Auch am Nagolder Klinikum, hier ein Bild aus der Chirurgie, hat man mit Personalengpässen durch Corona zu kämpfen. Foto: Klinikverbund

Es ist ein eher trauriger Jahrestag. An diesem Freitag vor zwei Jahren wurde der erste Corona-Patient in einem Krankenhaus im Kreis Calw aufgenommen. Beim Klinikverbund Südwest Anlass kurz zurück zu blicken. Aber nur kurz, denn rund um Corona hat der Verbund aktuell mit genügend Schwierigkeiten zu kämpfen – etwa beim Personal.

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Kreis Calw/Kreis Böblingen - Als der erste Patient am 28. Januar 2020 in einem Krankenhaus im Kreis Calw aufgenommen wurde – der kam übrigens aus dem Enzkreis – ahnte beim Klinikverbund Südwest wahrscheinlich niemand, dass man zwei Jahre später immer noch mit diesem Problem zu tun haben würde – und das in diesem Ausmaß. Doch Corona hat den Verbund immer noch fest im Griff. 4915 Corona-Patienten hat man in dieser Zeit in den Kliniken des Verbundes behandelt – ob nun auf der Intensiv- oder der Normalstation, berichtet Martin Loydl, Geschäftsführer des Verbundes, im Gespräch mit unserer Redaktion. Da waren Babys ebenso dabei wie Hundertjährige. Gut 18 Prozent mussten auf die Intensivstation, "und jeder Dritte hat die Intensivstation nicht lebend verlassen", muss Loydl berichten. Hinter der schieren Zahl von 13 Prozent Corona-Sterblichkeit im Verbund verbergen sich Menschen im Alter zwischen 25 und 99 Jahren. Den Altersschnitt aller Corona-Patienten gibt Loydl mit 67 Jahren an – eine Zahl, die sich in der aktuellen vierten, der Omikron-Welle deutlich verändert hat. Denn derzeit liegt der Schnitt nur bei 62 Jahren.

Lage bei den Patienten ist "überschaubar"

Es ist manches nicht ganz so wie in früheren Corona-Wellen. Was die Zahl der Corona-Patienten angeht, sei die aktuelle Lage "überschaubar", sagt Hubert Mörk, der Ärztliche Direktor der Kreiskliniken Calw-Nagold. Es gebe auch deutlich weniger schwere Verläufe als früher. Verbundweit habe man 40 Corona-Patienten, acht davon auf Intensivstation. Auf den Kreis Calw – also Calw und Nagold – entfallen acht Patienten, drei davon auf der Intensivstation und alle beatmet.

"Es gibt Ausfälle auch wegen Erschöpfung oder Erkrankung"

Was die Krankenhäuser derzeit massiv belastet, sei die große Zahl an Personalausfällen durch Corona. "Da gibt es jeden Tag neue Ausfälle", klagt Mörk. Da müsse man jeden Tag die eigenen Kapazitäten in den Krankenhäusern anpassen. Doch es sind nicht nur Infektionen oder Quarantäne, die für Probleme beim Personal sorgen. "Das Klinikpersonal ist einfach pandemiemüde", berichtet Mörk. "Es gibt Ausfälle auch wegen Erschöpfung oder Erkrankung. Andere haben auch schon gekündigt."

Resonanz auf Hilferuf war früher größer

Im Dezember hatte der Verbund angesichts der Personalsituation einen Hilferuf gestartet, um extern Helfer mit medizinischen oder pflegerischen Kenntnissen zu rekrutieren. Verbundweit konnte man zwischen 70 und 80 Leute gewinnen – ein paar davon auch für die Krankenhäuser in Calw und Nagold. Auch in diesem Zusammenhang hat Mörk eine Veränderung festgestellt: "Bei der ersten Welle gab es auf einen solchen Aufruf noch eine riesige Resonanz, doch schon bei der zweiten Welle wurde es merklich weniger", erinnert sich der Mediziner.

Aktuell bekommt man beim Klinikverbund in dieser Sache auch Unterstützung von der Bundeswehr. Vier Soldatinnen und Soldaten seien da gerade im Einsatz – vornehmlich im Bereich Transport und Logistik. Aktuell plane man ein neues Hilfeersuchen bei der Bundeswehr – für Fachkräfte – wie Alexandra Freimuth, Regionaldirektorin des Kreisklinikums Calw-Nagold, berichtet. Selbst vom KSK in Calw habe man schon Unterstützung bekommen.

Ungemach könnte durch Impfpflicht drohen

Ungemach beim Personal könnte auch durch die Impfpflicht drohen. Da könnte es sein, dass diejenigen, die sich nicht impfen lassen wollen, dem Klinikverbund den Rücken kehren. Aktuell liege die Impfquote bei den Mitarbeitern des Verbundes, die mit Patienten direkt arbeiten, bei 90 Prozent, sagt Geschäftsführer Martin Loydl. Über alle Abteilungen hinweg habe man eine Quote von 85 Prozent. Vor allem beim Reinigungspersonal und der Essens-Verpflegung hinke man hinterher. Wie eine Impflicht umgesetzt werden soll, darüber herrsche aktuell eine "große Unklarheit", so Loydl. Aktuell brauche man jede Hand zur Versorgung der Patienten, wolle keine Mitarbeiter verlieren. Man respektiere die Bedenken bei den nicht-geimpften Mitarbeitern und wolle diese Bedenken zerstreuen, erklärt der Geschäftsführer. Man wolle beraten und Impfangebote machen. "Und möglicherweise können wir noch einige abholen, wenn der Totimpfstoff kommt", ergänzt Hubert Mörk.

Von sich aus werde der Klinikverbund aktuell keine Maßnahmen ergreifen, erklärt Loydl. Arbeitsrechtliche Schritte werde es "voraussichtlich" keine geben. "Wir werden das mit den Gesundheitsämtern besprechen. Die sind es dann auch, die über konkrete Schritte entscheiden werden", stellt der Geschäftsführer klar.