Als einer der letzten Helden beim "Wunder von Bern" starb Ottmar Walter im Alter von 89 Jahren in Kaiserslautern. Der ... Foto: dpa

Als einer der letzten Helden beim "Wunder von Bern" starb Ottmar Walter im Alter von 89 Jahren in Kaiserslautern. Der 65-jährige Heinz Flohe, Weltmeister von 1974, war nach drei Jahren im Wachkoma in Euskirchen friedlich eingeschlafen.

Berlin - Deutschlands Fußball trauert um zwei Weltmeister: Als einer der letzten Helden beim „Wunder von Bern“ starb Ottmar Walter am Sonntag im Alter von 89 Jahren in einem Altersheim seiner Heimatstadt Kaiserslautern. Der 65-jährige Heinz Flohe, Weltmeister von 1974, war nach drei Jahren im Wachkoma am Samstagabend in Euskirchen friedlich eingeschlafen. Der ehemalige Profi des 1. FC Köln hatte am 11. Mai 2010 einen Schwächeanfall erlitten und sich davon nicht mehr erholt.

„Ottmar Walter war einer der Spieler, die das Wunder von Bern möglich gemacht haben und damit für Generationen zum Vorbild wurden“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach in einer vom Verband verbreiteten Stellungnahme. „In der Geschichte des DFB wird er wie sein Bruder Fritz auf immer einen festen Platz haben.“ Von der legendären 1954er-Mannschaft leben nur noch Walters Teamkollege Horst Eckel und der Kölner Hans Schäfer.

Auch vom Flohe-Tod zeigte sich der DFB-Boss tief betroffen: „Es ist eine Nachricht, die uns alle sehr traurig stimmt. Heinz Flohe war ein außergewöhnlicher Spieler, der unvergessen bleibt. Unser Beileid und Mitgefühl gehört der Familie, mit der wir bis zuletzt in Kontakt standen und gehofft haben.“

Ottmar Walter gehörte zur Anfangsformation des WM-Endspiels am 4. Juli 1954 beim sensationellen 3:2 (2:2) der Deutschen gegen Ungarn. „Für mich war es ein sagenhaftes Spiel“, hatte Ottmar Walter 2006 der Nachrichtenagentur dpa gesagt. Den Finaleinzug hatte er mit vier Toren in fünf WM-Spielen mitermöglicht. In insgesamt 21 Länderspielen erzielte er zehn Treffer. Genau wie sein älterer Bruder Fritz, der an diesem Montag vor elf Jahren starb, steht Ottmar Walter aber nicht nur für den ersten von bislang drei WM-Triumphen einer deutschen Mannschaft, sondern auch für die große Zeit des 1. FC Kaiserslautern.

"Mit Ottmars Tod geht ein weiteres Stück unserer Historie verloren"

Für die Pfälzer bestritt Ottmar Walter 321 Pflichtspiele, in denen er sagenhafte 336 Tore schoss. 1951 und 1953 wurde er mit dem Verein deutscher Meister. „Mit Ottmars Tod geht ein weiteres Stück unserer Historie verloren - und damit auch die Werte, die er verkörpert hat: Bodenständigkeit, Vereinstreue, Glaubwürdigkeit. Es bleibt die Erinnerung an einen großartigen Sportler und Menschen“, sagte Kaiserslauterns Vorstandsvorsitzender Stefan Kuntz.

FIFA-Präsident Joseph Blatter sprach sein Beileid aus. Walter habe die „Entwicklung des deutschen Fußballs entscheidend mitgeprägt“, würdigte der Schweizer Boss des Weltverbandes. „Ich hatte die Freude, ihn bei der Weltmeisterschaft 2006 in Kaiserslautern zu treffen. Meine Gedanken und mein Mitgefühl sind in dieser schwierigen Zeit bei den Angehörigen und Freunden von Ottmar Walter, und ich wünsche ihnen die erforderliche Stärke, um den Verlust einer so herausragenden Persönlichkeit zu verarbeiten.“

Die meisten Historiker sind sich darin einig, dass kein anderes Ereignis eine derart identitätsstiftende Wirkung auf die frühe deutsche Nachkriegsgesellschaft hatte wie der WM-Sieg von 1954. Ottmar Walter sagte dazu einmal in seiner ihm eigenen Bescheidenheit: „Es scheint doch so, dass wir damals etwas Besonderes geschafft haben.“ 1959 musste er seine Karriere nach mehreren Knieoperationen beenden. Der frühere Marinesoldat hatte aus dem Zweiten Weltkrieg eine schwere Knieverletzung mitgebracht.

Flohe spielte von 1966 bis 1979 in Köln und war mitverantwortlich für die Glanzzeiten des Vereins, für den er 453 Pflichtspiele absolvierte. 1968 und 1977 wurde er mit dem FC Pokalsieger, ein Jahr später führte er das Team als Kapitän zum Double. In der DFB-Elf erzielte er acht Tore, gehörte zur Weltmeister-Mannschaft von 1974 und wurde Vize-Europameister 1976. Drei Jahre später musste er mit 31 nach einem komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch seine Karriere beenden.

"Flocke ist so ein feiner, anständiger, sauberer Kerl"

„Er war einer der größten Techniker des 1. FC Köln und des deutschen Fußballs überhaupt“, meinte Wolfgang Overath über Flohe. Sein ehemaliger Mitspieler war immer wieder aufs Neue betroffen, wenn er über die Begegnungen mit „Flocke“ sprach, wie der 39-malige Nationalspieler nicht nur im Rheinland genannt wurde. „Er liegt da, du streichelst ihm die Wange, er schaut dich mit großen Augen an und dreht sich wieder weg. Und du weißt nicht, ob er überhaupt etwas wahrnimmt.“ Overath empfand das als „traurig und tragisch. Flocke ist so ein feiner, anständiger, sauberer Kerl“, sagte er noch im Januar.

Der Wunsch von Ursula Flohe zum 65. Geburtstag ihres Mannes am 28. Januar 2013, „dass er wieder wach wird“, ging nicht mehr in Erfüllung. „Er ist am Samstagabend friedlich eingeschlafen“, sagte sein Sohn Nino Flohe der dpa. „Zuletzt war sein Körper sehr schwach. Natürlich sind wir traurig, aber es ist ein Trost für uns, dass er entspannt eingeschlafen ist.“

Wegen seiner Herzschwäche wurde Flohe im Januar 2004 operiert. Im Mai 2010 brach er bei einem Spaziergang in Köln zusammen. Die Mediziner kämpften um sein Leben. Flohe sollte nach 24 Stunden wieder aus dem künstlichen Schlaf erweckt werden, in den die Ärzte ihn versetzt hatten. Er tat es nicht. „Zuletzt war damit zu rechnen, dass er stirbt“, sagte Nino Flohe. „Wir haben fast täglich mit der Nachricht gerechnet. Jetzt ist der Kampf vorbei.“