Klimaaktivisten haben Baumstämme nördlich von Tübingen weiß markiert: Die Bäume sollen für den Bau des Schindhaubasistunnels gerodet werden. Foto: Aktivistengruppe Tübingen

„Verkehrswende statt Baum-Ende“ – das ist auf Bannern zu lesen, die Klimaaktivisten in einem Wald nördlich von Tübingen aufgehangen haben.

Klimaaktivisten protestieren in Tübingen weiterhin gegen den Bau des Schindhaubasistunnels: In der Nacht auf Montag markierten sie Bäume, die für den Bau des Tunnels weichen müssen. Darüber informieren die Aktivisten in einer Pressemitteilung. Demnach sei bei der Aktion Löschkalk verwendet worden, der umweltverträglich sei.

 

Protest gegen Bau des Schindhaubasistunnels für B 27

Fahrt aufgenommen hatte die bisher auf die Stadt Tübingen beschränkte Diskussion um den Schindhaubasistunnel im Frühjahr 2025: Von März bis April lagen die Pläne zur Einsicht aus. Wie daraus hervorgeht, hätte die künftige Ortsumfahrung von Tübingen eine Länge von insgesamt 3,5 Kilometern, der Tunnel selbst wäre 2,3 Kilometer lang. Die Kosten werden aktuell auf 470 Millionen Euro geschätzt.

Die Pläne sehen vor, dass die Bundesstraße 27 am südlichen Rand Tübingens (in Fahrtrichtung Stuttgart) nach rechts abweichen und danach durch den Tunnel auf die andere Seite führen. Dort besteht auch Anschluss zur Bundesstraße 28 nach Reutlingen.

B 27 und Regionalstadtbahn sind wichtigste Infrastrukturprojekte

Der Tunnel ist auch im Zusammenhang mit dem vierstreifigen Ausbau der B 27 zwischen Bodelshausen und Nehren zu sehen. Auch dagegen gegen Umweltverbände derzeit gerichtlich vor. Würden beide Projekte realisiert werden, könnte man von Balingen/Hechingen vierstreifig nach Stuttgart fahren, ohne die langwierigen Rückstaus in Bodelshausen und Ofterdingen.

Der Ausbau der B 27 mit Neubau des Tunnels bei Tübingen gilt neben der Regionalstadtbahn als wichtigstes Infrastrukturprojekt in der Region. Während Umweltaktivisten und -verbände auf verschiedenste Art dagegen vorgehen wollen, veröffentlichte die IHK Reutlingen bereits im Jahr 2015 eine Erklärung mit dem Titel: „Uns reicht’s: B 27 jetzt!“ Unterzeichnet wurde diese zum damaligen Zeitpunkt von Hunderten Unternehmensvertretern, insbesondere aus dem Zollernalbkreis.

NABU und BUND klagen gegen B 27-Endelbergtrasse

Im März 2025 bekräftigte die IHK ihre Forderungen von damals: Die IHK beklagte, dass der lahmende Ausbau der Infrastruktur der heimischen Wirtschaft „enorm schadet“. Grund dafür seien nicht nur lange Planungsverfahren, sondern auch „Teile der Öffentlichkeit, die den Nutzen funktionierender Infrastruktur nicht erkennt“ – man kann dies als Seitenhieb gegen die Umweltverbände NABU und BUND lesen, die beide gegen die planfestgestellte B 27-Endelbergtrasse klagen.

„Hier will man offensichtlich keinen Fortschritt“, wetterte IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp. Infrastruktur und eine „erfolgreiche heimische Wirtschaft“ würden „ganz eng zusammen“ hängen, mahnt er an.

Derweil hat eine Gruppe von Klimaaktivisten mitten im Wald beim Französischen Viertel Banner zwischen die Bäume gehängt, auf denen nach eigenen Angaben zu lesen ist: „Verkehrswende statt Baum-Ende“ und „Das kommt hier alles weg!?“.

Befürchtung der Aktivisten: Ausbau bringt mehr Verkehr

„Dass Wald für Schnellstraßen gerodet wird, ist inmitten von Klimakrise und Artensterben absurd und unverantwortlich. Wir fordern den sofortigen Stopp der Planungen zum Schindhaubasistunnel und der Endelbergtrasse“, so Fabia Tömösy-Moussong, eine der Aktivistinnen. Tömösy-Moussong weiter: „Statt weiterem Straßenbau braucht es eine klimagerechte Verkehrswende.“

Die Ausbau-Gegner argumentieren, dass der Aus- und Neubau von Straßen zu mehr Autoverkehr führen wird. In der Pressemitteilung heißt es: „Diesen induzierten Verkehr und dessen klimaschädliche Auswirkungen ignoriert das Regierungspräsidium in der Planung vollständig.“ Darüber hinaus würden Flächen versiegelt.

„Zentraler Bestandteil der regionalen Mobilitätswende“

Aktivist Theo Döllmann appelliert: „Stattdessen brauchen wir dringend ein funktionierendes ÖPNV-Netz in der Region – also mehr Geld für die Regionalstadtbahn.“ Zur regionalen Mobilitätswende sei das Projekt der Regionalstadtbahn ein zentraler Bestandteil.

Banner wie diese haben Aktivisten aufgehängt. Foto: Aktivistengruppe

Lena Mapler fordert, dass die Bundesregierung, „sofort alle Gelder, die in den Aus- und Neubau von Autostraßen fließen, einzufrieren“. Die Aktivistengruppe fordert auch von der Landesregierung, die Genehmigung für den Bau der Endelbergtrasse zurückzuziehen.

B 27-Ausbau wird seit Jahrzehnten gefordert

Der Ausbau der Bundesstraße 27 wird bereits seit Jahrzehnten diskutiert. Vierspurig ist die Straße bisher erst nördlich von Tübingen ausgebaut. Je besser die B 27 ausgebaut ist, desto eher können die Gemeinden und Städte südlich davon ihr wirtschaftliches Potenzial abschöpfen und desto näher rückt Stuttgart.

Der Transport von Waren über die Schiene kann funktionieren, wie man am Steinbruch in Haigerloch-Stetten sieht. Der Güterzug bietet aus logistischen Gründen aber nicht für jede Firma eine logistische Alternative.