörern. In meiner Runde zeigten die Kopfhörer der Zuschauer überwiegend die Farbe meines Kanals, was mir signalisierte, dass ich die meisten Zuhörer hatte. Ich glaube daher, dass ich mit meinem Thema des Überwindens von inneren Hürden und des Schweinehundes wohl ein Thema hatte, was auf großes Interesse stieß, weil vielleicht jeder schon mal ähnliche Erfahrungen gemacht hat.
Wieso war es Ihnen wichtig, darüber zu sprechen?
Es ist ein ganz persönliches Thema. Mein Vater starb 2009 völlig unerwartet im Alter von 68 Jahren. Es war für die ganze Familie ein großer Schock, den ich lange nicht wirklich verarbeitet hatte. Seine Gesundheit litt darunter, dass er viel Stress, wenig bis kein Sport trieb und kaum Zeit für sich selbst hatte. Vor neun Jahren war ich in einer ähnlichen Situation. Meine drei Kinder waren noch klein, der Job stressig und am Ende des Tages war keine Zeit für Sport oder Ausgleich. Mein Arzt wies mich darauf hin, dass ich gesundheitlich auf dem besten Weg war, dem Schicksal meines Vaters zu folgen. So traf ich für mich die Entscheidung, einen anderen Weg gehen zu wollen. Da ich tagsüber und abends keine Zeit hatte, begann ich, um 5 Uhr morgens laufen zu gehen. Das war am Anfang nicht leicht und bedeutet heute manchmal auch noch eine gewisse Überwindung. Ich fand jedoch Methoden und Tricks, um den allbekannten inneren Schweinehund zu besiegen. Zwischenzeitlich bin ich über 1400 Mal erfolgreich gewesen und habe mehr als 16 600 Kilometer an Laufstrecke zurückgelegt.
Befinden Sie sich auch auf der Bühne außerhalb Ihrer Komfortzone oder spielt Lampenfieber keine Rolle?
Lampenfieber ist definitiv immer da, womit ich aber relativ gut umgehen kann. Atemübungen und Meditation können da echte Wunder bewirken.
Durch Ihre Leistung wurden Sie nun nach New York zu einer Experten-Konferenz eingeladen. Was erwartet Sie dort?
Das weiß ich noch gar nicht so genau. Aber alleine die Tatsache, nun doch recht unerwartet erneut nach New York zu kommen, nachdem ich im vergangenen November zum ersten Mal wegen dem Marathon dort war, hat mich schon umgehauen.
Welchen Ratschlag würden Sie denjenigen geben, die Schwierigkeiten haben, vor Menschenmengen zu sprechen?
Das ist eine sehr gute Frage. Ich glaube, dass ich empfehlen würde, sich der eigenen Angst einmal zu stellen, um die negativen Glaubenssätze, die einem Angst bereiten, ins Gegenteil umwandeln zu können. Ich habe die eigene Erfahrung gemacht, dass es ein unglaubliches Glücksgefühl in mir auslöst, wenn ich über meine Komfortzone hinausgehe und mich an Dinge wage, die ich vorher noch als unmöglich abgetan hatte.
Info – Zur Person
Simon Schiller wurde 1974 geboren und wuchs in Rust auf. Im Jahr 2022 gründete er die Autarkom GmbH und lebt heute mit seiner Frau und drei Töchtern in Ettenheim. Seine Freizeit verbringt er gerne in der Natur.