In der größten Evakuierung, die Indien je erlebt hat, wurden eine Million Menschen in Sicherheit gebracht. Der Riesen-Zyklon „Phailin“ verwüstete die Küstenregion. Für mindestens 18 Menschen kam jede Hilfe zu spät.    

Neu Delhi - Der gigantische Zyklon „Phailin“ hat an der Ostküste Indiens eine Spur der Verwüstung hinterlassen und mindestens 18 Menschen das Leben gekostet. Zuvor waren in der größten Rettungsaktion in der Geschichte Indiens etwa eine Million Menschen in Sicherheit gebracht worden. Als der Wirbelsturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 Stundenkilometern in der Nacht zum Sonntag über die Küste zog, überflutete er Landstriche, warf Lastwagen um und entwurzelte Kokospalmen. 230 000 Häuser seien teilweise oder ganz zerstört worden, berichtete das Katastrophenmanagement.

Viele Menschen in Indien hatten im Vorfeld sogar noch höhere Opferzahlen befürchtet. Vor 14 Jahren waren nämlich bei einem sogenannten Super-Zyklon in der selben Region etwa 15.000 Menschen ums Leben gekommen. „Diesmal hatten wir die Situation besser im Griff“, sagte der Parlamentsabgeordnete Jay Panda dem indischen Nachrichtensender CNN-IBN. Auch der Regierungschef des betroffenen Bundesstaates Orissa, Navin Pattnaik, sagte: „Ich denke, wir waren erfolgreich, den Verlust kostbarer Leben zu minimieren.“

Zehn Millionen Menschen betroffen

Insgesamt waren nach Behördenangaben mehr als zehn Millionen Menschen durch „Phailin“ betroffen. Riesige Anbauflächen mit Reis, Zuckerpflanzen und Bananenbäumen seien zerstört worden, erste Schätzungen gehen von mehr als 400.000 Hektar aus. Das Meer drückte einige hundert Meter ins Inland. Laut dem Online-Wetterdienst „Wunderground“ traf der Zyklon in einer höher gelegenen Region auf Land als der Zyklon von 1999 - die Überflutungen waren deshalb weniger großflächig. Außerdem erreichte der Sturm während einer Ebbe die Küste.

Die Küstenbewohner verbrachten die Nacht zum Großteil in Schutzunterkünften oder anderen stabilen Gebäuden. Sie sahen Fenster zersplittern und Gebäudeteile herumfliegen, der Wind heulte die ganze Nacht, so dass an Schlaf oft nicht zu denken war. „Sogar hinter verschlossenen Türen fühlt es sich an, als sei man auf einer Landebahn“, schrieb @roshnimo im Kurznachrichtendienst Twitter. Und @rahulkanwal meinte: „Im Auge des Sturms weht der Wind in alle Richtungen. ... Als würden die Windgötter verrückt spielen.“

Rund 900.000 Menschen wurden im Bundesstaat Orissa in Sicherheit gebracht, etwa 100.000 weitere im Nachbarstaat Andhra Pradesh. Damit sei es die größte Evakuierung, die Indien je gesehen habe, sagte Tripti Parule von der Nationalen Katastrophenbehörde der Nachrichtenagentur dpa. 18 Fischer, die zunächst als vermisst galten, fanden ihren Weg zurück in den Hafen.

Flughäfen und Bahnhöfe geschlossen

An der Küste dringen die Rettungs- und Hilfskräfte nur langsam in die am stärksten betroffene Region rund um Gopalpur vor. Sie räumten Straßen frei und versuchten, Strom- und Telefonleitungen wieder herzustellen. Auch Ärzte und Medikamente wurden in die betroffene Region entsandt sowie Tausende Essenspakete bereitgestellt. Die Armeehelikopter konnten wegen der anhaltend starken Winde aber am Sonntag zunächst nicht starten. Alle Flughäfen und Bahnhöfe in der Region blieben weiter geschlossen.

„Wir wären getötet worden, wenn wir uns nicht in die Schutzunterkünfte geflüchtet hätten“, sagte ein Dorfbewohner dem Nachrichtensender NDTV vor seinem Lehmhaus, das durch den Sturm zerstört wurde. „Wir haben unser Zuhause verloren, alles im Inneren ist ruiniert. Wir müssen wieder von Null anfangen.“

Der Sturm zog im Verlauf des Sonntags einige hundert Kilometer nordwestwärts ins Inland und schwächte sich dort langsam ab. Trotzdem brachte er dort weitflächige Starkregen, die noch bis Montag andauern sollten. Für den Bundesstaat Bihar wurden Flutwarnungen ausgegeben.

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