Fensterbauer holt wegen unerwartet hoher Nachfrage Teile der Produktion aus Thüringen zurück.
Stuttgart - Begleitet von lautstarken Protesten der IG Metall und der Arbeitnehmer hat der Fensterspezialist Weru im Herbst 2009 Arbeitsplätze nach Thüringen verlagert. Jetzt holt er einen Teil wieder zurück. Den Vorwurf einer Fehlentscheidung weist das Unternehmen zurück.
Die hohen Energiepreise und die Förderung der Wärmedämmung bei Gebäuden bescheren Fensterbauern eine unerwartet hohe Nachfrage. "Seit Ende März überrollen uns die Auftragseingänge", sagt Werner Engel, Finanzvorstand von Weru, Deutschlands größtem Hersteller von Kunststofffenstern. Um die hohe Nachfrage zu befriedigen, werde man die Kapazität am Standort Rudersberg ausweiten.
60 neue Stellen werden dazu am Hauptsitz von Weru geschaffen. Schon am Montag soll die Produktion des Premium-Kunststofffensters (Weru-Thermico) in Rudersberg anlaufen. Pikant daran: Erst im August vergangenen Jahres hat Weru die gesamte Produktion von Kunststofffenstern im thüringischen Triptis konzentriert. 136 Mitarbeiter in Rudersberg erhielten ihre Kündigung und wechselten in eine Beschäftigungsgesellschaft. Nun sollen 60 von ihnen "unbefristete Verträge" (Engel) erhalten.
Die Konzentration der Kunststofffertigung in Thüringen sei nach wie vor richtig, betont Finanzvorstand Engel. "Wir profitieren von der Verlagerung." Weru musste ihm zufolge jetzt schnell auf die hohe Nachfrage reagieren, da die Kunden - bei Weru sind das Fachhändler - nicht lange auf Fenster warten würden. "Dass die Nachfrage so anziehen würde, haben wir nicht erwartet." Deshalb gibt es trotz der Rückverlagerung keinen Stellenabbau in Triptis. Dort würden mit Leiharbeitskräften Produktionsspitzen abgefangen. Zudem laufe dort eine neue Fertigungsstraße an.
Die Gewerkschaft und der Betriebsrat von Weru hatten die Verlagerung heftig kritisiert und dem Unternehmen Profitmaximierung vorgeworfen. Das Unternehmen versuche durch niedrige Produktionskosten und Investitionszuschüsse in Ostdeutschland zu sparen. Im Vergleich zum Metall-Tarifvertrag in Westdeutschland sieht der ostdeutsche Tarifvertrag längere Arbeitszeiten, niedrigere Tariflöhne und geringere Leistungsentgelte vor, sagt Dieter Knauß, IG-Metall-Bevollmächtigter in Waiblingen.
Die Gewerkschaft weist auf erhebliche Produktionsprobleme in Triptis hin. Hierzu sagt der Finanzvorstand: Die Probleme hätten ausschließlich mit der Einführung einer neuen Software zu tun, die im Januar 2010 zu früh eingesetzt wurde. "Das war ein Fehler", aber man sei inzwischen auf einem guten Weg. "Wir haben aber keinen Kunden verloren", betont Engel.
Für die 60 ehemaligen Weru-Mitarbeiter, die nun wieder eingestellt werden, fordert Knauß: "Sie sollten zumindest zu den gleichen Bedingungen wie vor ihrer Entlassung beschäftigt und ihre Betriebszugehörigkeit sollte anerkannt werden." Aus seiner Sicht sollten die Betroffenen auch eine Entschädigung für ihre Zeit in der Beschäftigungsgesellschaft erhalten. "Der Verlust des Arbeitsplatzes macht Menschen psychisch fertig", sagt der IG-Metaller. Das verändere die Lebensplanung und treffe auch die Familien hart. "Es gibt mehr als einen materiellen Schaden", sagt er.