Der Bahnübergang zwischen dem Industriegebiet Heiligenfeld und Talheim sorgte in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen. Foto: Gezener

Im Auftrag des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe haben zu Wochenbeginn die Arbeiten zur Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs zwischen Horb und Talheim begonnen.

Horb-Talheim - Im Zuge der Maßnahme wird der aktuelle Bahnübergang durch eine Straßenbrücke über die Bahngleise ersetzt werden. "Dadurch wird die Verkehrssicherheit im Bereich des Bahnübergangs verbessert", heißt es vom RP Karlsruhe. Die Brücke soll dem RP Karlsruhe zufolge voraussichtlich Ende 2022 oder Anfang 2023 fertiggestellt sein. "Bis zur Fertigstellung der Brücke finden die Arbeiten außerhalb des Verkehrsraums statt. Somit ist in dieser Zeit nur mit geringen Einschränkungen für die Verkehrsteilnehmer auf Grund des Baustellenverkehrs zu rechnen", teilt das RP Karlsruhe mit.

 

Der gefährliche Bahnübergang zwischen dem Industriegebiet Heiligenfeld und Talheim hatte in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer wieder für Schlagzeilen gesorgt.

Tödlicher Unfall am 31. Mai 1997

Zu einem tödlichen Unfall war es vor ziemlich genau 25 Jahren gekommen: Am 31. Mai 1997kollidierte der zum Unfallzeitpunkt 18-jährige Timo Gfrörer am Bahnübergang Talheim mit einem Zug. Gfrörer fuhr an jenem Tag von Horb kommend in Richtung Talheim. Er war gerade auf dem Weg zu seiner Freundin nach Haiterbach. Die beiden wollten gemeinsam mit anderen Freunden in Herrenberg zu feiern und ein schönes Wochenende miteinander verbringen. Doch am Talheimer Bahnübergang übersah er das Blinklicht. Ein Zug erfasste den Geländewagen, schleifte das Fahrzeug etwa 170 Meter weit mit. Das Fahrzeug: völlig zertrümmert. Mit einem Rettungshubschrauber wurde Gfrörer nach Tübingen geflogen und lag mehr als ein halbes Jahr lang im Koma. Am 7. Januar 1998 verstarb er.

Unfall mit acht Verletzten am 10. September 2015

Am 10. September 2015 gab es am Bahnübergang zwischen Horb und Talheim auch einen schweren Unfall: Ein Lkw-Fahrer übersah die rote Warnlampe und stieß mit dem Zug zusammen. Die Folge: acht Verletzte. Bei diesem Unfall wurde auch die Sicherungsanlage am Bahnübergang komplett zerstört. Anstatt die automatische Anlage zu reparieren, wurde der Bahnübergang per Hand gesichert. Tag für Tag wurde der Streckenposten an der gefährlichen Kreuzung von Schiene und Straße per Hand gesperrt – erst mit einem Flatterband, später mit einer handbetriebenen Ampel. Der Handbetrieb war von der Eisenbahn-Untersuchungsstelle des Bundes als "risikobehaftet" kritisiert worden. Erst im Herbst 2016, also gut ein Jahr nach dem schweren Unfall vom 10. September 2015, waren die automatischen Schranken am Talheimer Bahnübergang wieder repariert.

Hermann Walz kämpfte jahrelang für die Überbrückung des Bahnübergangs

Immer wieder wurde die Beseitigung des Schienenübergangs zwischen dem Industriegebiet Heiligenfeld und Talheim hinausgezögert worden, wofür das Land stark kritisiert wurde. Kritik übte unter anderem Hermann Walz, ULH-Fraktionschef im Gemeinderat und Ortschaftsrat von Talheim. Walz war immer einer der Kämpfer für die Überbrückung des gefährlichen Bahnübergangs.

Heute ist Hermann Walz froh, dass es "nun endlich" vorangeht. "Der lange Kampf führte zum Erfolg. Mir war es ein Herzensanliegen, jetzt hat man es nun endlich hinbekommen. Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer geht vor", sagt Walz im Gespräch mit unserer Redaktion. Ausschlaggebend dafür, dass die Politik in Bewegung gekommen ist, war aus Walz’ Sicht der Lkw-Unfall vom 10. September 2015. Seither sei es am gefährlichen Bahnübergang auch immer wieder zu "brenzligen Situationen gekommen", von denen Walz mitbekommen habe – auch wenn er selbst nie direkt beteiligt gewesen sei. Walz: "Ein Unding, dass man es heutzutage so was überhaupt noch vorfindet."

Aus Walz Sicht starten die Arbeiten zwar vier Jahre zu spät: "Es hätte eigentlich schon 2018 kommen sollen. Ich hatte es auch schon schriftlich vom Landesverkehrsministerium vorliegen." Dennoch blickt Walz nach vorne: "Es ist gut, dass es jetzt gebaut wird." Der Bau der Brücke habe auch "unmittelbar Auswirkungen" auf das Kombiterminal (KVT). "Wenn die Brücke kommt, kann der Zug schneller fahren. Und Gütertransporte können dann auch tagsüber fahren, vorher konnten sie nur nachts fahren."

Erste Überlegungen gab es schon in den 1970er-Jahren

Bereits in den 1970er-Jahren gab es erste Überlegungen zur Beseitigung des Bahnübergangs zwischen Horb und Talheim. "Die Träger öffentlicher Belange kamen schließlich zu dem Ergebnis, dass der Bahnübergang durch eine Straßenüberführung ersetzt werden soll. Somit wurde die entsprechende Planung weiterbetrieben, die Ende 2018 in dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses mündete", heißt es vom RP Karlsruhe. Das Projekt umfasst demnach "die Erstellung eines Überführungsbauwerkes sowie den Ausbau der Landesstraße im angrenzenden Bereich".

Die neue Straßenbrücke werde "als einfeldrige Rahmenbrücke mit vorgespannten Beton-Fertigteilträgern und Ortsbetonergänzung hergestellt". Sie werde sich südwestlich des bestehenden Bahnübergangs befinden "und zukünftig die Landesstraße geradlinig über die Bahngleise führen". Die L 355 soll auf eine Länge von rund 1,2 Kilometern ausgebaut werden. "Hierbei wird die Fahrbahn als Zuführung zum Bauwerk angehoben und mit einer Breite von 7,5 Metern ausgeführt", teilt das RP Karlsruhe mit.