Das liebe Geld: OB Broß sieht sich mit Vorhaltungen der BI "Neckarburg ohne Gefängnis" konfrontiert. Foto: Büttner/Schnekenburger

Das liebe Geld: OB Ralf Broß sieht sich mit Vorhaltungen der Bürgerinitiative "Neckarburg ohne Gefängnis" konfrontiert.

Rottweil - Vertreter der Bürgerinitiative "Neckarburg ohne Gefängnis" hegen Zweifel an der Darstellung von Oberbürgermeister Ralf Broß. Demnach soll der OB in einem Treffen geäußert haben, die Stadt Rottweil würde von dem neuen Gefängnis, das nach dem Willen der Stadt und der Landesregierung im Gewann Esch gebaut werden soll, mit jährlich öffentlichen Zuweisungen von 400.000 Euro profitieren.

Die BI-Vertreter Wolfgang Blässing, Dorothea Flad, Martin Ruof und Henning Theobald fordern Broß in einem Schreiben auf, unter anderem konkret zu beantworten, wie hoch die Zuweisungen tatsächlich sein würden.

Zwar trifft sich heute erneut die Begleitgruppe, die unter neutraler Moderation den Bürgerentscheid am 20. September für die geplante JVA in Rottweil vorbereiten soll. Auch ist an diesem Treffen die BI beteiligt und auch ist vorgesehen, im Nachhinein über diese nichtöffentliche Sitzung zu berichten und der Presse Rede und Antwort zu stehen. Doch sucht die BI offensichtlich ganz bewusst im Vorfeld des heutigen Treffens den Weg in die Öffentlichkeit, indem sie das Schreiben an die Stadtverwaltungsspitze der Presse übermittelt.

Die Botschaft ist klar: Die BI will sich durch die Teilnahme an den Treffen der Begleitgruppe nicht den Mund verbieten lassen und sie will den Druck auf die Stadt erhöhen.

Die vier Unterzeichner kommen auf die Sitzung der Begleitgruppe zum Bürgerentscheid am 5. August zu sprechen. Dort soll OB Broß gesagt haben, dass der Stadt Rottweil im Falle der Errichtung einer neuen Justizvollzugsanstalt mit 400 Haftplätzen 400.000 Euro verbleiben würden. "Diese Berechnung ist nicht nachvollziehbar, wenn man sie mit anderen öffentlich gemachten Informationen vergleicht", so die Vertreter der BI. Sie berufen sich zum einen auf Aussagen des verstorbenen Finanzbürgermeisters Werner Guhl. Dieser habe in der Bürgerversammlung am 6. Juli 2010 gesagt, bei 500 Haftplätzen erhalte die Stadt einen Betrag zwischen 250 000 und 400.000 Euro.

Zum anderen verweist die BI auf eine Informationsbroschüre der Gemeinde Tuningen im Vorfeld des Bürgerentscheids im Jahr 2014. Darin habe gestanden, dass die Gemeinde pro Insasse eine Pauschale erhalten werde, 1100 Euro. Bei 500 Häftlingen würde das eine zusätzliche verlässliche Zuweisung in Höhe von 550 000 Euro bedeuten. Diese Summe müsste gegebenenfalls mit höheren Zahlungen gegengerechnet werden. Im Fünf-Jahres-Mittel sei von 173.000 Euro pro Jahr auszugehen, das entspreche etwa zwei Prozent des Gemeindehaushalts.

Die BI spricht von Diskrepanzen und erwartet, dass der OB "eine realistische Berechnung der zu erwartenden Einnahmen" vorlegt. "Legen Sie alle Faktoren offen, die für die Berechnung der zusätzlichen Einnahmen relevant sind! Sie werden sich vermutlich nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, die Stadt Rottweil mit der Aussicht auf eine JVA im Esch reich zu rechnen", heißt es in dem Schreiben. Folgende Fragen werden formuliert: "Wie viele Strafgefangene werden Bürger von Rottweil sein, wenn die 400 Haftplätze der von Ihnen im Esch gewünschten JVA voll belegt sind? Gibt es dazu verlässliche Statistiken? Wenn ja, wo können wir diese nachprüfen? Welche Zuwendungen wird das Land, bezogen auf den einzelnen, unfreiwilligen Bürger der Stadt Rottweil, jährlich gewähren? Welcher Betrag verbleibt der Stadt Rottweil nach Abzug von Kreisumlage und Finanzausgleich netto im 5-Jahresmittel? Welchen Prozentsatz macht der dem städtischen Haushalt zufließende Betrag im Verhältnis zum Gesamthaushalt aus?" Möglicherweise erhalten die vier bereits heute Antworten darauf. Doch dabei, so ist auszugehen, wird es nicht bleiben.