Der Gedenkstein zur Zwangsarbeit in Altoberndorf als Weltkulturerbe? Diesen Vorschlag machte der gebürtige Horber Lothar Eberhardt. Nun meldet sich die „Initiative 27. Januar“ kritisch zu Wort.
„Soll man lachen oder weinen wegen der Absurdität dieses Vorschlags?“, äußern sich Reiner Emmering, Klaus Kirschner, Andreas Kussmann-Hochhalter, Klaus und Ursula Müller, Renate und Ulrich Pfaff und Klaus Schätzle in einem Schreiben an unsere Zeitung. Mitte November hatten wir über das Ansinnen von Lothar Eberhardt berichtet.
Die „Initiative 27. Januar“ lädt seit 14 Jahren jährlich zu einer Gedenkveranstaltung an die Opfer des Nationalsozialismus an das „Buch der Erinnerung“. Darüber hinaus engagiert sich die „Initiative 27. Januar“ kontinuierlich mit Veranstaltungen, Vorträgen und Führungen. Eben jene Gedenkstätte und die Erinnerungsarbeit, die kontinuierlich laufe, werde aber mit keiner Silbe erwähnt, bemängeln sie.
Abgesehen davon schreiben die Unterzeichner: „Man halte sich bitte das Größenverhältnis dieses Anspruchs vor Augen: Weltkulturerbe – und dann das, was an Erinnerungsarbeit in Oberndorf los war und los ist“. Damit wolle man diese Erinnerungsarbeit keineswegs kleinreden. Im Gegenteil: Was in den vergangenen sechs Jahrzehnten geleistet worden sei und was heute noch getan werde zum Erinnern, Gedenken und Mahnen sei bemerkenswert.
Besondere Vergangenheit
Diese Erinnerungs-„Würdigkeit“ sei auch der besonderen Vergangenheit Oberndorfs geschuldet. Von 14 500 Menschen, die um 1944 in Oberndorf lebten, seien 6000 Zwangsarbeiter gewesen. Dieser Anteil von rund 40 Prozent an der Bevölkerung sei einzigartig im Vergleich zu anderen Städten und Regionen im Deutschland der NS-Zeit.
1981 sei im Lauterbachtal ein erstes Mahnmal errichtet, zu einem ungewöhnlich frühen Zeitpunkt. Die Aktivitäten seinerzeit hätten unter anderen zu einer Einladung an ehemalige Zwangsarbeiterinnen, die 1993 aus Russland nach Oberndorf kamen, geführt. Daran habe Lothar Eberhardt unbestritten großen Anteil gehabt.
Einziges privates Mahnmal
„Etliche Jahre früher hatte der ehemalige SS-Mann Hermann Pfaff ein Mahnmal gebaut, das heute noch besteht. Ungewöhnlich das frühe Datum: 1979 – und einmalig: das einzige private Mahnmal in Deutschland“, schreibt die Initiative. Diese Leistungen der Erinnerungsarbeit in Oberndorf seien bemerkenswert. „Ihre Verdienste will niemand beschneiden“, stellt die Initiative klar. „Doch man sollte die Verhältnismäßigkeit im Auge behalten. Diese Leistungen der Erinnerungsarbeit sind nicht so einzigartig-herausragend-spektakulär, als dass sie Weltkulturerbe-Status erlangen könnten. Dieser Vergleich ist überhöht, und dieser Vorschlag von Lothar Eberhardt ist völlig unverhältnismäßig – er wirkt einfach nur lächerlich.“
Es ist beschämend
Das Thema selbst werde dadurch ins Banale gezogen, findet die Initiative. „Erinnern, gedenken und mahnen und was dafür geleistet wurde und wird, erscheint auf einmal als lächerlich. Lothar Eberhardt wird das so gewiss nicht gewollt haben. Aber es ist zu befürchten, dass so es in der Öffentlichkeit aufgefasst wird.“ Der Vorschlag, das Mahnmal in Altoberndorf zum Weltkulturerbe zu erklären, würde aus Sicht der Initiative „die Erinnerungsarbeit der Lächerlichkeit preisgeben und ist wegen der Ernsthaftigkeit des Themas beschämend“.