Luca (von links), Angela, Jannis, Lias, Dominik und Jona Rekittke gemeinsam mit dem Familienhund Joko. Foto: adam-eve-fotografie.de/Manuela Blass

Jannis und Jona Rektikke leiden an MLD, einer schweren genetisch bedingten Krankheit. Wie das Leben der Familie aussieht, welche Erfahrungen sie gemacht haben und was sie sich für die Zukunft wünschen, erzählen die Eltern Angela und Dominik im Gespräch mit unserer Redaktion.

Lächelnd und ganz entspannt liegt Jannis in seinem Sitzsack, neben ihm sein Bruder Jona auf dem Sofa. Ein ganz normales Familienbild. Auf den ersten Blick. Denn beide Jungen leiden an MDL, einer metachromatischen Leukodystrophie. Das ist eine seltene Krankheit, die erblich bedingt ist und das zentrale Nervensystem angreift. Erkrankte verlieren je nach Verlauf sämtliche Lebensfunktionen. Sie werden blind, gehörlos, bewegungsunfähig, können nicht mehr sprechen und normal essen.

Eine Möglichkeit, die Krankheit frühzeitig zu erkennen, sind frühkindliche Untersuchungen. Genau das ist Familie Rekittke wichtig, deshalb erzählen sie ihre Geschichte.

Jannis Erkrankung „Im Kindergartenalter haben wir gemerkt, dass irgendwas nicht stimmt. Jannis konnte einfache Aufgaben nicht schaffen und war oft durch irgendetwas abgelenkt “ erzählt seine Mutter Angela Rekittke im Gespräch mit unserer Redaktion.

„Richtig ausfällig wurde es, als es Richtung Grundschule ging. Jannis stolperte immer wieder, war ungeschickt und tauchte in seine eigene Welt ab“, erinnert sich Jannis Vater Dominik Rekittke

Irgendwann sei Jannis im Sozialverhalten auffällig geworden, in Gruppen konnte er nicht richtig mitspielen und es sei ihm oft zu viel geworden. Beim Schuleignungstest und in der Grundschulförderklasse wurde immer deutlicher, das etwas nicht passe.

Die Eltern ließen Jannis Anfang 2018 im Sozialpädiatrischen Zentrum der Kinderklinik Tübingen untersuchen. Nach mehreren Tests bekam die Familie die Diagnose MLD.

„Das hat uns den Boden unter den Füßen weggezogen“, erinnert sich Angela Rekittke. „Von der Diagnose ging es sofort in die Therapie über“, erzählt Dominik Rekittke.

Die Behandlung Ab Juni 2018 bekam Jannis Chemotherapie und eine Stammzellen-Transplantation. „Anfangs hat sich alles total super entwickelt, er war recht fit. Wir konnten sogar heim und waren nur noch über Nacht im Krankenhaus. Doch dann hat er auf einmal ganz arg abgebaut. Er bekam einen schlimmen Ausschlag und wurde ganz schwach“, erzählt Angela Rekittke.

Jannis Körper reagierte damals auf die Stammzellenspende. „Er sah aus wie ein Brandopfer, seine Haut hat sich komplett abgeschält, er hat nur noch Infusionen bekommen. Die Ätzte haben alles versucht, keine Medikamente haben wirklich angeschlagen“, erinnert sich sein Vater.

Doch langsam stabilisierte sich Jannis Situation. „Er wurde körperlich fitter, aber reagierte auf nichts mehr. Er hörte mit dem Sprechen auf und hatte auch keine Kraft mehr zum Laufen“, erzählt er weiter.

Jannis MLD hatte während der Reaktion auf die Stammzellenspende einen riesigen Sprung gemacht.

Zweites Mal MLD Zur gleichen Zeit war Angela Rekittke hochschwanger mit Jona, dem vierten Kind der Familie. „Wir hatten unsere beiden anderen Kinder Luca und Lias relativ schnell nach Jannis Diagnose testen lassen. Die beiden sind gesund. Wir entschieden uns, Jona erst nach seiner Geburt im Oktober 2018 testen zu lassen. Wieder bekamen wir das Ergebnis MLD“, blickt die Mutter zurück.

In Tübingen wies man die Familie darauf hin, dass Jona in das Raster einer Gentherapiestudie in Mailand passe und er daran teilnehmen könne. Die Eltern entschieden sich für die Therapie und im August 2019 zog Angela mit Jona für sechs Monate nach Mailand. „Es war schon sehr hart, man hat einfach funktioniert. Ohne die Unterstützung unserer Familie hätten wir das alles nicht geschafft. Für die ganze Zeit zog meine Mutter bei uns daheim ein“, erzählt sie dankbar.

Rückblickend sei es auf jeden Fall die richtige Entscheidung gewesen, nach Mailand zu gehen. „Aber es war eine unglaublich schwierige Zeit, gerade auch für die Geschwister untereinander“, erzählt Dominik Rekittke. Im Dezember 2019 kamen die beiden zurück nach Deutschland. Eigentlich hätten sie regelmäßig nach Mailand reisen müssen, doch durch Corona wurden die Untersuchungen nach Tübingen verlegt.

Das Familienleben Bisher seien alle Ergebnisse gut. Jona entwickele sich wie ein gesundes Kind und sei nur in der Sprachentwicklung verzögert. Auch Jannis geht es soweit gut. Er besucht eine sonderpädagogische Schule, ist beim Reiten und in der Physiotherapie.

Nach all den Erfahrungen appellieren die Eltern dafür, dass bei frühkindlichen Untersuchen auch nach genetisch veranlagten Krankheiten geschaut werden solle. „Nur so kann man den Kindern frühzeitig helfen. Das haben wir mit Jona erlebt“, verdeutlich Angela Rekittke.

„Wir sind unendlich dankbar, dass Jannis heute mit seinen zwölf Jahren so fit ist und keine Medikamente braucht. Solange er lacht und glücklich ist, ist für uns alles in Ordnung. Wir haben gelernt, wie kostbar die kleinen Momente im Leben für uns als Familie sind“, sagt Dominik Rekittke abschließend mit einem Lächeln.