Dass der Kreistag im Dezember beschloss, Zuschüsse für Schüler-Bustickets zu streichen, hat insbesondere unter vielen Eltern eine Welle der Empörung ausgelöst. Die SPD-Fraktion hatte dagegen gestimmt – und will die Entscheidung nun aufheben lassen.
Die Eltern von 1867 Schülern im Kreis Calw müssen – Stand jetzt – ab März tiefer in die Tasche greifen. Grund dafür ist ein Beschluss des Kreistags, der Mitte Dezember vergangenen Jahres fiel.
Mit großer Mehrheit sprach sich dabei das Gremium dafür aus, Zuschüsse für Schüler-Bustickets zu streichen. Betroffen sind Grund- und SBBZ-Schüler (Schüler an sonderpädagogischen Bildungszentren) sowie Familien mit mehr als zwei Kindern. Die Verwaltung rechnet dadurch mit einer Entlastung des Haushalts von rund 800 000 Euro.
Die SPD-Fraktion im Kreistag hatte gegen den Beschluss gestimmt. Nun fordern die Sozialdemokraten in einem Antrag, der im Kreistag beraten werden soll, diesen Beschluss wieder rückgängig zu machen.
Bei ihrer Begründung argumentiert die SPD dabei auf verschiedenen Ebenen.
Kritikpunkt 1: Dass es Familien trifft, sei willkürlich
So bemängelt die Fraktion zum einen den Bereich, in dem gespart werden soll – und der bislang der einzige ist, in dem überhaupt etwas beschlossen wurde.
Es treffe ausschließlich Familien mit Schulkindern. Es habe keine Abwägungsmöglichkeit zwischen potenziell vielen Optionen gegeben, nur verschiedene Grade von Zuschuss-Streichungen bei Schülerbussen. Alternative Einsparpotenziale seien im Kreistag bislang nicht beraten worden, Gesamtkonzept gebe es auch noch keines.
Und es gebe sachlich gesehen keine Veranlassung – etwa Kostensteigerungen in diesem Bereich – gerade hier anzusetzen. Das hohe Defizit des Landkreises entstehe andernorts. „Man hätte ebenso gut jeden anderen Bereich des Kreishaushalts aufs Korn nehmen können. Dass dafür die Schülerbeförderung ausgesucht wird, ist willkürlich“, kritisiert die SPD.
Kritikpunkt 2: Die Maßnahme allein helfe nicht viel
Zum anderen sieht die Fraktion die Streichung der Zuschüsse auch aus finanzieller Hinsicht als völlig unzureichend an. Der Grund: Für 2025 kalkuliert der Kreis Calw aktuell mit mehr als 27 Millionen Euro Defizit. Die Streichung der Bus-Zuschüsse allein verringere dieses Defizit um nur rund drei Prozent.
„Um ein solches Defizitvolumen auszugleichen (oder auch nur wesentlich zu verringern), muss der gesamte Haushalt – Einnahmen wie Ausgaben – durchleuchtet werden“, heißt es seitens der SPD. „Einzelne isolierte Einschüsse nützen wenig, es fehlt ihnen Halt und Rahmen zur rationalen Beurteilung.“
Erst wenn Möglichkeiten identifiziert seien, könne beurteilt werden, ob diese sinnvoll und tragfähig seien.
Die Fraktion will daher auch erneut einen im Sommer vergangenen Jahres abgelehnten Antrag einbringen. Dessen Inhalt: einen Finanzausschuss einrichten, der sich etwa um die geforderte Durchleuchtung des Haushalts kümmern soll.
Kritikpunkt 3: Es könne zu Kollateralschäden kommen
Nicht zuletzt argumentiert die SPD, dass durch den Wegfall der Zuschüsse mit einer Zunahme an Elterntaxis zu rechnen sei. Dadurch würden die Fahrten weniger lohnenswert, der Kreis müsse Busunternehmen etwaige Verluste ausgleichen. Die CO₂ -Belastung nehme zu. Nicht zuletzt leide der Ruf des Kreises als „familienfeindlich“.
Kritikpunkt 4: Weitere angedachte Kürzungen seien „substanzlos“
Vor rund zweieinhalb Wochen hatte sich das Landratsamt Calw zu Wort gemeldet.
Die gestrichenen Zuschüsse, so hieß es, seien nur ein „Teil der umfassenden Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen des Landkreises“, die „gemeinsam mit 70 weiteren Maßnahmen“ insgesamt rund 4,5 Millionen Euro einsparen sollen. Beispiele waren dabei etwa Personal und Straßenerhalt.
„Das ist substanzlos“, kritisiert die SPD. „Am Straßenerhalt zu kürzen, also nichts zu machen, ist das Gegenteil von Sparen.“ Straßenschäden, die nicht behoben werden, würden schlimmer und in den Folgejahren teurer – insofern stelle das keine Ersparnis dar.
Bei Stellenbesetzungen sehe es ähnlich aus. Entweder würden die Mitarbeiter gebraucht, dann werde die Organisation ohne sie holpriger, Wartezeiten länger. Seien Stellen entbehrlich, sollten sie dagegen ganz gestrichen werden, meint die Fraktion.
Widerstand
Gegen den Beschluss des Kreistags regt sich seit einiger Zeit Widerstand. Seit Montag, 6. Januar, läuft auf der Internetseite „change.org“, einer Plattform für Online-Aktivismus, eine Unterschriftensammlung für eine Petition an Landrat Helmut Riegger.
Diese Petition fordert ebenfalls, die Streichung der Zuschüsse wieder zurückzunehmen. Bislang haben rund 4300 Unterstützer unterschrieben.
Zudem, so teilt die SPD mit, planten betroffene Eltern am Montag, 3. Februar, eine Demonstration vor der Sitzung des Bildungs- und Sozialausschusses des Kreistags.