Ulrich Wecker (links) und Klaus Lang vom Verein Haus und Grund sind „in hohem Maß verärgert über die Nacht- und Nebel-Aktion von Fritz Kuhn“ Foto: Max Kovalenko

Der Stuttgarter Hausbesitzerverein ist tief enttäuscht von OB Fritz Kuhn. Der Grund: Vor Monaten hatte man gemeinsam an Hauseigentümer zum freiwilligen Vermieten appelliert. Jetzt habe sich der OB in einer Nacht- und Nebelaktion für ein Zweckentfremdungsverbot entschieden.

Stuttgart - Das Streben der Stuttgarter Stadtverwaltung und der öko-sozialen Gemeinderatsmehrheit nach einem Zweckentfremdungsverbot hat erste Konsequenzen. Stuttgarts Haus- und Grundbesitzerverein hat am Dienstag angekündigt, er lasse seine Mitwirkung in dem von OB Fritz Kuhn (Grüne) ins Leben gerufenen Bündnis für Wohnen vorerst ruhen.

Lang und Wecker fühlen sich als „nützliche Idioten“ vorgeführt. Grund: Vor Monaten hatten sie gemeinsam mit Kuhn an Hauseigentümer appelliert, leere Wohnungen freiwillig zu vermieten. Nun habe er ohne Vorwarnung für sie eine Kehrtwendung vollzogen. Dass er jetzt mit einem Zweckentfremdungsverbot gegen Wohnungsleerstände vorgehen wolle, liege an „wahltaktischen und parteipolitischen Überlegungen“.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seine Mitstreiter „haben bei Kuhn den Schalter umgelegt“, sagte Geschäftsführer Ulrich Wecker. Das Tischtuch sei nicht endgültig zerschnitten, fügte der Vorsitzende Klaus Lang hinzu, „aber jetzt ist Kuhn am Zug.“

Lang und Wecker sagten Kuhn juristische Scherereien voraus. Er überschätze die Zahl der Leerstände. Außerdem seien Land und Stadt selbst Täter. 2011 seien 938 städtische Wohnungen leer gestanden. „Kuhn sollte erst vor der eigenen Haustüre kehren, bevor er anfängt, private Eigentümer zu kriminalisieren“, sagte Lang.

Die Stadtverwaltung ihrerseits mahnte Sachlichkeit an. Die Vorwürfe seien haltlos. Leerstände aus nachvollziehbaren Gründen sollten nicht geahndet werden.

Streitpunkt ist die vom Land ermöglichte Regelung, grundlosen Leerstand mit Bußgeldern von bis zu 50 000 Euro zu ahnden. Die Kritiker, auch die von Haus und Grund, befürchten Schnüffelei und Denunziantentum. FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke sprach von „Zwangsmaßnahmen“ und einer „linken Panikreaktion aus Hausbesetzerzeiten“. Dem hielt Kretschmann entgegen: „Der Eingriff, dass man mit seinem Wohneigentum Geld verdient, in dem man es vermietet, ist nicht gerade der schlimmste Anschlag auf die Freiheit des Einzelnen, über sein Eigentum zu verfügen.“