Die Hindenburgstraße in Balingen. Foto: Eyckeler

Zum Umgang mit den Straßennamen waren unsere Redakteure unterschiedlicher Meinung. Reicht die Maßnahme aus oder nicht?

In Balingen gibt es drei Straßennamen, die durchaus polarisieren: Hindenburgstraße, Ina Seidel-Weg und Pfitznerstraße. Alle drei Personen waren bekannt für ihre Nähe zum damaligen NS-Regime. Nun wird ein Beschluss des Gemeinderats umgesetzt und die Schilder mit Hinweisen versehen.

 

Auch in unserer Redaktion gehen die Meinungen auseinander. Cornelius Eyckeler meint: Mit den Zusatzschildern kommt die Stadt ihrer Verantwortung nach. Jessica Müller kontert, dass es andere Personen eher verdient hätten Namensträger dieser Straßen zu sein.

Pro: Mit den Zusatzschildern kommt die Stadt ihrer Verantwortung nach

In Balingen sind drei Straßen nach Persönlichkeiten benannt, die zweifelsfrei dem damaligen NS-Regime wohlgesonnen waren.

Nun soll ein Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2022 umgesetzt werden: An die Straßenschilder werden Hinweise angebracht, die auf das Handeln der Personen hinweisen. Gut so. Die Palette an Möglichkeiten, wie man mit Straßen, Plätzen, Statuen und Schulen umgeht, die nach umstrittenen Personen benannt sind, ist breit. Hier wurde ein guter Kompromiss gefunden.

Es darf nicht sein, dass Namen wie der von Paul von Hindenburg ohne Einordnung völlig selbstverständlich als Straßenbenennung dienen.

Die Frage ist, wie weit man hier gehen sollte, und ab wann Aufwand und Ertrag nicht mehr im Einklang sind. Eine Umbenennung hat tiefgreifende bürokratische Folgen. Adressen müssen geändert werden, Personalausweise zahlreicher Anwohner sind in dieser Form hinfällig und benötigen einen Zusatz.

Mit der geplanten Maßnahme hat man eine gute Möglichkeit gefunden, das Handeln dieser umstrittenen Akteure auf richtige Art und Weise einzuordnen. Cornelius Eyckeler

Contra: Zusatzschilder plus OR-Code nicht genug.

Straßennamen sind Teil unserer Geschichte und Teil unserer Erinnerungskultur. Aber ich frage mich: An wen oder was wollen wir uns erinnern? An die Sprachrohre der Nationalsozialisten mit dem Hinweis, dass diese Personen aus heutiger Sicht einer Benennung nicht würdig sind?

Nicht etwa an diejenigen Balinger Bürger, die den Mut hatten, Widerstand zu leisten oder durch Nationalsozialisten Unrecht erlitten? Davon gäbe es schließlich einige, wie Ingeborg Ziebarth, die als Übersetzerin und Sekretärin im KZ-Außenlager Erzingen arbeitete und dort vielen Häftlingen half, indem sie diese mit Lebensmitteln oder Literatur versorgte. Hätte sie es nicht eher verdient, dass wir uns an sie erinnern?

Sicherlich geht mit einer Umbenennung von Straßen ein gewisser bürokratischer Aufwand einher.

Wenn es um die Richtigstellung und Aufarbeitung der Verbrechen unserer Vorfahren geht, sollte das jedoch eine zumutbare Unannehmlichkeit sein.

Schließlich ist eine Adressänderung auch bei jedem Umzug nötig und sicherlich werden nicht alle Betroffenen am selben Tag zum Rathaus rennen. Die Anbringung von Zusatzschildern plus QR-Code ist nicht genug. Jessica Müller